Das Zimmer hatte sich gewechselt. Statt im Bett darüber zu reden - einem der wohl ungünstigsten Orte für ein solches Gespräche-, hatte ich Alexa eingemummelt in eine Decke nach dem ersten Trösten in die Küche getragen. Das Teewasser kochte bereits und dank meiner Angewohnheit immer H-Milch auf Vorrat zu kaufen, konnte sie ihren Schwarztee auch trotz des leeren Kühlschranks mit einen Schuss Milch genießen. Während Alexa also etwas bedröppelt auf den Küchentisch schauend vor sich hindachte, kümmerte ich mich um eine Tasse. Kaum zwei Minuten später saß ich dann mit ihr am Tisch und eine dampfende Tasse ihres geliebten Schwarztees (mit Karamellaroma) stand vor meiner Freundin.
„Danke..", nuschelte sie ein wenig verlegen in die Decke, doch ich schüttelte nur den Kopf. „Nichts zu danken, aber erzähl mir bitte, wie du das vorher meintest. Was sollte das heißen .. mit der .. Vergewaltigung?" Ich versuchte möglichst sanft zu klingen, zusprechend und Mut gebend, aber wie konnte man ein Wort, das so viel Schmerz bedeutete auch nur im Ansatz „schön" klingen lassen, wenn es doch nichts Schönes daran gab, nichts Sanftes, das die Gewalt, die nur zu oft dahinter steckte, verstecken konnte.
Alexa seufzte. „Ich hätte das nicht erwähnen sollen... Es ist anders als du vielleicht denkst." Wieder schüttelte ich den Kopf, denn ich wusste, dass das, was sie da von sich gab Schwachsinn war. Niemand sagte so etwas leichtfertig. Nicht einmal zum Spaß. Eine kleine Träne rann über ihre Wange. Ich beugte mich etwas nach vorne, strich sie weg und blickte in ihre Augen, die von so viel Trauer und Leid erzählten.
Es brauchte etwas, ehe sich Alexa ein Herz fasste und schließlich zu erzählen begann. Es war eine Geschichte, die dem Ausdruck ihrer Augen gleich kam und ein Teil in mir zu tiefst erschütterte, denn egal, wie oft ich bereits glaubte die Hoffnung an die Menschheit verloren zu haben (auch dank meiner intensiven Nachrichtendurchforstungen für LeNews), irgendwo in mir existierte sie noch immer, auch wenn sie mit jedem neuen Schlag mehr in Mitleidenschaft gezogen wurde. Es tat weh zu hören, wie sehr man sie verletzt hatte und entfachte in mir unweigerlich eine Wut auf den, der ihr das angetan hatte.
„Ich hatte gerade meine letzte Abschlussprüfung geschrieben, als unsere Jahrgangsstufe beschloss gemeinsam feiern zu gehen. Jonas und ich hatten uns erst kurz vorher gestritten. Es war eine stressige Zeit, weil ich meinen Abi ernster nahm als er seins und dann war da eben noch die Geschichte mit dem Studieren. Ich wollte unbedingt irgendwas Soziales studieren, aber das gab es halt nicht in direkter Nähe, deswegen war klar, dass ich wegziehen würde, aber Jonas wollte nicht weg und er wollte auch nicht studieren und eventuell mit mir zu gehen, stand für ihn außer Frage. Deswegen ist er damals auch nicht mitgekommen. Wir sind damals nach Neustadt gefahren, weil dort die nächstbeste Disco war und es auf dem Land nicht so einfach ist, ne gute Location zum Weggehen zu finden. Ich hab mich damals die meiste Zeit an meine Klassenkameraden gehalten, weil die von der Parallelklasse kannte ich nicht sonderlich gut und wie das eben so ist, hab ich auch das ein oder andere getrunken... Aber ich war noch weit vom Betrunkenheitsstatus weg.", meinte sie, als versuche sie jeglichen Vorwürfen zuvor zu kommen. Ich nickte nur und ließ sie weiter erzählen. „Einer aus der Parallelklasse kam aus dem Nachbarsdorf und ich kannte ihn dementsprechend vom Bus. Wir hatten ab und zu geplaudert und er war eigentlich auch ganz nett. Jonas hatte irgendwann mal gemeint, dass der doch mit Sicherheit auf mich stehe, aber ich hab das damals für blöde Eifersucht gehalten und weil ich immer noch sauer auf ihn war und Lena, meine damalig beste Freundin, früh nach Hause gefahren ist, hab ich mich halt mit ihm unterhalten. Wir haben ein wenig geflirtet und er hat mich auf den ein oder anderen Drink eingeladen. Irgendwann bot er mir dann an, dass er mich nach Hause fahren würde. Er habe den ganzen Abend nicht viel mehr als ein Bier getrunken. Meine Mutter hatte mir zwar Taxigeld mitgegeben, aber weil ein Taxi wesentlich teuer war und er ja eh in die Richtung musste, dachte ich mir warum nicht. Lieber geb ich ihm 5€ Spritgeld als fast 30€ für ein Taxi zu bezahlen. Ich war damals schon ziemlich müde- auch vom Alkohol, als wir aufgebrochen sind. Im Auto bin ich fast eingeschlafen, aber irgendwann hab ich gemerkt, dass er seine Hand auf meine Bein legte. Im ersten Moment dachte ich noch, dass er nach irgendwas greifen wollte, irgendwas aus dem Handschuhfach holen oder der gleiche, aber als er seine Hand dann nicht wieder wegnahm und anfing mich zu ... zu ... streicheln ..." Alexa stockte kurz, schluckte und setzte erneut an, doch auch dieses Mal brach sie ab, noch ehe auch nur eine Silbe ihren Mund verlassen hatte. „Ich hab gemeint, er solle aufhören, aber von ihm kaum nur etwas in der Art, dass ich mich doch nicht so haben solle. Kaum fünf Minuten später sind wir dann auf den Hof seiner Eltern gefahren. Ich weiß noch, dass ich ihn total verwundert angeschaut habe, aber er meinte nur, dass er zu müde wäre und keinen Bock mehr hätte mich in der Nacht noch heimzufahren. Ich glaube, dass er damals sauer war, weil ich ihn abgewiesen hatte. Weil er ausgestiegen ist, bin ich mit aus dem Auto. Mir ist damals ziemlich mulmig geworden und im Nachhinein betrachtet war ich so dumm... Ich hätte einfach sagen sollen, dass ich nach Hause wollte oder doch einfach gottverdammtes Taxi rufen... Aber das hab ich nicht, weil er mir dann wieder total nett angeboten hat, dass ich übernachten könnte und er mich morgen in der Früh heimfährt..." Sie schwieg. Lange. Ehe sie schließlich fortfuhr.
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Adult Love (LeFloid FF)
FanficLiebe ist so eine Sache. Man kann nicht bestimmten, wen man liebt oder ob man überhaupt liebt, selbst wenn man es gerne würde. Flo ist bereits 26 als er in einer Vorlesung auf die drei Jahre jüngere Alexa und ihre fünfjährige Tochter trifft. Mehr od...