L U C E
"Mom? Bist du Zuhause?", rufe ich sobald ich die Haustür aufgeschlossen habe. Keine Antwort. Ich streife mir die Chucks von den Füßen und ziehe meine Jacke aus bevor ich den Flur betrete. Meine Mutter rastet regelmäßig aus, sobald jemand den Teppichboden mit Schuhen betritt und ich habe absolut kein Bock auf eine Standpauke von ihr, also halte ich mich brav an die Regeln.
Meinen Rucksack schmeiße ich aufs Sofa und beschließe ihn später wegzuräumen, da es nicht so aussieht als wäre jemand Zuhause, der sich beschweren könnte. Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche und klicke auf den Music-Icon um der Zufallswiedergabe die Entscheidung eines Songs zu überlassen und kurz darauf dröhnt Dip It Low von Christina Milian durch das Wohnzimmer. Tanzend, halblaut mitsingend und wahrscheinlich total geisteskrank aussehend, laufe ich zum Kühlschrank um mir etwas Essbares zu suchen.
Ich will gerade nach den Macaroni von gestern greifen, als mein Blick auf eine kleine Notiz fällt.
Denk Abby und Benny!
Scheiße, das habe ich voll verpennt. Wie spät ist es?15:07 Uhr. Gut, dass kann ich noch schaffen, wenn ich mich beeile.
Mit meiner angeborenen Schnelligkeit renne ich zurück in den Flur um mich wieder komplett anzuziehen und Schlüssel sowie Handy in eine kleine Handtasche zu stecken. Die Tür knallt hinter mir ins Schloss, ich schließe ab und mache mich dann hastig auf den Weg.
Fünfzehn Minuten später bin ich bei Bonnie, dem Kindermädchen der Zwillinge, angekommen und werde von der rothaarigen Frau herzlich in Empfang genommen.
"Ich hab dich ja ewig nicht gesehen, Lucinda. Mein Gott, bist du groß geworden!" Sie schaut mich mit großen Augen von oben bis unten an, lächelt dann und ich weiß wieder warum ich sie so gern habe, auch wenn es mich nervt, dass sie mich mit vollem Namen anspricht.
"Man schrumpft nicht.", gebe ich lächelnd zurück. "Tut mir echt leid, dass ich zu spät bin, Bonnie, aber Ms. Clarke hat uns heute länger da bleiben lassen." Das stimmt sogar, nur ist es nicht der eigentliche Grund für meine Verspätung, doch ich habe keine Lust, dass sie Mom erzählt ich hätte meine Geschwister vergessen und ich wieder einen Vortrag über meine Unzuverlässigkeit zu hören bekomme.
"Ach, das ist doch kein Ding." Lachend hakt sie sich bei mir ein und zieht mich dann ins Haus. "Ich erinnere mich noch daran als ich dir die Windeln gewechselt habe. Du warst so ein süßes Baby. Dein Bruder war auch hübsch anzusehen, aber er hatte dieselben Koliken wie Benny sie jetzt hat." Sie seufzt und sieht mich dann an. "Willst du was trinken? Tee oder Kaffe? Ich glaube ich habe sogar noch Kakao im Haus."
"Nein, danke, Bonnie. Ich kann nicht lange bleiben, Dad kommt doch heute.", erinnere ich sie und laufe ins Kinderzimmer um die Zwillinge einzusammeln. "Mom hat mir gesagt, ich soll sie direkt nach der Schule herkommen, damit sie Dad vom Bahnhof abholen kann."
"Ach ja, das habe ich komplett vergessen." Sie hilft mir dabei die schlafende Abby anzuziehen, während Benny ausnahmsweise nicht schreit, sondern das Geschehen nur aufmerksam beobachtet und an seinem Schnuller nuckelt. "Wie geht es Ethan denn?", erkundigt die Endvierzigerin sich nach meinem meist abwesenden Vater.
"Ganz gut, glaube ich. Er ist endlich fertig mit dem Projekt in Toronto und bleibt wahrscheinlich für die nächsten vier Wochen Zuhause, wenn nichts dazwischen kommt. Mom freut sich schon." Tatsächlich freue ich mich weniger auf meinen Vater. Das Torontoprojekt ging über vier Monate, in denen ich ihn kein einziges Mal gesehen habe und auch wenn ich meinen Dad liebe, bin ich wütend auf ihn, weil er uns ständig allein lässt. Ich will nicht, dass er für so kurze Zeit kommt und dann wieder für weiß Gott wie lang geht.
Das einzig Gute an seiner Rückkehr ist, dass Devon Ärger bekommt. Bei Mom kann er sich die ständigen Partys, Mädchen und Alkohol leisten, schließlich bekommt sie das kaum mit, aber wenn Dad Zuhause ist kann er sich das abschminken. Unser Vater hasst Menschen mit solch ausschweifenden Lebensstilen, weswegen Devon sicher nicht so weiter machen kann und ich endlich wieder ohne die Geräusche von meinem Bruder und seinen Betthäschen schlafen kann. Vielleicht freue ich mich doch ein bisschen.
