Prolog

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"Komm schon, Clarisse, sei keine Spielverderberin! Nur ein Schluck und wenn du dann nicht willst, kannst du aufhören!"

Daphne schwenkte die Flasche Vodka, die sie von zuhause mitgebracht hatte und schenkte mir ein vielversprechendes Lächeln. Maxon haute mir auf den Rücken und skandierte laut meinen Namen. "Cla-risse! Cla-risse! Cla-risse!" Liberty war schon abgedriftet. Sie wiegte sich von einer Seite zur anderen, im Takt eines für uns unhörbaren Songs. Ich zögerte immer noch. "Bitte." Ich sah zu Jaz. Er schenkte mir sein unwiderstehliches Lächeln und ich schmolz dahin. "In Ordnung." Ich nahm Daphne die Flasche ab und nahm einen großen Schluck. Sie strahlte übers ganze Gesicht und klatschte in die Hände. Jaz übernahm die Flasche und trank ebenfalls einen Schluck. Es fühlte sich intim an, seine Lippen an der Flasche, die meine Lippen wenige Momente zuvor auch berührt hatten. Doch der starke Alkohol wurde immer wieder herumgereicht und schon bald dachte ich nicht mehr an den Moment. "Lasst uns Wahrheit oder Pflicht spielen!", forderte Daphne und hopste aufgeregt auf ihrem Kissen herum. Auf einmal schaltete sich Liberty ein. "Oh ja! Das klingt cool." Offenbar war sie aus ihrem Delirium zurückgekehrt. Ich kicherte haltlos, als Maxon versuchte aufzustehen und mit verwirrtem Gesichtsausdruck auf den Boden plumpste. "Du... Du bist ja.... BESOFFEN!", brachte ich zwischen zwei Lachanfällen heraus. Daphne und Liberty fielen in mein Gelächter ein und auch Jaz konnte sich nicht beherrschen. Maxon fand das offenbar gar nicht lustig. "Mirisschlecht", nuschelte er. Jaz wurde ernst und zog sich an seinem Bett hoch, bevor er Maxon auf die Beine zog. "Ich hab keine Lust, dass du mir ins Zimmer kotzt. Ich bring dich ins Bad. Clary, kannst du Nachschub besorgen? Meine Mum bewahrt ihren Vodka in der Küche hinter dem Messerblock auf." Ich nickte wichtig, stolz darauf, so eine wichtige Aufgabe zu haben. Dann versuchte ich auch aufzustehen, aber der Boden schwankte so. Ich begann wieder zu kichern. "Daphneeeeeee. Du musst mir heeeeeeeelfen." Zusammen standen wir schließlich. "Willst du auch mitkommen, Liberty?", fragten wir unsere Freundin, aber sie schüttelte den Kopf und streichelte eine Stoffgiraffe, die sie irgendwo auf einmal herhatte. Daphne und ich machten uns auf den Weg nach unten. Im Bad hörte man Maxon würgen. Zum Glück waren Jaz' Eltern so wie fast immer nicht da und die Haushaltshilfe, die sich auch um ihn kümmerte, war vor längerer Zeit schon nach Hause gegangen. Die Küche war riesig, aber das störte uns nicht, schließlich waren die Küchen bei uns zuhause genauso groß. Der Messerblock war schnell gefunden, der Vodka auch und weil man ja nicht auf leeren Magen trinken soll, nahmen wir auch noch eine Tüte Chips und zwei Tafeln Schokolade mit. Oben angekommen stellten wir fest, dass Maxon immer noch nicht fertig war. "Wo bleibt der denn?", fragte Liberty. "Ich guck nach", erklärte ich mich bereit und stolperte wieder aus dem Raum. Das Würgen im Bad war verstummt. Ich klopfte an. "Alles ok?" Jaz öffnete die Tür. "Ja, er hat sich beruhigt. Wir kommen gleich." Ich nickte. "Wir machen schon mal die Flasche auf." Dann stolperte ich zurück zu seinem Zimmer. "Sie kommen gleich", gab ich Bescheid. "Libby ist weggedöst. Wir sollen sie wecken, wenn wir anfangen zu spielen", erklärte mir Daphne. Ich nickte und setzte mich neben sie. Liberty hatte ihren Kopf auf Daphnes Schoß gelegt, also musste ich mit ihrer Schulter vorliebnehmen. Dann kamen auch schon Maxon und Jaz wieder. Wir weckten Libby und begannen zu spielen.

Dieser Abend markierte den Beginn unserer Liebschaft mit dem Alkohol. Und das im zarten Alter von 13 Jahren.

Bis heute hat sich nicht viel geändert. Maxon fängt immer noch nach der ersten Flasche an zu kotzen. Dafür verträgt er danach umso mehr. Daphne wird mit jedem Drink unwiderstehlicher und bereits um zehn Uhr liegt ihr jeder zu Füßen. Liberty benimmt sich ein wenig merkwürdig, aber man sollte mit ihr nicht um die Wette trinken, sie trinkt jeden unter den Tisch, sogar Maxon, obwohl sie vielleicht ein Drittel von dem wiegt, was er in den letzten Jahren an Muskelmasse zugelegt hat. Jaz bleibt Jaz, egal, wie viel er trinkt. Lustig, charmant, freundlich, aber immer die Idee im Kopf, um uns alle in die Scheiße zu reiten. Glücklicherweise ist er auch wortgewandt genug, um uns bisher jedes Mal wieder rauszuziehen. Und ich? Was passiert, wenn der Vodka mein Blut ersetzt? Wenn ich Bier statt Urin pisse? Wenn ich Cocktails statt Speichel mit den wechselnden Typen austausche? Verändere ich mich oder bleibe ich gleich? Ich weiß es nicht. Ich bin besser darin, andere zu beobachten, als mich selbst.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 03, 2016 ⏰

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