We belong together

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POV Benedict

„Martin, was soll das? Was machen wir hier?", frage ich genervt. Vor einer dreiviertel Stunde war Martin bei mir aufgetaucht, hatte mich gezwungen, eine Jeans und ein Hemd anzuziehen, mich mit ihm ins Taxi zu setzen und mit ihm in die Londoner Konzerthalle zu fahren.

Und jetzt stehen wir im Eingang, Martin antwortet auf meine Frage nur mit einem geheimnisvollen Lächeln, zeigt dann unsere Karten vor und wir gehen in das große Gebäude hinein. Nachdem wir unsere Jacken an der Garderobe abgegeben haben, führt Martin mich in den großen, schon mit Zuschauern gefüllten Konzertsaal und als wir unsere Plätze gefunden haben sagt, er:

„Ben, ich kann dir nicht ewig dabei zusehen wie du dich zurückziehst, mit niemandem mehr richtig redest und nur noch das Haus verlässt, wenn es unbedingt sein muss. Ich kann dir nicht mehr länger dabei zusehen, wie du dich selbst zerstörst, Ben"

In diesem Moment gehen die Lichter im Saal aus und der Dirigent betritt zusammen mit dem Orchester die Bühne. Als alle Instrumente gestimmt sind, betritt die Solistin in einem bodenlangen, roten Kleid die Bühne. Sie tritt nach vorne an den Rand der Bühne, sodass ich ihr Gesicht erkennen kann und ich ziehe scharf die Luft ein. Es ist Clary.

„Nein", stoße ich hervor und werde von den Leuten welche um uns herum sitzen halb besorgt, halb wütend angestarrt. „Warum tust du mir das an, Martin? Warum??" Doch Martin legt beruhigend seine Hand auf meinen Arm.

„Ben, es ist alles gut. Ich hab dich nur hierher gebracht, damit ihr zwei miteinander redet. Du siehst doch selbst, dass es so nicht weitergeht" ich schließe resigniert die Augen. Ja, natürlich konnte es so nicht weitergehen. Doch Clary hatte mir klar gesagt, dass sie es nicht konnte. Dass sie sich nicht binden wollte, dass sie die Liebe fesselte, sie ihrer Freiheit beraubte.

Freiheit. Das war immer das was ihr am wichtigsten war, doch jetzt wo sie auf der Bühne steht, ihre Geige ansetzt und zu spielen beginnt, sehe ich, wie sie mit ihren Fesseln kämpft, versucht frei zu sein. Aber sie bricht, beginnt während ihres wundervollen Spiels zu weinen. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht lässt in mir alle Alarmglocken schrillen. Rette sie! Schreit mein Herz, doch mein Verstand sagt mir, dass es ihre Entscheidung war, dass sie es so wollte. Stumm läuft auch mir eine Träne die Wange hinunter, aber ich bleibe ruhig auf meinem Platz sitzen, wissend dass ich nicht zu ihr auf die Bühne stürmen kann, bloß um diesen Ausdruck aus ihrem Gesicht zu wischen.

Meine Selbstbeherrschung lässt es zu, dass ich es bis zum Ende des Konzertes durchhalte und erst mit dem Strom der anderen Zuschauer den Konzertsaal verlasse. Doch schon nach wenigen Metern fange ich an zu rennen, bekomme nur noch halb mit, wie Martin schnaufend versucht mit meinem Tempo mitzuhalten. Ohne groß darüber nachzudenken, tragen mich meine Füße zur Künstlergarderobe. Obwohl ich Angst davor habe mit Clary zu sprechen, bin ich fest entschlossen mit ihr zu reden. Während ihres Spielens ist mir etwas klar geworden: ich brauche sie. Und selbst wenn ich sie nicht überzeugen kann, wenn sie sich erneut von mir abwendet, was habe ich zu verlieren? Gar nichts.

Als Martin begreift, was mein Ziel ist, bleibt er stehen und hält mich an meinem Hemd fest. „ich wünsch dir Glück, Ben. Du bist ein wunderbarer Mann, und das weiß sie auch. Ich fahre nach Hause, ist es okay wenn du später ein Taxi nimmst?"

Ich nicke, ziehe Martin in eine kurze Umarmung. „Danke, Martin" Dann drehe ich mich um und öffne die Tür zum Backstage Bereich. Es ist nicht viel los, nur hin und wieder kommt mir jemand entgegen, als ich die Gänge abschreite um Clarys Raum zu finden. Nach wenigen Minuten stehe ich vor einer Tür mit der Aufschrift: „Soloviolinistin, Clarissa Grey"

Ich nehme all meinen Mut zusammen und klopfe. Aus dem Inneren des Raumes höre ich Schritte und wenige Sekunden später öffnet sich die Tür.

„Benedict", flüstert Clary, als sie erkennt wer vor ihrer Tür steht. Ich kann den Blick nicht von ihren grünen Augen abwenden. Noch immer sehe ich Tränen darin schimmern. „Darf ich reinkommen?"

Sie nickt, öffnet die Tür noch ein Stück weiter und lässt mich eintreten.

Ich sehe, dass sie die Kleidung gewechselt hat, statt ihrem langen Kleid, trägt sie nun eine schwarze skinny Jeans und einen grauen Baumwollpullover.

„Clary... ich muss mit dir reden. Ich... ich weiß nicht wo ich anfangen soll. Es ist so schwer darüber zu reden. Deine Entscheidung zu akzeptieren fällt mir nicht leicht, aber ich möchte dass du glücklich bist. Ich bin mir nur nicht sicher, ob du wirklich glücklich bist"

Als ich mich wieder traue ihr in die Augen zu sehen, rollt ihr eine Träne die Wange hinunter. Etwas hilflos stehe ich vor ihr, nicht sicher was ich nun tuen soll. Ich würde ihr gerne helfen, sie tröstend in den Arm nehmen, doch ich weiß nicht ob sie es zulassen würde.

„Ben", sagt sie mit leiser Stimme. „Es tut mir so leid... ich hätte dich nicht so verletzen dürfen. Ich habe uns beiden bloß wehgetan. Aber ich hatte Angst, Angst mich zubinden und dadurch meine Liebe dir gegenüber zu verlieren. Es tut mir so leid"

Jetzt kann ich nicht mehr an mich halten, überbrücke die Distanz zwischen Clary und mir und schließe sie in meine Arme. Sie schlingt ebenfalls beide Arme um mich, vergräbt ihr Gesicht in meinem Hemd. Ich weiß nicht, wie lange wir so dastehen, doch irgendwann murmelt Clary: „Ich habe dich so vermisst. Deine Stimme, deinen Geruch, DICH"

Gequält schließe ich die Augen und vergrabe die Nase in ihrem Haar. Es ist so verlockend ihren Worten Glauben zu schenken, doch war ihre Liebe nicht genau der Grund warum sie mich verlassen hat? Ich weiche ein Stück zurück und sehe ihr fest in die Augen.

„Clary, ich kann das nicht. So sehr ich mir wünsche mit dir zusammen zu sein, ich kann nicht mit der Unwissenheit leben, ob es dir nicht irgendwann wieder zu viel wird und du wieder verschwindest. Wie kann ich dir so Vertrauen schenken?"

Clary legt ihre Hände an meine Wangen. „Ich habe einen riesigen Fehler begangen. Ich dachte immer ich sei unfähig eine richtige Beziehung zu führen. Ich will frei sein. Das einzige wofür ich zu blind war um es zu sehen, war die Tatsache, dass ich dich brauche um glücklich zu sein. Du bist ein Teil von mir, als ich ohne dich war, hatte ich das Gefühl ein Teil von mir wäre fort"

Nachdenklich lässt sie ihre Hand von meiner Wange zu meiner Brust wandern, bis sie über meinem Herzen liegen bleibt. „Und ich weiß nicht, wie ich meinen Fehler rückgängig machen kann, ich weiß bloß, dass ich dich brauche.

Das ich dich liebe"

Erstaunt blicke ich auf und erkenne blanke Ehrlichkeit und Reue in ihren Augen.

„Clary", flüstere ich. „Ich... Ich liebe dich" Meine Stimme bricht und nun läuft auch mir eine Träne über das Gesicht.

Diese wird jedoch von Clarys schlanken Fingern liebevoll weggewischt, bevor ihre Finger weiter zu meinen Lippen wandern und zärtlich darüber streichen. Lächelnd verschränke ich meine Hände in ihrem Nacken und beuge mich zu ihr hinab, bis unsere Lippen sich vereinen.

Auch als wir uns später ein Taxi nach Hause nehmen, weicht die unglaubliche Ruhe und Vertrautheit nicht. Und ich weiß, dass wir es schaffen werden jede Hürde gemeinsam zu nehmen, denn wir haben unser Zuhause gefunden...

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