Als die Zwillinge fertig angezogen sind und ich mich von Bonnie verabschiedet habe, fahren wir mit dem Bus nach Hause, wo mittlerweile auch mein Bruder ist. Das ist bei der lauten Musik, die durch das ganze Haus dröhnt, aber nicht schwer zu bemerken. Augenblicklich sehe ich wie der bisher stille Benny das Gesicht verzeiht und kurz davor steht zu weinen. Nein, bitte nicht!, denke ich. Wenn er einmal angefangen hat ist er einfach nicht ruhig zu bekommen.
Um mein Glück noch weiter herauszufordern wacht nun auch Abby auf und sieht sich mit zusammengekniffenen Augen um, bevor sie undefinierbare Geräusche von sich gibt und dann aus heiterem Himmel anfängt zu heulen. Benny stimmt mit ein.
Warum immer ich?
Ich atmete mehrfach tief durch um mich zu beruhigen und nehme dann meine schreienden Geschwister hoch um sie provisorisch auf die Krabbeldecke im Wohnzimmer abzulegen. Das kleine Mobile darüber scheint sie etwas zu beruhigen, was mir genug Zeit gibt um meinen Bruder zu ermordet.
"Du kannst was erleben!", schreie ich, während ich die Treppen zum oberen Stockwerk hoch stampfe und praktisch gegen seine Zimmertür hämmere. "Mach die beschissene Musik aus, Devon! Du bist nicht allein hier, die Zwillinge schreien mir noch die Ohren voll." Keine Reaktion nur ohrenbetäubender Dubstep. "Devon, du Arschloch! Mach auf!" Als noch immer keine Antwort meines Bruders zu hören ist und mein Trommelfell kurz davor ist zu platzen, entschließe ich mich einfach rein zugehen. "Ich komm jetzt rein."
Auf die Gefahr hin meinen Bruder dabei zu erwischen wie er an sich rumspielt, reiße ich die Tür auf und bereue es augenblicklich. Der Anblick der sich mir bietet ist sogar noch schlimmer als ein masturbierender Devon.
Sein Zimmer ist ein Chaos aus Klamotten und benutzen Geschirr, aber das ist es nicht was mich aufkreischen lässt.
Es ist das komplett nackte Mädchen das rittlings auf Devons Schoß sitzt.
"Bah, du Bastard!", schreie ich. Gott, das ist so absolut abartig! Ich verdecke mir die Augen um es mir nicht mehr ansehen zu müssen und drehe mich halb um. Hinter mir höre ich wie Bewegung in die beiden kommt. Die nackte Fremde schreit einmal auf und dann höre ich ein dumpfes Geräusch, das mich zum Umdrehen verleitet. Tatsächlich, mein Bruder ist vom Bett gefallen, während die nackte Fremde sich in die Decke wickelt und versucht ihren Körper zu verdecken. Devon ist ebenfalls nackt. Einfach nur abartig.
"Verdammte Scheiße, zieh dir was an!" Ich sehe meinen Bruder auffordernd an und drehe mich dann erneut um, dieses Mal um den Krach, den er Musik nennt, auszuschalten. Als ich Devon das nächste Mal ansehe hat er zum Glück etwas an und fährt sich verwirrt durch die braunen Haare.
"Ich dachte du wolltest mit Liz in Kino? Ich hab nicht mit dir gerechnet.", verteidigt er sich und funkelt mich böse an. Was habe ich denn jetzt getan? Er ist doch derjenige der mitten am Tag ein Mädchen vögelt und mich mit dem Anblick bestraft! Bah, diese Bilder werde ich nie aus meinem Kopf bekommen...
"Ja, das war der Plan, aber Mom wollte dass ich die Zwillinge von Bonnie abhole, und- Warum erkläre ich mich überhaupt? Sieh zu, dass sie", ich deute auf die nackte Fremde, "verschwindet bevor Dad kommt."
Bevor Devon protestieren kann, hören wir wie die Hautür geöffnet wird und dann das tiefe Lachen unseres Dads.
"Zu spät. Tja, Pech gehabt." Ich werfe Devon und der nackten Fremden einen letzten bösen Blick zu bevor ich die Tür zuschlage.
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Alpha's Mate
WerewolfLuce VanCamp führt ein gewöhnliches Leben -gute Freunde, nervige Geschwister, Schulstress- ganz normal, bis auf die Tatsache, dass sie ein Werwolf ist. Ihr Leben macht eine 180 Grad Wendung als sie auf ihren Mate trifft, Simon. Simon LeMarshall ist...