Kapitel 4: "Ich habe mich so schnell an dich gewöhnt"

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Ich verzweifelte so langsam, denn ich fand den Haustürschlüssel von Damla nicht in ihrer Handtasche. Sie war immer noch in meinen Armen, stand jedoch auf eigenen Beinen und weinte sich an meiner Brust aus.
Manchmal entwich ihr ein leises "Wieso?".
Ich wollte zwar wissen, was sich dahinter verbarg, ob dass alles stimmte, doch es war ein ziemlich schlechter Zeitpunkt nachzufragen.

Und wo zum Teufel war dieser Schlüssel? Ich fand ihn einfach nicht.

"Links", flüsterte sie verheult. Ich konnte sie kaum verstehen, doch griff direkt an die linke Seite der schwarzen Handtasche. Da! Endlich! Ich hatte die Schlüssel endlich in der Hand und versuchte meinen Fuß zur Tür zu bewegen, doch plötzlich wurde mein Arm nach unten gezogen und Damla lag da, völlig am Zittern, mit blassem Gesicht und blauen Lippen. Ich zuckte vor Schreck auf und kniete mich zu ihr.

"Damla? Damla! Steh auf, bitte! Ich mache mir Sorgen! Damla! Ich brauche dich!", schrie ich.

"Ich kann nicht mehr", antwortete sie leise.

"Damla. Du musst aufstehen! Sonst wirst du krank! Du kannst nicht einfach aufgeben! Nicht jetzt!"

Da sie nicht aufstehen konnte, machte ich die Tür auf, umklammerte ihren Körper und trug sie rein.
Dann legte ich sie auf ihr Bett, deckte sie zu, ging in die Küche, machte ihr eine Wärmflasche und ging zurück ins Schlafzimmer um sie unter Damlas Decke zu tun.

Ich hatte völlig meine Mutter vergessen! Schnell rief ich sie an und sagte ihr Bescheid.

"Oğlum (mein Sohn), du kannst nicht bei einer Fremden bleiben.", sagte sie besorgt.

"Anne, sie braucht mich. Sie ist vollkommen verzweifelt und bricht andauernd zusammen.
Ich übernachte hier auf der Couch und komme morgen früh direkt wieder, okay? Wir haben jetzt schon fast 2 Uhr nachts, draußen ist es gefährlicher als hier. Also mach dir keine Sorgen", versuchte ich sie umzustimmen. Ich wollte bei Damla bleiben. Sie beschützen. Sie aufmuntern und ihre Stütze sein.
"Tamam oğlum, dikkat et kendine. (Okay mein Sohn, pass auf dich auf)", sagte sie kurz, verabschiedete sich und legte auf.

Am nächsten Morgen wachte ich früh auf und machte eine Suppe für Damla. Hoffentlich ging es ihr jetzt besser. Ich will nicht, dass sie sich selbst fertig macht nur wegen so einer Schlampe.

Ich wollte ihr helfen, bei ihrem Syndrom, bei all ihren Problemen. Dabei vergaß ich meine eigenen Probleme- aber das macht mich noch glücklicher. Denn über Derya nachzudenken wäre echt nicht gut für mich. Natürlich war sie nicht mein einziges Problem, aber den Rest meiner Probleme fand ich nicht so wichtig - oder doch, nur ich versteckte es ganz hinten in meinem gebrochenen Herzen und in meinem Gehirn.. Aber das war jetzt meine letzte Sorge, denn ich musste mich um Damla kümmern und ihr helfen. Wann sie wohl aufstehen wür-

"Du bist noch hier? Oh mein Gott, es tut mir so leid, ich bin so eine schlechte Person. Nicht mal eine Decke konnte ich dir rau-", meinte Damla verweint und mit tiefen, blauen Augenringen, doch ich unterbrach sie.

"Ich muss mich um dich kümmern, nicht andersherum. Ausserdem habe ich eine Decke gefunden und habe bequem auf der Couch geschlafen, danke dafür.", lächelte ich sie an, um sie aufzumuntern. Sie sollte nicht denken, dass sie eine Last für mich war, denn sie war es nicht.

Sie lächelte nur schwach zurück, was ich auch verstehen konnte, da sie echt fertig aussah.

"Ich werde es dir erklären, wenn ich kann, okay? Danke, dass es dich gibt", sagte sie nun glücklicher.

"Lass dir Zeit. Und ich danke Allah, dass es dich gibt.", antwortete ich noch glücklicher. Ich merkte förmlich wie meine Augen strahlten, einerseits weil es mich glücklich machte, wie sie glücklich ist und andererseits, weil micj ihre Worte glücklich machten. Danke, dass es dich gibt. Immer und immer wieder ging es mir durch den Kopf und mein Lächeln wurde breiter, was sie merkte. Sie lächelte jetzt noch mehr.

"Du machst mich glücklich, Deniz. Glücklicher als jeder andere Mensch auf der Erde.", sagte sie und ich glaube, dass ich rot wurde.

Jetzt kam sie näher an mich. Immer näher und näher. Unsere Augen trafen sich und keiner von uns beiden trennte sie. Sie umarmte mich fest. Sehr fest. Ich erwiderte ihre Umarmung und so standen wir lange da. Zu lange, denn die Suppe die auf dem Herd war, überschwemmte.

Schnell löste sie sich und versuchte die Suppe zu retten, was sie auch schaffte. Dann stellte sie den Herd auf 0, holte zwei Teller und zwei Löffel heraus, deckte den Tisch und wir setzten uns.

"Ich habe mich so schnell an dich gewöhnt.", meinte Damla.

"Und ich erst..", meinte ich verträumt.

Eine kurze Stille herrschte zwischen uns und wir löffelten unsere Suppen aus. Meine Augen huschten oft zu Damla rüber, die weiter aß. Sie hatte wohl sehr viel Hunger, weil sie sehr schnell aß. So ausgepowert wie gestern wollte ich sie nie wieder sehen. Aber jetzt ging es ihr bisschen besser, das sah man. Auch den zweiten Teller machte sie voll, dann aßen wir zu zweit unsere zweiten Suppen. Als sie sich hinsetzte, wartete sie kurz und legte ihren Kopf auf ihre Arme.

"Ich denke, ich bin bereit, dir alles von Anfang an zu erzählen, Deniz.", sagte sie beruhigt.

Was würde jetzt auf mich zukommen?

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