~13~

2.1K 150 5
                                    

Ein großer Mann schaute hinter der Tür hervor. Man sah ihm wirklich an wie sportlich er mal gewesen sein muss. ,,Dad!", scheiße so begrüßte ich ihn nie. Es war mir einfach so raus geruscht.
,,Hallo Felix.", meinte mein Dad ungerührt und hängte sein Jackett an den langweilig und doch interessant aussehenden Kleiderhacken. ,,Schon zurück? Wie war die Schule?"
Obwohl er so viel zu tun hatte, nahm er sich immer Zeit mich das zu fragen. Es interessierte ihn ja sogar, und er tat nicht nur so. Ich verkniff mir ein leichtes lächeln, da mich dies jedes mal rührte. ,,Ganz gut. Ich bin nur ein bisschen müde."
,,Dabei bist du doch so ausdauernd!", neckte er mich und zauste durch mein Haar. ,,Ich werde jetzt erst einmal einen Kaffee trinken. Möchtest du auch einen?"
Ich schüttelte den Kopf. Ich trank nie Kaffee, ich konnte das Zeug genauso wenig ausstehen wie es mich. ,,Ich werd mich eine halbe Stunde hinlegen. Die Hausaufgaben mache ich natürlich. Danach." fügte ich hinzu und sah noch zu wie mein Vater in die Küche ging, ehe ich mich umdrehte und die Treppe nach oben ging. Oben angekommen musste ich kurz durch atmen. Ich hatte einen völlig fremden Jungen in meinem Zimmer, welcher auch noch ein Verbrecher war! Das konnte nicht gut gehen...
Als ich die Tür öffnete, entdeckte ich ihn nicht sofort. Er saß auf meinem Schreibtischstuhl und hatte sich einer CD Hülle in seiner Hand zu gewandt. Als er mich herein kommen hörte, sah er mich an. ,,Du hast einen schrecklichen Musikgeschmack."
Danke.
Er deutete auf die CD. Neutral-Milk-Hotel. Eine alte Auflage. ,,Ich kann sie ganz gut leiden.", sagte ich. Es war nicht so, dass ich die Band sehr gut kannte und ich besaß auch nur dieses eine Album aber ich fand sie nicht schlecht. Mein Vater hatte mir die CD geschenkt, da er dachte ich würde so etwas total "groovy" finden. Es gab bessere Bands, aber sie waren nicht schlecht!
,,Straight Fool. Schon mal was von denen gehört?", Valentine schien nicht auf eine Antwort zu hoffen. ,,Sie sind gut!"
Ich nickte zögerlich. ,,Sicher..."
Ich setzte mich auf mein Bett. Valentine hatte die CD zurück ins Regal gestellt und musterte grade meine Bücher mit einem kritischen Blick. ,,Das Schweigen der Lämmer... Fealidae... Dorothees Daughter...", las er einige Titel. Er zog ein Buch heraus. ,,Mal ernsthaft, wer liest sowas?!" In der Hand hielt er "My little Angel" von Robin Tawanné.
Ich schmunzelte etwas amüsiert über seinen unverständlichen Blick. ,,Hab ich nicht.", meinte ich dann und zuckte mit den Schultern. ,,Meine Eltern denken zwar es sei eines meiner Lieblingsbücher, aber hin Wirklichkeit war der Anfang so langweilig dass ich nicht weiter gelesen habe."
Valentine grinste. ,,Tja, dann.."
Er setzte sich wieder auf den braunen Schreibtischstuhl und sah mich an. ,,Was hast du deinem Vater gesagt?", fragte er.
,,Ich sagte ich würde mich eine Weile ausruhen und dann lernen, also sollte er uns nicht stören", war meine Antwort und sofort bereute ich sie. Stören wobei?! Argh, warum habe ich das gesagt?! Valentine legte den Kopf etwas schief und schien zu schmunzeln. Ich fügte schnell hinzu: ,,Ähm... Er sitzt aber in der Küche also weiß ich nicht wie wir dich rausschaffen wollen."
,,Hast du vielleicht was zu trinken da?", fragte mich dann auf einmal mein Gast. Er hatte geschickt das Thema gewechselt - wofür ich dankbar war.
,,Klar, hast du etwa Kopfschmerzen?", ich hielt ihm eine Flasche Wasser hin, welche ich immer neben dem Bett stehen hatte. Er nahm sie und nickte leicht als Antwort. ,,Ein bisschen."
Ich schaute ihn dabei zu wie er trank und sein Adamsapfel jedes mal hüpfte wenn er schluckte. Ich weiß nicht wieso, aber ich fand es unterhaltend.
Als er mir die Wasserflasche zurück gab sah ich auf seine Wunde, dann auf seine Haare. ,,Wann hast du das letzte mal geduscht?"
Diese Frage war mir einfach so rausgerutscht. Ich weiß dass es unhöflich war so etwas zu fragen, aber es interessierte mich wirklich.
Er war auch ein wenig verdutzt über diese Frage, als er antwortete: ,,Ich glaube letzte Woche..."
Das reichte mir. ,,Ich glaube dass musst du ändern." Ich lehnte mich auf meine Faust. ,,Sobald du zuhause bist gehst du duschen. Dass muss dringen mal sein, ganz allein schon damit sich deine Wunde nicht entzündet."
,,Das is nur 'n Kratzer!", protestierte er, aber ich ließ mich nicht zurück drängen.
,,Wenn du nicht zuhause duschen gehst, tust du es hier!" Ich sah ihn eindringlich an. ,,Du hast die Wahl."
Er seufzte, als gäbe er sich geschlagen. ,,Okay, okay. Wenn ich zuhause bin gehe ich duschen."
Ich lächelte zufrieden. Dann schaute ich schnell auf die Uhr an meinem Handgelenk. Schon 19 Uhr. Wie kann das sein..?
,,Wir sollten dich bald mal raus kriegen", erinnerte ich. ,,Wenn meine Mutter kommt wird es umso schwerer."
Er nickte zustimmend. ,,Ich wäre gerne weg bevor die antanzt." Er sah sich in meinem Zimmer um und deutete auf die Balkontür. ,,Perfekt!"
,,Was?!", ich konnte es nicht fassen. Er wollte doch nicht vom Balkon springen? Das waren mindestens 10 Meter!
,,Keine Sorge, ich schaff das schon", er zwinkerte siegessicher. ,,Was ist unten?"
,,Ähm. Der Garten. Und das Wohnzimmer natürlich."
,,Könnte man mich von der Küche aus sehen?"
,,Nein... Aber -"
,,Nichts aber. das hab ich schon tausend mal gemacht Felix!", er schien sich seiner Sache sehr sicher.
Ich seufzte. ,,Ja gut, okay. Wenn du unten bist, musst du nur noch zur Hecke, da hinter is die Straße."

Als wir auf dem Balkon standen, war es als führten mein Kopf und mein Herz einen Streit, ob ich nun wollte dass Valentine ging oder nicht.
,,Hier kann ich gut runter." Er schien eine gute stelle gefunden zu haben und begann schon über das Geländer zu klettern. Doch bevor er sprang sah er mich noch einmal an. Ich wollte etwas sagen, aber ich konnte irgendwie nicht.
Also sagte ich nur: ,,Wiedersehen."
Und er sagte: ,,Bis dann."

You won't leave my mind. {boyxboy}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt