Kapitel 1

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Ich klopfte an die rostige Metalltür.
,,Hallo?"
Keine Antwort.
,,Vielleicht solltest du gucken, ob die Tür offen ist.",meinte Dean. Ich sah ihn kurz an, es war ungewohnt, nach unten zu gucken. Dann nickte ich.
Vorsichtig drückte ich die Klinge hinunter, und tatsächlich, die Tür ging knarzend auf.
Langsam betraten wir den Raum, es war dunkel und kalt in der Halle, ein Paar Möbel standen hier und da.
Plötzlich sprangen von der Decke Gestalten auf uns. Ich erschrak, versuchte auszuweichen, wurde aber direkt zu Boden geworfen. Dean landete neben mir.
Mein Atem stockte, was ist, wenn die NC uns gefunden hatte? Ich betete zu Gott, betete zu dem ganzen Universum, dass das nicht die NC sein soll.
Hektisch schaute ich mich um, ein muskulöser Mann hielt mich mit einem Fuß auf dem Boden.
Es war nicht die NC, der Mann sah viel zu ungepflegt aus, und seine Anziehsachen waren zerrissen. Ich atmete tief ein, spürte deutlich wie meine Lungen sich mit Sauerstoff füllten.
,,Ziemlich armselig, Red Death.",grinste Dean nach einer Weile. Red Death hatte ich schon lange nicht mehr gehört, aber ich werde den Namen nie vergessen, den sie mir auf der Trainingsschule gegeben hatten. Und was er damit meinte, war ganz klar: Dafür, dass ich mit einem guten Durchschnitt ausgebildet bin, kämpfe ich gerade in der Situation ziemlich armselig, und armselig heißt in diesem Fall garnicht.
Ich wollte etwas freches erwiedern, doch ein anderer muskelbepackter Sack trat Dean in den Bauch. Dean stöhnte auf und krümmte sich.
,,Ich habe gesagt, du sollst leise sein!",knurrte der Mann. Anscheinend auch nicht gerade die größte Leuchte in diesem Raum, denn das hatte er nicht gesagt.
Ich stand mit so einem Ruck auf, dass der Mann der mich mit seinem Fuß auf meinem Bauch runtergedrückt hatte, anfing zu taumeln.
Sie sahen mich alle an.
,,Lasst uns in Ruhe, wir-"
,,Ihr sollt leise sein!",warf der Mann ein. Dann ging er auf mich zu, übergab Dean einem anderen.
,,Lauf noch ein Schritt, und ich schwöre, ich werde dich so verprügeln, dass du durch den Boden in die Hölle rutscht.",knurrte ich wütend. Er blieb stehen, aber nur, um zu lachen.
,,Du wirst eher in zwei Hälften zerbrechen, dürres Mädchen.",lachte er mich aus. Abermals sog ich tief die Luft ein, versuchte mich zusammenzureißen, um nicht sofort auf ihn loszugehen.
Die anderen Männer lachten mit, als hätte er den besten Witz gebracht.
,,Was willst du tun, Eierkopf?",zischte ich.
,,Reece, hör auf zu provozieren, das-"
Dean wurde unterbrochen, durch den nächsten Tritt in seine Magengegend.
,,Hey, du da!",rief ich. Der, der Dean getreten hatte, sah mich an. ,,Ja, genau du. Was für ein Pisser bist du, jemandem wehzutun, der dir unterlegen ist?",sagte ich laut. Der Mann sah mich an.
,,Er ist mir nicht unterlegen. Er ist einfach schwach, das ist alles.",meinte er nur.
,,Reece, oder? Man muss dir ziemlich oft sagen, dass du deine Klappe halten sollst, ich-"
,,Hast du einen Hörschaden, oder wieso muss alles still sein?! Es geht mir am Arsch vorbei, dass ich leise sein soll.",protestierte ich.
,,Wer nicht hören will, muss leiden."
Die Männer gingen auf mich zu, ließen Dean liegen, als sei er nur Dreck. Ich ging ein Paar Schritte zurück, es waren fünf muskelbepackte Männer.
Blitzschnell dachte ich mir einen Plan aus, und begann dann, ihn umzusetzen. Zuerst ging ich auf den Anführer der Truppe zu, der Mann mit dem Hörschaden. Ich rannte in seine Richtung, versuchte mich zu konzentrieren. Wir hatten das im Training nur an Wänden gemacht, aber ich musste mir jetzt an seiner Stelle eine Wand vorstellen.
Ich sprang mit voller Wucht gegen seine Brust, sprang ab und landete wie ein Frosch auf der senkrechten Wand, währenddessen fiel er keuchend um. Jetzt musste ich schnell sein, um nicht von der Wand abzurutschen. Ich sammelte die Kraft in meinen Beinen, sprang ab, machte einen Salto und landete vor der Tür, aus der wir gekommen waren. Das hatte ich schon lange nicht gemacht, und ich hatte an mir gezweifelt. Aber zu sehen, dass ich es immer noch einwandfrei konnte wie vor ungefähr einem halben Jahr, machte mich glücklich.
Alle sahen mich an, als wäre ich außerirdisch.
,,Du hättest einen viel bessern Durchschnitt haben sollen.",murmelte Dean. Ich wollte entgegnen, dass mein letztes Jahr nicht das Beste war, doch jemand fiel mir ins Wort.
,,Halt deine Schnauze!",kläffte der, der Dean geschlagen hatte. Ich warf meine Haare nach hinten.
,,Jetzt bist du dran.",knurrte ich leise und lief auf ihn zu. Die restlichen drei wichen zurück, ich sprintete zu ihm und trat ihm mit dem Knie in den Bauch. Er krümmte sich vor Schmerz, das nutzte ich aus, legte seine Hände auf seinen Rücken und sprang über ihn hinweg. Jetzt stand in direkt vor den restlichen dreien.
,,Wer will jetzt?",grinste ich. So krank es sich auch anhörte, es machte mir Spaß, diesen Typen wehzutun. Sie wichen alle aus, somit drehte ich mich um und ging zu Dean.
Ich half ihm auf, stüzte ihn und half ihm in seinen Rollstuhl zu kommen.
,,Gehts dir gut?",fragte ich.
,,Soweit schon, nur habe ich dieses Kribbeln in den Händen.",meinte er.
,,Kribbeln?"
,,Ja, meine Hände möchten die da mal ordentlich verprügeln.",sagte er und wies mit den Kinn zu den drei Männern. Ich lachte leicht auf.
Das Lachen war gespielt, gerne hätte ich Dean an meiner Seite kämpfen sehen. Und nur wegen Aaron war er wahrscheinlich für immer an seinen Rollstuhl gebunden. So sehr es mir auch wehtat, ich konnte Gave nicht weiter suchen, denn ich hatte ihn eigentlich schon längst gefunden. Nur war dieser Gave ganz anders, und hatte auch verdient, einen anderen Namen zu tragen. Denn Aaron hätte Dean fast umgebracht, und das würde ich ihm nie verzeihen.

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