Das Leben geht weiter

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Die Zeremonie der Erwählung war jetzt eine Woche her. Der Zyklus, in dem Aurora im Reich jedes Gottessohnes einen Monat leben durfte, hatte begonnen. Sie hatte vor 2 Tagen die Klosterschule verlassen. Für uns andere Schülerinnen war heute der Unterricht weitergeführt worden. Ich saß in einer der Turmzimmerwohnungen, die sich 2 Schülerinnen teilen, im Aufenthaltsraum. Die Wände, an denen an einigen Stellen alte, dunkele Bücherregale, zum bersten mit Büchern überladen, standen, waren in dunkelblau gestrichen und erinnerten an den Himmel, wobei die Zimmerdecke, die von alten Holzbalken gehalten wurde, in dezentem weiß strahlte. Ich saß an einem alten, schweren Eichenschreibtisch in einer Niesche des Raumes zwischen vier Bücherregalen, arbeite auf einer Sternkarte Planeten ab und warte auf meine Mitbewohnerin und Mitschülerin Maria. Die Tür knarzte und sie trat ein: "Na, Pandora, schon weitergekommen?" : "Nein." antworte ich gelangweilt und stütze meinen Kopf auf meinen Arm. Eine Strähne meines grauen Haares fiel aus meinem Dutt und streichelte meine Hand. Ich pustete sie desinteressiert weg und wedelte mit meinem Stift. Maria stand immer noch im Raum. Ich erhob mich und lief zu ihr. Sie trug einen großen Stapel Bücher auf dem Arm, und ich nahm ihr die Hälfte ab: "Danke." sagte sie und atmete dabei erleichtert aus. Dann lief sie auf die Treppe zu, die zu unseren Schlafzimmern führte, ich hinterher. Am Ende gabelte sich die Treppe zu zwei Türen. Die Linke führte in mein Schlafzimmer, die Rechte in Marias. Sie öffnete die Rechte Tür und trat in ihr weiß gestrichenes Zimmer. Sie ging an ihrem großen Kleiderschrank vorbei und pfefferte die Bücher auf ihr großes weißes Bett, ich legte den Stapel den ich trug daneben. Dann streckte sie sich. Nachdem sie dies getan hatte, stützte sie ihre Hände in die Hüften und schaute mich an: " Und, was steht heute sonst noch so an?" fragte sie mich dann. Ich schaute sie fragend an und sie schaute ebenso fragend zurück. Ich schüttelte als erstes meinen Kopf: " gar nichts eigentlich, da dieses Mädchen gerade den Zyklus angetreten hat haben die Nonnen alle Hände voll zu tun um alles mit den Gottessöhnen zu regeln. Folglich haben wir die nächsten 4 Wochen Befreiungen von jeglichem sinnvollen Unterricht." Sie schlug sich mit der Hand auf die Stirn: " Wie konnte ich nur vergessen das die Söhne sich ihr Opfer ausgesucht hatten? Ich meine sie waren hier, bei uns auf der Erde!" Sie schüttelte ihre braunen Locken und ich verdrehte belustigt meine Augen: " Wie kann eine Erwachsene, junge und vernünftige sowie intelligente Frau wie du nur so ein Drama wegen Männern machen, so wie es aussieht noch dazu ewigen Junggesellen?" Sie lachte: "Pandora, das musst du tatsächlich nicht verstehen wenn du es nicht schon tust, und wenn es nicht so sein sollte, dann sehe ich die Pflicht, es dir zu erklären, nicht bei mir liegen." Ich schaute sie nun doch wieder fragend an. Maria war ein Jahr älter als ich, hatte Kastanienbraunes Haar und runde braune Augen, ein etwas runderes Gesicht und war auch sonst gesegnet mit einem hauch mehr Fleisch an ihren Knochen, was jedoch bei uns einem der wenigen Schönheitsideale entsprach. Jetzt war sie es, die lächelnd den Kopf schüttelte. Sie setzte sich auf ihr Bett und klopfte auf die ordentlich gefaltete Decke neben sich. Ich setzte mich, wie sie mich aufgefordert hatte, neben sie auf ihr Bett. Sie schaute mich an, so als wäre ich ein unschuldiges Kätzchen, was mich ein wenig besorgt die Arme vor der Brust verschränken ließ. Dann  fing sie an zu erklären: "Es gilt als vornehm und edel von den Söhnen ausgewählt zu werden. Es lässt dich automatisch in der Gesellschaft aufsteigen. Du wirst reich und begehrt sein wo auch immer du dich hinbegibst. Jeder wird dich ehren und respektieren. Die Menschen werden dich anbeten. Verstehst du jetzt, warum eine intelligente Frau ein Drama daraus macht?" fragte sie am Ende ihrer kleinen Rede, richtete sich auf, ging zur Zimmertür, öffnete sie und bleib im Rahmen stehen: "Du solltest dir vielleicht auch ein paar mehr Gedanken machen Pandora. Es täte dir und deinem Bewusstsein gut." und mit diesem Satz schloss sie die Tür hinter sich und ging die Treppe hinunter.

Ich lief die Treppe ins Wohnzimmer hinunter und stand dann einen Moment unschlüssig im Raum. Ich ließ mich auf einem weißen, großen Sofa einer Sitzgruppe nieder und sah aus den großen Fenstern, die gegenüber des Sofas in die Wand eingelassen waren & bis zum Boden reichten. Des Himmel war grau und verhangen, es schien als würde es bald zu regnen anfangen. Ich schweifte mit meinen Gedanken ab. Die Söhne gingen mir nach Marias Predigt Leider nicht mehr aus dem Kopf. Weshalb die vier immer noch keine Frau geheiratet hatten wunderte mich tatsächlich, wenn ihr Vater doch schon so einen Aufwand betrieb um ihnen alles möglich zu machen.
Doch die Gedanken kreisten immer weiter, und irgendwann wurde es mir zu viel.
Ich entspannte mich ein wenig und schaute mich im Raum um. Dann kam mir eine Idee. Ich erhob mich vom Sofa und ließ mich auf dem Boden nieder. Dann bückte ich mich und legte auch meinen Kopf auf den Boden. Unter dem Sofa lag ein graues Fellknäuel, meine Katze Una. Ich lockte sie hervor und sie miaute leise. Dann nahm ich sie auf den Arm und setzte mich wieder im Schneidersitz auf das weiße Sofa. So saß ich noch eine Weile dort, bis Maria wiederkam. Auch der Himmel wurde langsam dunkel, was vermuten ließ, das die Nacht bald hereinbrechen würde.

Maria hatte sich neben mich gesetzt und schnarchte nun, nachdem die Wärme des Feuers im Kamin vor der Sitzgruppe sie eingelullt hatte. Una schnurrte in meinem Schoß und ich streichelte ihr über ihr weiches, graues Fell. Ich schaute wieder aus dem Fenster. Der Himmel war bedeckt und der Mond warf ein dunkles Licht auf den Innenhof des Klosters, den wir von unserer Wohnung aus sehen konnten. Irgendetwas war anders, als hätte der Himmel heute einen schlechten Tag. Doch ich dachte mir nichts dabei, weckte Maria, ließ Una von meinem Arm springen und ging die Treppe hinauf in mein Zimmer, wo ich mich umzog und dann in mein weißes Himmelbett in meine Schwarzen Laken fallen ließ, wobei die Regale, die alle Wände bedeckten und bis zur blauen Decke mit den kleinen weißen Punkten, die die Sterne darstellen sollten, dunkele Schatten auf den Boden warfen.

LuciferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt