Kapitel 11

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Anderson Devil ließ mich ständig in dem Ungewissen. Er reiste mit mir durch die Zeit, er ließ mich seine Erinnerungen sehen und er wechselte die Augenfarbe, ohne sie wechseln zu wollen.

Er nannte mich immer bei meinem vollständigen Namen.

Samantha, oder Samantha Wales.

Und ich verstand endlich seine Vergangenheit.

Der Mann vor mir hieß Andre Schiebler. Er war einst mein Freund. Mein Kindheitsfreund, mein Nachbar. Meine erste Liebe. Der erste Junge, dem ich Aufmerksamkeit schenkte. Und dann verschwand er urplötzlich, denn die Dunkelheit suchte ihn Heim.
Er suchte sich dies nicht etwa aus. Er wusste nicht einmal was ihm geschah. Er wusste bloß, dass er es mit einem Gestaltenwandler zutun hatte.
Mit dem Teufel, der sein Leben ruinierte, da es doch immer die Unschuldigen sind, die leiden müssen.

Mit seiner Hand in meinem Nacken sagte Andre Schiebler leise zu mir: "Es sind immer die Unschuldigen...", und er unterdrückte einige Tränen, die sonst wohl sein Gesicht hinab gelaufen wären.

Er wich eilig von mir zurück, sah sich in seinem damaligen Kinderzimmer um und blinzelte. Seine Augen sahen zu mir zurück, entfachtes Blau schimmerte mich an. Seine Hände reichten nach meinem Gesicht aus, das er vorsichtig berührte. Sie waren kalt. Ziemlich kalt, und das fürchtete mich. Ich wollte seine warmen Hände wieder, wolle sie berühren und keine Gänsehaut bekommen. Ich wollte in seine grünen Augen schauen, die mich an sein kleines Ich erinnerten. Ich wollte, dass er eine normale Kindheit bekam. Dass er lebte. Dass er real war, und keine Vorstellung meinerseits, da ich an ihn glaubte.

Ich spürte die Kälte mein Gesicht hinauf kriechen. Fühlte, wie das Eis meine Wangen besetzte und meine Wimpern langsam froren, ebenso wie seine es taten. Ich spürte, wie mein Atem schwerer wurde und ich ihm eine Ewigkeit in die Augen sah, um dort Rat zu finden. Doch alles, was ich sah, war Furcht. Er hatte Angst. Seine blauen Augen spiegelten pure Angst und Ratlosigkeit wieder.

"Ich werde-", sagte er; seine Fingerspitzen prikelten auf meiner Haut. Seine Lippen wurden bläulich, seine Augen leuchteten klar, und sein Atem kam, genau wie meiner, in Form von wissen Wölkchen aus seinem Mund. "Ich werde...", stotterte er vor Kälte, "dich verletzen..."

"Du...du musst es abstellen...e-es kon-kontrollieren...", sprach ich zu ihm und griff total unterkühlt seine Handgelenke. Seine Hände zitterten. Mein Körper zitterte.

"Ich - Ich - I-Ich kann nicht...", stammelte er zu mir zurück und sein Körpergewicht drückte mich gegen eine der Zimmerwände, da seine Unterkühlung immer schlimmer wurde, je weiter er sich hinein steigerte.

Vielleicht auch, je weiter er mit mir durch die Zeit reiste.

"D-Du brauchst einen Anker...", antwortete ich ihm.

"Ich weiß nicht wie, ich- ich, verdammt, ich-"

Und dann begann er damit überzureagieren. Er sprach hastig, betonte immer wieder, dass er es nicht könne und er nicht wüsste, wie er das alles anstellen solle. Dass es ihm alles leid täte, so verdammt leid, und er mich niemals hätte mitnehmen sollen. Dass er längst hätte sterben sollen. Es kam mir so vor, als würde alles in Zeitlupe passieren, er sich die Schuld an allem geben und seine ganzen Fehler übersprudeln.

"Beruhige dich...", hauchte ich zu ihm voller Konzentration meine Augen offen halten zu können. Ich wurde plötzlich so müde, genau wie er.

Auch, wenn ich alles noch nicht ganz verstand, wie das mit den Augenfarbe und deren Wirkungen auf Anderson, ich konnte manche Puzzleteile zusammen setzen. Bei anderen fiel es mir schwerer.

"A-Adrenalin...du brauchst Adrenalin in deinem Körper."

In dem Moment sank seine Gestalt auf mich hinunter. Ausgelaugt und schwach. Seine rote Uhr baumelte von seiner Hose hinunter, gefroren. Seine Haare, auch gefroren, fielen mit seinem Kopf auf meine Schulter. Seine Hände, die sich kurz an der Wand hinter mir stützten, taten dies auch weiterhin, nur nicht mehr so stark. Sie rutschten immer weiter hinunter.

Ich hielt seine Hüfte, bis ich versuchte seine Gesicht vor meines zu kriegen. Seine Augen zu sehen.

Ich schluckte.

"Anderson...", murmelte ich erschöpft, "komm schon", doch er reagierte kaum noch.

Sein Gewicht erdrückte mich förmlich. Seine Beine wurden wacklig. Ich rutschte zusammen mit ihm die Wand hinunter, sackte auf den Boden und konnte endlich in sein Gesicht sehen, nachdem ich ihn neben mich setzte. Meine Kräfte fast am Ende waren.

Er atmete langsame Atemzüge. Er würde doch wohl kaum an seiner Unschuld sterben, oder?

"Wieso passiert das alles? Was ist los?", fragte ich ihn ganz klein und schwach.

"Es ist das Umfeld.", sagte er mickrig, "Das ist meine Vergangenheit, die mich angreifbar macht. Wir hätten nicht herkommen sollen."

"Verlass mich nicht, ja? Du darfst nicht sterben, nicht hier."

Es herrschte Stille. Er berührte mit seiner rechten Hand meine Wange, die unter Eis verborgen lag. Seine blauen Augen öffneten sich schwach, er sah mich an. Er hatte seinen Kopf schwach gegen die Wand gelehnt und sah mich einfach nur an.

Bis er leicht lächelte.
Bis er mir sagte, dass ich schon immer schön gewesen sei.
Bis er schließlich seine Lippen auf einander presste und der gesamte Raum in einer glänzenden Eisschicht gehüllt war.

"Ich will dir eine letzte Erinnerung zeigen.", sagte er und legte seine kalte Hand in meinen Nacken, wo er seine Fingerspitzen gegen diese eine, bestimmte Stelle drückte.

Dann ließ er mich los.
Ich fühlte mich unfähig zum Weinen, denn ich konnte es einfach nicht.
Die rote Strähne in seinem Haar verblasste und seine Augen fielen zu.

"Andre", weinte ich bitterlich, "Du darfst mich nicht alleine lassen, okay? Du darfst nicht!"

Und dann warf ich mich gegen seine Brust, drückte meine Augen qualvoll zusammen, denn es kam mir vor, als ließe mich das Mal in meiner Hand seinen ganzen Schmerz spüren.

"Ich habe einen Pakt mit dem Teufel gemacht...", fing ich mich wieder etwas auf, als mir ein Gedanke in den Sinn kam, "Und er beruht auf Gegenseitigkeit."

Seine Haarsträhne erblühte erneut in einem prächtigen rot. Das Eis schmolz und meine Wangen erhitzten. Er taute auf, seine Augen sahen glühend rot in meine, bis sie grün wurden. Bis er mich erstaunt ansah und ihm die Worte fehlten.

Denn ich küsste ihn einfach, da es irgendwie Wunder zu bewirken schien.

Er schwieg. Ich schwieg. Er schluckte. Ich schluckte. Und er sagte mir, dass er etwas sah, und gerne wissen würde, wie ich das gemacht hätte.

"Was hast du gesehen?", fragte ich ihn und hielt gleichzeitig seine Hände in meinen, die er drückte.

"Eine Erinnerung..."

"An was hast du dich denn erinnert?"

"Samantha...die Erinnerung war nicht von mir. Es war eine deiner Erinnerungen."

"Aber wie-"

"Wenn du mich küsst, dann...dann heilst du mich nicht nur...du kannst mir so auch deine Erinnerungen zeigen..."

"Wie geht sowas?"

"Das ist es ja", sagte er, "Ich hab dafür keine Erklärung..."

•••

HELLO FRIENDS

Ich hab nun Ferien, was so viel heisst, wie: "es gibt mehr Updates und das auch regelmäßiger! Viel Spaß damit!♡"

Habt einen schönen Sonntag❤👀

Lots of Love

Pact with the devil | Andre [COMPLETED]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt