(117) 01.09.1991 - soul powers

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Schämend sackte mein Blick in die unfassbare Leere und ich konnte nicht mehr als ihre Worte immer wieder nachzureden. Ich hatte in der Tat verdrängt, was mit Myrte geschah und ich hatte auch nie nach ihr gesucht. Einmal war ich an diesem Ort, aber nur um nach Tom zu suchen und überging den Mord an Myrte. Tränen rollten abermals über mein Gesicht, ehe ich rücklings umgedreht wurde, sodass ich mich drehte. Immer wieder drehte ich mich und ich hatte nicht das Gefühl der Übelkeit. Ich hatte Myrte versprochen, dass wir immer Seelenverwandt blieben, wie konnte ich es zu lassen, dass sie aus mir herausgenommen wurde? Wie konnte ich zulassen, dass ich nur so dumm und naiv hinter dem wohl schärfsten Jungen herrannte ohne Aussicht auf eine Zukunft. Grummelnd sah ich mich um und stoppte in der Drehung. Ich hatte meine Eltern verloren. Ich hatte meine Geschwister verloren. Ich hatte meine beste Freundin verloren. Am Ende verlor ich mich in einem Strudel der Unterbehütung und der verlorenen Kindheit. Ich hatte mich immer um meine Geschwister gekümmert, bis ich sie vernachlässigte, bis ich die Pflichten meines Hauses geringschätzte und bis ich meine Prioritäten über Bord warf als ich die Wertschätzung von Muggelfeinden auf mir spüren konnte.

„... was deine Seele stärkt..."

Ich hatte immer gesagt, ich mache die Welt zu einem besseren Ort mit allerlei Zauberei und deswegen waren er und ich Gefährten, weil es bei ihm genauso war. Ich erinnere mich an ihn und ich hab ihn damals geschworen, wenn mich die Magie irgendwann erniedrigt und straft, so soll es ein Grund dafür haben. Und nun schwebte ich hier im Nichts und lächelte, weil ich dem Grund meiner Strafen mit Reue entgegentreten konnte. Damals als ich zum ersten Mal durch die Winkelgasse lief und Morfin mich alleine ließ, ging ich in diese zerfallene Tierhandlung und suchte mir ein Tier, der als Wegbegleiter mehr als perfekt schien. Ich brauchte nicht lange um ein passendes Tier zu finden. Das Tier wirkte auf mich wie ein kleiner Tiger, da er ziemlich groß und ein passend getigertes Fell trug. Im Gegensatz zu einem Tiger ist dieser Kater jedoch mit seinem plattgequetschten Gesicht ausgesprochen hässlich. Nicht für mich. Der Kater sah mich an und schnupperte erst meine ausgestreckte Hand, bevor er diese ableckte.

‚Wie viel wollen Sie für diesen Kater?'
‚Er ist ein unverkäuflicher Ladenhüter, mein Kind.' äußerte sich eine Verkäuferin mit einer hohen Stimme.
‚Aber er ist mir zutraulich und wenn ich es nicht besser wüsste, würde er gern aus diesem Käfig.'

Ich sah den Kater an. Dieser bestätigte diese Aussage in dem er seinen Kopf gegen meine Hand stieß. Die Verkäuferin verschwand zu einer zweiten Person. Diese kam keine Minute später wieder zu mir und sah zwischen dem Kater und mir hin und her.

‚Sie haben natürlich recht mit ihrer Aussage, jedoch glaube ich nicht, dass ich diesen Kater einfach so freiwillig verkaufen kann. Schließlich ist er ein Artefakt.'
‚Es ist ein Tier, kein Gegenstand.' berichtigte ich den Verkäufer.

Mit einem zufriedenen Blick und einem Kater in der Hand verließ ich zwei Stunden später das Geschäft, während Morfin mich misstrauisch ansah. Da er wusste wie man etwas in der Zauberwelt benutzte, hatte er bereits all meine von ihm besorgten Materialien, wie drei Garnituren als Arbeitskleidung in schwarz, Spitzhut für den Winter und auch ein Zinkkessel zu mir Nachhause liefern lassen. Krummbein war auf jeden Fall ein Seelenheil für mich. Jedes Mal, wenn er bei mir war, konnte ich deutlich spüren wie die Sorgen und negativen Gedanken verschwanden und Platz für positivere Ziele bereitstellte. Er war ein sehr mürrischer, doch sehr liebenswürdiger Kater.

‚:... und was deine Seele vorantreibt.'

‚Ich erinnere mich...'

Die Schlangen sahen mich verunsichert an. Ich konnte sehen, wie Abby dieses Gebilde aus ewigen Eis schwer zusetzte. Doch konnten wir hier nicht bleiben. Zu lange war der Weg und zu kalt war dieses Gebirge über das wir gehen mussten. Wir waren auf eine Wanderung um uns selbst zu finden. Es war uns allen wichtig, damit wir auch eine Erinnerung an unsere Eltern bekamen. Ich besah mir die verschneite Gegend um uns herum an und versteckte meine Tränen vor den Anwesenden. Ich konnte keine Schwäche zeigen, nicht vor meinen Geschwistern. Sie brauchten mich. Für ihnen war wie ein Fels in der Brandung. Zwar fragten sie oft, warum ich nicht trauerte oder nie weinte, aber dies ließ ich immer mit den Worten ruhen: Irgendwann werdet ihr das verstehen.

‚Woran kannst du dich erinnern?'
‚Ich dachte, du trauerst nicht, Haz?'

Ich lief zu meinen Geschwistern und sah mir weiterhin den Schnee an. Meine Lippen quälten sich zu einem Lächeln und auch mein Verstand hatte all die Monate noch nicht damit aufgehört daran zu glauben, dass sie noch irgendwo lebten.

‚Es war das Element von ihr.'
‚Von wem?' bohrt Abby nach.
‚Mutter!'

Als wir ein Lager aufgebaut hatten, sackten meine Brüder als Erste zusammen und wimmerten vor sich her. Abby, die Kleinste, war sehr einfühlsam und begleitete dieses Wimmern sofort. Seufzend sprang ich innerlich über meine Blockade und nahm sie seit langem wieder in die Arme. Zusammen wimmerten wir in dieser Höhle in den schottischen Highlands. Zum ersten Mal zeigte ich meinen Jüngsten, was ich all die Monate für sie zurückgesteckt hatte. Als Abby ihren Kopf erhob und uns alle wie es nur ging umarmte.

‚Wir sind ein Team.'

Diese Worte waren die Veränderung meines Seelenfensters. Innerlich schloss ich meine Augen und wünschte mir wieder bei ihnen zu sein. Ich wollte alles zusammen, doch ein Ziel brach rasch heraus und zwar endlich bei meiner Familie zu sein. Dieses Ziel überwiegte mehr als den Wunsch bei Tom zu sein. Ich wollte Myrte um Verzeihung bitten. Ich wollte all das gut machen, was ich zu meiner Lebenszeit versäumt hatte. Ich erhoffte mir daraus, endlich Klarheit über mein Leben zu bekommen. Oder Klarheit über meine Zukunft zu erhalten.

In diesem Moment als ich das dachte, öffnete ich meine Augen und blickte statt in die Augeninnenlider auf eine Lichtung in einem Wald. Es schien Nacht zu sein und das Blauschimmern rückte immer näher. Die schwarzen Bäume sahen aus wie Gestalten, wie Monster, die nur auf mich alleine gewartet hatten. Es schien mir, als würde ich hier richtig sein. Als wäre es der Weg aus der Gruft. Als wäre ich niemals in dieser gewesen. Aber wäre ich nie dort gewesen, würde ich nicht auf der Pfad der Wahrheit sein - von der ich abgekommen war.

Ich blieb in mitten der Lichtung stehen und sah mich umher. Es waren blaue Lichter, die wirklich mir immer näher kamen und immer wieder etwas Unverständliches vor sich hin wisperten. Bis sie mich am Körper packten und sie mich in dieses Licht einsogen. Schmerzhaft verkrampfte ich mich, ehe mir bewusst wurde, dass dieser Schmerz sich unreal anfühlte. Wie konnte das möglich sein?

Expecto PatronumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt