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Die junge Dame überlegte nicht lange, als der Blonde in die Knie sackte - sie hastete aus ihrem Versteck und hockte sich hastig neben ihn, als sein Hemd sich am Arm mit Blut färbte. ,,Sie sind verletzt!", rief sie sorgenvoll und Dean Winchester hob zwinkernd den Kopf, versuchte wieder einigermaßen klar zu sehen, während schwarze Lichtpunkte vor seinen Augen tanzten und der Blutfleck immer größer zu werden schien. ,,Es wird alles gut, ich helfe Ihnen." Mary wusste, dass sie selbst Hilfe brauchte, dass sie sich eigentlich ein Versteck suchen musste - doch unmöglich konnte sie den jungen Mann so verwundet hier in der Gasse zurück und seinem Schicksal selbst überlassen. Sie legte sich seinen starken, muskulösen Arm um die Schultern und ihren Arm um seine Hüfte, stützte ihn, als er ein paar Schritte voran stolperte. ,,Sie müssen mir nicht helfen. Ich schaffe das schon irgendwie alleine.", nuschelte er - natürlich war Dean aufgefallen, dass die hübsche Dame vor etwas floh.. und sich jetzt wieder in Gefahr begab, weil sie ihm zu helfen versuchte. Sie stützte ihn um die Ecke, sah sich in alle Richtungen um, ehe sie den Kopf senkte und den Blonden durch die Altstadt führte. Sie wusste, dass er nicht von hier stammen konnte - nicht aus dieser Stadt und schon gar nicht aus diesem Jahrhundert. Was hieß wie auch immer er hier hergekommen war; es könnte ihr Weg zurück sein. Zurück nach Hause, in ihre Zeit, wo sie ein nicht gestohlenes Dach über dem Kopf und genügend zu essen hatte. Hier hatte sie nur eine alte Scheune - mit gestohlenen Mahlzeiten einmal Täglich, meistens nur ein Apfel von irgendeinem Stand eines dussligen Verkäufers auf dem Wochenmarkt. ,,Wie heißen Sie?", fragte Dean die Dame heiser und sie zwang sich ein höfliches Lächeln auf. ,,Mein Name ist Mary. Ihrer?" ,,Dean.", gab er mehr stöhnend zurück und die Dunkelhaarige beschleunigte ihre Schritte -aus Angst der Fremde könnte ihr noch mitten auf der Straße zusammen sacken.

Sie wusste nicht wie genau sie es schafften, doch sie betraten die Scheune relativ ungesehen und Mary half Dean sich auf ihr selbst gebautes Feldbett zu setzen. ,,Zieh mal dein Hemd aus. Ich seh mir das an.", sagte sie leise und zwinkernd hob der Winchester den Kopf. ,,Sind wir jetzt schon per du?", fragte er rau lachend, knöpfte sich jedoch sein Hemd auf und entblößte seinen nackten Oberkörper - sodass Mary scharf die Luft einsog. Erstens weil er unsagbar gut aussah und der jungen Frau sofort das Blut in die Wangen schoss. Zweitens weil er ein Besessenheitstattoo trug und somit ihre Vermutung bestätigte. Sie hatte jemanden vor sich der genauso hier gelandet war wie sie - und wenn sie sich jetzt an ihn hing, sein Vertrauen gewann, dann konnte sie wieder zurück nach Hause. ,,So, das wird brennen.", murmelte Mary, nachdem sie die tiefe Schnittwunde an Deans linkem Oberarm ausgekundschaftet hatte und besorgt die Stirn runzelte, als er die Zähne zusammen presste. ,,Hab schon Schlimmeres hinter mir - danke, dass du mir hilfst, wieso auch immer du das tust.", gab er zurück und Mary nickte, begann vorsichtig, fürsorglich seinen Arm mit dem geklauten Alkohol zu desinfizieren und riss dann ein Stück von ihrer schmutzigen, weißen Bluse ab um seinen Oberarm sanft damit zu verbinden. ,,Was verschlägt dich in diese Zeit?", fragte sie gerade raus und Dean zwinkerte erstaunt, sah zu der Schönheit auf, die vor ihm stand und komischerweise Bescheid zu wissen schien. ,,Frau der Schriften, ich erkenne einen Jäger wenn ich ihn vor Augen hab - vor allem aus meiner ursprünglichen Zeit.", sagte sie ernst und Dean schluckte, deshalb half sie ihm. Sie hatte ihn erkannt, ihr war es wohl ähnlich ergangen. ,,Ich sitze hier fest, seit Monaten schon." fügte Mary noch hinzu und Dean nickte leicht, versuche zu Verarbeiten, dass er hier wen vor sich hatte, dem er sich sofort gegenüber verpflichtet fühlte, zu helfen. ,,Ich sitz hier auch fest - Castiel, der Engel der mich her gebracht hat, hat Probleme mich zurück zu holen. Irgendwas geht schief, deshalb bin ich auch so verletzt. Und ich muss noch einen Fall lösen", murmelte er und zischte auf, als Mary den provisorischen Hemdverband nochmal enger schnürte. ,,Tschuldige.", murmelte sie und große, rehbraune Augen sahen Dean an. ,,Du sitzt hier also auch fest?" Er nickte leicht, biss sich auf die Unterlippe und Mary trat einen Schritt zurück, um ihm vorsichtig in die Augen zu sehen. ,,Weißt du denn eine ungefähre Notlösung wie wir der Vergangenheit entfliehen können?", fragte sie leise, ihre Stimme klang brüchig und er senkte den Blick. Er wusste es nicht - doch ihr das zu sagen, würde der jungen Frau das Herz brechen. ,,Ich werde alles versuchen was geht", murmelte er ausweichend und sie schluckte schwer, setzte sich dann neben ihn auf die Pritsche und zog den gestohlenen Apfel unter ihrem Kopfkissen hervor. ,,Ich weiß, das ist nicht sonderlich viel, aber vielleicht hast du Hunger?" Fragend sah sie ihn an und erst jetzt wurde Dean bewusst, dass er wirklich Hunger hatte und dieser wie ein nervendes Tier an seine Bauchdecke klopfte. ,,Teilen wir uns ihn", murmelt Mary, zückte ihr Taschenmesser und schnitt die Frucht in zwei Hälften, reichte dem Winchester und Zeitreisendem die Eine. Dean zögerte erst, dankte ihr dann aber leise und nahm sie entgegen, lehnte sich gegen die kühle Holzwand des herunter gekommenen Schuppens. Harrte sie hier etwa die ganze Zeit schon aus? Das mussten doch Höllenqualen sein... ,,Vorhin bist du vor etwas weg gelaufen. Was war es?", fragte er schließlich leise und Mary, die zuvor ihre Zähne in den Apfel gegraben und etwas abgebissen hatte, schluckte kurz. ,,Männer der Schriften, die mir nicht glauben wollen, wer ich bin. Sie denken ich bin eine Ausgeburt der Hölle, ein Dämon, der hier ist um sie auszuspionieren. Frauen sind bei den Gelehrten noch nicht erlaubt, wir sind noch weit am Anfang des Ganzen", nuschelte sie und Dean nickte langsam, war brav ihren leisen Worten gefolgt und nahm jetzt ebenfalls einen Bissen seines Apfels. ,,Ich hab hier einen Fall oder eher etwas, das ich brauche, um ihn zu lösen. Das muss ich noch tun, bevor ich versuche zurück zukommen.", sagte er und Mary sah ihn von der Seite an, biss sich auf der Unterlippe herum und es verwirrte Dean, dass er das Bedürfnis hatte, diese aus den Fängen der Zähne des jungen Mädchens zu retten. Er unterdrückte diesen Impuls, während Mary sich wie er gegen die Wand lehnte. ,,Hier der Deal", murmelte sie und knabberte noch etwas weiter an ihrem Apfel. ,,Ich helfe dir was den Fall anbelangt - du hilfst mir nach Hause zu kommen", meinte sie und Dean nickte langsam, er sah nichts, wodurch er Nachteil ziehen konnte, außer dass er die Männer der Schriften dann ebenfalls an den Fersen kleben hatte. Womit er aber klar kommen würde, oder? Er konnte Mary jetzt wo sie ihn sowieso schon einmal gerettet hatte ja nicht der Vergangenheit überlassen... ,,Okay, dann schätze ich, haben wir einen Deal."

Prisoner Of Time  [D.W|SPN]  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt