Mein Versuch, mich auf die Seiten des dicken Romans zu konzentrieren, scheiterte. Es war ja auch schwierig, wenn man bedachte, dass ich Bücher genauso hasse, wie ein kleines Kind Spinat.
Aus diesem Grund besaß ich auch nicht viele Bücher. Und die, die ich besaß, füllten gerade mal ein kleines Regal, das an neben meinem Erker stand. Der Erker war eigentlich der Ort, wo Geschichten entstanden, nicht der Ort, wo sie gelesen wurden.
Nach zwei weiteren Anläufen, die dritte Seite durchzulesen, schlug ich das Buch zu. Stöhnend rieb ich mir die Stirn. Ich selber schrieb Geschichten für mein Leben gern, erwog es sogar, mit diesen Geschichten mein Geld zu verdienen, aber niemals habe ich ein Buch komplett gelesen.
Beim Lesen entstanden keine bunten Orte, keine Gesichter, keine Charaktere. Dort standen nur Worte, denen ich in meinem Kopf keinen Zusammenhang geben konnte. Vielleicht war es eine Krankheit, eine psychische Störung, aber mir war es egal, also interessierte sich auch sonst niemand dafür.
Ich hatte niemanden der sich für mein Leben begeisterte, also tat ich das auch nicht, hatte mich dazu entschieden, den uninteressierten Blicken der Anderen glauben zu schenken. Früher hat es mich traurig gemacht. Doch ich war irgendwo selber daran Schuld, dass meine Freunde und meine Familie nichts mehr mit mir zu tun haben wollten. Ich war ein schrecklicher Mensch.
Und deshalb die Geschichten. Sie handelten immer von einem 18-jährigen Mädchen, doch die Personen in meinen Geschichten hatten ein wundervolles Leben, einen festen Freund und Erfolg. Oft glaubte ich meiner Vorstellung, dass das wirklich ich wäre
Manchmal fiel es mir schwer, Realität von den Geschichten zu unterscheiden, doch da ich, wie gesagt, alleine war, interessierte es auch niemanden.
Als ich das Buch zurück zu den anderen stellte, bemerkte ich die dicke Staubschicht auf den Büchern. Doch es war mir egal. Sehnsüchtig richtete ich meinen Blick auf das riesige Bett mit den hundert bunten, flauschigen Kissen.
Doch jetzt hatte ich keine Zeit, dem Drang, mich in die flauschige Wolke zu schmeißen, nachzugeben. In ungefähr einer Stunde würde mein Dienst bei der Frittenbude beginnen. Das war neben meinen Eltern die einzige Geld-Quelle, die ich zur Zeit hatte. Und meine Eltern hatten nur ein schlechtes Gewissen, da sie mich vor einem dreiviertel Jahr, genauer gesagt, als ich volljährig wurde, aus ihrer Wohnung geschmissen. Sie bezahlten meine Wohnung und meinen Lebensunterhalt, doch das schlechte Gewissen war mir nicht sicher genug, irgendwann würden sie das Geld einstellen, spätestens, wenn sie selber nicht mehr arbeiten würden.
Deshalb der Job bei 'Jacks Fritten' , dem Pommes Laden meines Onkels, der mich auch nur bei ihm arbeiten lies, da er ein schlechtes Gewissen hatte. "Das mache ich nicht für dich, sondern wegen deiner Eltern. Und vielleicht bekommst du damit dein Leben endlich in den Griff!"
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Geschichten
RomanceMein Leben ist nicht kompliziert und spannend genug um sich darin nur auf meine Geschichte zu konzentrieren. Ich wohne allein. Bin allein. Deshalb flüchte ich mich in meine Geschichten. Doch in jeder Geschichte ist es nicht irgendeine fiktive Figur...