Die Geschichte eines misshandelten Pferdes

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Ich wurde auf einer Wiese irgendwo auf dem Land geboren. Ich lebte dort zwei Jahre mit meiner Herde. Ich weiß auch noch, dass wir zu siebt waren und das ich mit zwei kleinen Ponys gut befreundet war. Wir haben häufig gemeinsam Blödsinn gemacht, zum Beispiel unserem netten Herrn, der uns täglich besuchte, über das Gesicht zu schlabbern, während er schlief, oder über ihn zu springen, wenn er faul in der Sonne döste. Doch leider wendete sich das Blatt.

Eines Tages kam ein Mann, der mir recht nett erschien. Er stand mit unserem Herrn auf der Koppel und unterhielt sich mit ihm. Es schien um mich zu gehen, denn immer sahen sie zu mir herüber und zeigten auf mich. Dann kam auch noch die Frau meines Herrn. Sie nahm ihn zur Seite und sprach eindringlich auf ihn ein. Ich hörte wie sie sagte:
,,Schatz, wir brauchen das Geld! Verkauf ihm die Stute!'' Und als unser Herr traurig nickte, war mir klar, dass meine Tage hier gezählt waren. Ich sah meine Freunde an. Sie hatten auch gehört, was die Frau gesagt hatte. Und sie wussten, wer verkauft werden sollte. Meine Mutter legte schützend ihren Kopf über mich. ,,Wir werden dich nie vergessen.''

Am nächsten Tag kam mein neuer Herr und nahm mich mit. Er führte mich in einen kleinen Pferdetransporter. Mein alter Herr war nicht da und ich konnte mich nur noch mit einem lauten wiehern von meiner Herde verabschieden. Sie wieherten einen letzten Abschiedsgruß. Dann fuhren wir ab. Die Fahrt dauerte lange. Ich hatte eigentlich erwartet, dass ich unter ähnlichen Verhältnissen wie daheim leben würde. Stattdessen steckte mich mein Herr in eine kleine Box in einem Stall und verschwand wieder. Ich ließ die Eindrücke auf mich wirken und war nicht besonders erfreut. Es war zwar eine Lage Stroh am Boden es war aber nicht so gut, dass ich es mit Genuss hätte fressen können und der Wasertrog war ein wenig dreckig, aber ich tröstete mich - man konnte es schlimmer haben. Leider war ich allein und das war das einzig schlimme.

Am Abend kam mein neuer Herr in Begleitung eines hübschen Mädchens in den Stall. Sie war vielleicht 12 Jahre alt. Als sie mich entdeckte, strahlte sie über das ganze Gesicht. ,,Ist das mein Geburtstagsgeschenk?''
Mein Herr nickte. Das Mädchen fiel ihm um den Hals. ,,Danke, Papi! Wie alt ist sie denn?'' Sie kam zu mir und streichelte meinen Hals. Ihr Vater kam dazu. ,,Sie ist zweieinhalb Jahre alt und schnell wie der Wind. Du wirst mit ihr bestimmt Rennen und Turniere gewinnen können. Wir sind die einzigen im Dorf, die ein eigenes Pferd haben. Du kannst stolz sein!'' Sie lächelte. ,,Darf ich noch eine Weile bei ihr bleiben?'' Er nickte.

Das Mädchen blieb noch bis zum Abend bei mir und erzählte mir allerhand.
,,Weißt du, mein Papa jat diesen Stall ja extra für dich gebaut. Wir sind nicht besonders reich, aber auch nicht besonders arm. Es ist wirklich toll, dass du nun zu uns gehörst! Ich bin übrigens Laura! Ach, ich freue mich so! In einem halben Jahr werde ich dich reiten können. Wir werden gemeinsam ein Turnier nach dem anderen gewinnen. Und ich kann dich meinen doofen Klassenkameraden zeigen! Die werden Augen machen!'' Nachdem sie so erzählt hatte, saß sie neben mir im Stroh und streichelte mich. Es war dunkel. Draußen konnten wir immer wieder Lichtblitze sehen, gefolgt von einem lauten grollen. Laura sah mich an.
,,Ich muss jetzt leider gehen. Es ist ein Gewitter da draußen. Ach, da fällt mir ein, du hast noch keinen Namen. Ich nenne dich Stella! Dass muss ich Papa sagen!'' Dann gab sie mir eine Kelle Futter. ,,Gute Nacht, Stella!'' Und schon verschwand sie nach draußen. Einen kuzen Moment später blitzte es, gleichzeitig knallte es ohrenbetäubend Laut. Über den Lärm hinweg konnte ich Laura aufschreien hören. Es war ein gellender, markerschütternder Schrei. Ich machte vor Schreck einen Satz. Draußen war es still. Nach einiger Zeit hörte ich die Stimme meines Herrn. Er rief nach Laura. Seine Stimme wurde lauter. Plötzlich schrie er. ,,NEEEEEIIIIIN! NEEEEEIIIIIIN! DAS DARF NICHT SEIN! BEWEG DICH DOCH! BITTE!''
Weitere aufgeregte Stimmen waren zu hören. Draußen war es sehr laut. Ich drückte mich in die Ecke und wartete, bis es vorüber war. Ich ahnte, dass etwas schreckliches mit Laura passiert war.

Stella -Die Geschichte eines misshandelten Pferdes Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt