Kapitel 7

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*Gegenwart*

"Harry? Wir müssten dich kurz rausschicken. Du kennst ja schon wie das abläuft", sagt Maggy als sie die Tür öffnet und vorsichtig in den Raum schaut.

Ja, ich weiß sehr gut wie das abläuft, jetzt wird Kelly das Blut für eine Untersuchung abgenommen und ein paar Tests werden mit ihr durchgeführt. Danach flößen sie ihr ihr Frühstück ein und dann darf ich wieder rein. Am Nachmittag dann kommt eine Physiotherapeutin um mit ihr Übungen zu machen, damit ihre Gelenke nicht steif werden.

Ja, ich kannte den ganzen Tagesablauf hier im Krankenhaus auswendig. Naja, Kellys Tagesablauf.

Ich stand auf, nicke Maggy beim Vorbeigehen zu und lasse den Krankenschwestern ihre Arbeit erledigen. Draußen setze ich mich auf einen Stuhl und warte bis ich wieder zu Kelly kann.

Jetzt werde ich ihr dann einen meiner Lieblingserinnerungen erzählen. Ich glaube aber auch, dass es für sie schöne Erinnerungen sind. Diesen Tag werde ich nie vergessen und ich hoffe Kelly auch nicht...

[...]

Leise und vorsichtig schließe ich die Tür zu Kellys Zimmer. Die Schwestern haben ihre Arbeit getan und jetzt bin wieder ich dran.

Als ich mich wieder auf den Stuhl neben ihrem Bett setzte, bemerke ich, dass Maggy mir ein Müsli auf den Nachtkasten gestellt hat. Das hat sie schön öfter gemacht, wenn ich über Nacht bleibe.

Ich sehe wieder zu Kelly, wie sie hier so wunderschön liegt, und sich ihre Brust langsam auf und abbewegt. Darauf geachtet, dass ich ihr nicht irgendwie weh tue, lege ich meine Hand auf ihre Wange und streiche ihr mit dem Daumen über ihre Konturen.

Lange verweile ich noch so und schaue Kelly einfach nur an, wie sie da liegt. Dann nehme ich wieder die Hand von ihrer Wange und greife zu ihrer Hand.

Bevor ich anfange weiter zu erzählen, flüstere ich ihr zu "Ich liebe dich".


 


 

Harry


 


Ich weiß nicht ob das einer meiner besten Ideen bis jetzt ist, aber ein Versuch ist es wert. Es ist mittlerweile 23 Uhr abends oder nachts und ich gehe den langen Schotterweg entlang.


Warum Kelly damals so abweisend war, weiß ich noch immer nicht, aber ich hoffe ich finde es heute heraus.

Warum mich das überhaupt so beschäftigt, weiß ich ebenfalls nicht. Wir haben uns erst zwei mal gesehen, aber sie hat etwas an sich, dass ich bei keinem anderen Mädchen vorher bemerkt hatte. Sie gefällt mir einfach. Ihr Aussehen und auch ihr Charakter ist wunderschön.


Ich hoffe sie gibt mir heute nochmal die Chance meine Fehler vom letzten Mal gut zu machen, ich weiß zwar nicht genau, was ich falsch gemacht habe, aber es muss etwas gewesen sein. Wahrscheinlich bin ich ihr nur zu schnell auf die Pelle gerückt, denn wenige Mädchen mögen es beim ersten Treffen gleich in Unterwäsche schwimmen zu gehen oder sich im Wasser so zu nähern.


Wie konnte ich nur so dumm sein und auf die Idee, mit dem Schwimmen gehen, gleich beim ersten Treffen zu kommen. Aber in diesen Momenten ist es mir richtig vorgekommen und ich würde wahrscheinlich immer wieder das gleiche tun. Sie selbst hat ja auch Interesse gezeigt...


Jetzt muss ich aufhören mir den Kopf zu zerbrechen, denn ich bin mittlerweile schon im Hof von Kelly angelangt.

Ihr Haus versteckt sich zwischen den ganzen Bäumen in der Dunkelheit und auch alle Räume schauen dunkel aus. Nirgends scheint ein Licht außer das im Eingangsbereich herausen, welches anscheinend einen Lichtsensor hat.

Ich gehe auf die linke Seite des Hauses und gehe die Hausmauer entlang. Hier und da ist mir ein Busch im Weg, aber sie sind leicht zu überwinden.

Als ich an der linken hinteren Ecke des Hauses angekommen bin, bleibe ich stehen und gehe ein paar Schritte von der Mauer weg.

Wow! Erst jetzt fällt mir auf wie lange diese Hausmauer war, also wie groß das Haus von Kelly eigentlich ist. Beim Überwinden der Büsche ist mir das gar nicht aufgefallen.

Jetzt schaue ich rauf zu den Fenstern im ersten Stock und mir fällt sofort ein Fenster auf. Dieses Fenster ist einen Spalt offen und man erkennt einen kleinen Lichtschein. Das wird wahrscheinlich eine Nachttischlampe oder so etwas Ähnliches sein. Ich gehe noch ein paar Schritte zurück, in der Hoffnung mehr erkennen zu können, aber ich sehe noch immer gleich wenig. Ich gehe wieder näher zum Fenster und höre etwas.

Ich gehe noch weiter zur Mauer um vielleicht besser hören zu können. Dann höre ich sofort, was für ein Lied in diesem Raum gerade gespielt wir.

Stolen von Dashboard Confessional.

Kelly hat mir das letzte Mal erzählt, dass sie sich eine CD von der Band gekauft hat und sie das Lied liebt. Ich habe es mir gleich darauf mit einer CD von meiner Schwester angehört, und ich erkenne es jetzt sofort.

Dann muss das doch nur Kellys Zimmer sein!

Ich könnte etwas rauf rufen zu ihr, da sie ja das Fenster offen hat.

ABER was ist wenn es nicht Kellys Zimmer ist? Immerhin wird sie nicht die einzige Person auf der Welt sein, die Dashboard Confessional hört. Wenn es aber doch ihres ist, werde ich es bereuen, dass ich nicht gerufen habe.

Da fällt mir etwas ein, was ich tun könnte.

Ich gehe nach hinten, wo sich weitere Büsche befinden. Auf dem Weg zurück hebe ich einen Stein vom Boden auf und gehe hinter einen Busch.

Stehend werfe ich den Stein und er trifft auf den Fensterrahmen. Schnell vertecke ich mich hinter dem Busch. Gott sei Dank habe ich dorthin getroffen wo ich wollte. Wie peinlich wäre das gewesen, wenn ich die Scheibe eingeschlagen hätte.

Noch immer in meinem Versteck bemerke ich wie die Musik plötzlich ausgeschaltet wird. Ich starre durch die Blätter zum Fenster hinauf und muss traurig bemerken, dass sich nichts tut.

Ich verweile noch ein paar Minuten doch es herrscht Stille.

Dann beschließe ich einen weiteren Stein zu werfen. Himmel, lass es Kellys Zimmer sein!

Ich werfe einen etwas kleineren Stein als vorhin aufs Fenster und hoffe wieder den Fensterrahmen zu treffen. Doch dann verfehlt der den Rahmen und fällt direkt in das Zimmer.

Verdammt! Sofort bücke ich mich und warte nur darauf, dass mich jemand anschreit.

Aber ich höre noch immer nichts, gerade als ich aufstehen will höre ich jemanden.

"Ähm... also ähh... ich rufe jetzt dann.. hmm ... die Polizei, wenn... wenn... sie nicht sofort ver... verschwinden", stottert eine Stimme daher, die Person hinter der Stimme versucht hart zu klingen, aber es misslingt.

Ich sehe etwas auf. Kelly.

Ohne Nachzudenken stehe ich sofort auf und starre rauf zu ihr. Kellys Augen wandern im Garten herum, bis sie mich sieht, dann bleiben ihre Augen bei mir stehen, sie sagt aber nichts.

"Darf dich der Einbrecher für eine Stunde entführen?", rufe ich zu ihr hinauf.


 


 


 

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