Degradiert

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„Ich habe eine Idee!"; flüstert Kevin leise, als wir eine Brüder Sitzung halten. Joe schaut ihn erwartungsvoll an. Ich aber weiß, dass Kevin kaum gute Ideen raus bringt, zumindest welche die einen auch Nützen könnten. Ich reibe mir die Augen, damit sie sich an die Dunkelheit gewöhnen. Seit wir klein sind, vollführen wir unsere abendlichen Brüder Diskussionen bei absoluter Dunkelheit. Einzig eine kleine Nachttischlampe an Kevins Bett spendet ein wenig Licht. „Verlass das Land. Zieh nach Spanien", stolz funkeln mich seine dunklen Augen an. Joe kichert. „Nach Mallorca. Nachts trittst du dort irgendwo auf und tagsüber verkaufst du unsere Alben!". „Genau!", stimmt ihn Kevin zu. Würde ich nicht soweit weg von den beiden sitzen, würde ich jeden einen Schlag auf den Hinterkopf geben. Kevin aber führt seinen Tagtraum weiter: „Wir singen dann Lieder auf spanisch!". Gerade als Joe nickend zustimmen will, verzieht er sein Gesicht. „Wir können kein spanisch, Kev!", lacht er. Kevin kratzt sich an seinen Lockenkopf und nickt zustimmend. „Ich habe eine Sonnenallergie", bringe ich schnell hervor, bevor sie mir noch ein Flugticket nach Mallorca buchen. Und das stimmt sogar, wenige Minuten nach ungehinderter Sonnenstrahlung bin ich voller kleiner roter Stippen auf meiner Haut, die wahnsinnig jucken. „Mist!", sagen sie synchron. „Ich kann nicht davonlaufen", flüstere ich. Ich kann es nicht mehr rückgängig machen. Ich stehe dazu und mein Ziel war es, dass Dad es auch tut. „Erkläre es ihm nochmal. Bevor du davon rennst!".

Da hat Kevin Recht. „ Es ist, als würde ich gegen eine Wand laufen! Er hört mir ja gar nicht zu". Ich habe es ihm mehrfach erklärt und auch nach seinen Beweggründen geforscht, warum er es nicht öffentlich macht und es lieber kompliziert lässt.

Joe streckt sich und gähnt. „Schreib einen Song". Kevin hört garnicht mehr zu, sondern steht langsam auf und stolpert in sein Bett. Anscheint ist die Brüder Sitzung für beendet erklärt. Mit einem gekonnten Tritt, kickt mich Joe von seinem Bett und schlägt still die Bettdecke über seinen Körper. Nachdenklich sitze ich auf den Boden und lasse mir unser Gespräch durch den Kopf gehen. Fest steht, ich werde nicht auswandern. Aber die Idee von Joe ist gar nicht so verkehrt. Einen Song würde er sich niemals entgehen lassen, auch wenn er derzeitig nicht mit mir redet und es vorzieht Bemerkungen an mich gerichtet, kindisch über meine Mum oder Kevin laufen zu lassen.
Mum schüttelt dabei nur den Kopf, führt aber trotzdem den Auftrag zu Ende, aber auch nur wenn ich es nicht selbst gehört habe. Kevin aber, blüht richtig darin auf, er wiederholt selbst die wenigen Worte meines Vaters, wenn ich sie selbst vernommen habe. Entschlossen springe ich auf. Leider doch etwas zu schnell. Mit meinem kleinen Zeh knalle ich vor die Kante von Joes Bett und hüpfe einige Zeit durch unser Zimmer und unterdrücke wehleidige Schluchzer. Trotzdem übermannt mich mein Elan und ich setze mich sofort an das Keyboard neben meinem Bett. Ohne lange zu überlegen fange ich an, wie wild auf die Tasten zu drücken und nach wenigen Minuten habe ich eine simple aber gute Melodie. Auch den Text habe ich schon grob zusammen.

Leise flüstere ich vor mir immer wieder Textabschnitte her. Schreib etwas mit, zerreiße alte Ideen und überhöre gedankenverloren die Beleidigungen von meinen Brüdern. Zum Glück ist keiner von beiden gut in zielen, denn auch die Kissen die sie an mir vorbei werfen, irritieren mich gar nicht.

Eifrig hämmere ich immer wieder in die Tasten meines Keyboards. Irgendwann spät in der Nacht bin ich wohl eingeschlafen, denn Kevin schüttelt mich am nächsten Morgen wach. Verschlafen reibe ich mir meine Augen. Wie spät mag es wohl schon sein? Welchen Tag haben wir heute? Habe ich noch Zeit alles aufzunehmen, bevor Dad abhaut?

„Vor der Tür steht ein Mädchen für dich", krächzt er hervor. Wahrscheinlich ist auch er noch nicht lange wach. Erst Sekunden später verstehe ich, was er mir sagen will. „Liv?", ich bin sofort wach und springe auf. Lächelnd nickt er. „Aber pass auf, dass Dad sie nicht sieht. Mit ihm ist noch immer nicht gut Kirschen essen!". Er reißt mir das Blatt aus den Händen und inspiziert es.
Neugierig spielt er die Akkorde und summt den Text vor sich hin. Ich stehe noch immer wie angewurzelt neben ihn. „Willst du nicht zu ihr?". Meine Antwort kommt nur als kleines Flüstern über die Lippen, doch das reicht, sodass Kevin meine Unsicherheit spürt. Er drückt mich zu mein Bett und befiehlt mir, mich zu setzen. „Was ist denn los?". Ich weiß nicht warum ich mich darauf einlasse, mich für einen Moment mit Kevin über meine Gefühle zu unterhalten. Es hat wahrscheinlich nichts zu bedeuten, warum sie vor unserer Tür steht. Aber ich spüre immer dieses beben in meinem Körper, wenn sie bei mir ist. Ich kann es deuten, immerhin bin ich nicht blöd. Ich lächle müde. „Ich weiß nicht. Ich bin nicht gut für sie", gebe ich zu. Sein lockiger Kopf nickt wissend. „Ich habe Angst, dass ich mir Gedanken mache, wie es mit uns klappen könnte. Ich habe Angst davor, Hoffnungen für uns zu schöpfen, um dann nur härter auf den Boden der Tatsachen zu fallen. Wir führen zu unterschiedliche Leben!", führe ich fort und starre auf meine Hände. Ich stelle mir vor, wie sie kribbeln, wenn ich Liv durch die Haare fahre. Meine Lippen fangen an zu pochen, ich schmecke den Geschmack ihrer zarten Lippen. In meinen Ohren höre ich das Blut rauschen, erinnere mich an die warmen Klänge ihrer Stimme. All diese Sinne die ich nicht mehr erleben könnte, wenn ich sie fallen lasse.

„Hast du ihr deine Gefühlslage erklärt?", wispert er und legt mir brüderlich seinen Arm um die Schultern. Ich lächle schwach. „Ich weiß nicht, ob sie es versteht". Kevin zuckt mit den Schultern: „Wie willst du es wissen, wenn du es nicht versucht hast?". „Du darfst nicht immer so viel über alles nachdenken, Nick. Du sagtest sie ist ein schlauer Mensch. Ziehe keine voreiligen Schlüsse, nur weil sie für dein schlaues Köpfchen logisch klingen. Lass dich nicht von ihrer Krankheiten Diagnose beeinflussen, bilde dir eine eigene Meinung über sie und ihren Eigenschaften. Vielleicht unterschätzt du sie". Die Verwirrung steht mir deutlich ins Gesicht geschrieben. Hat das gerade wirklich Kevin gesagt? Für einen Moment ist auch mein Bruder positiv überrascht, bevor er weiter redet: „Gib ihr die Chance es zu verstehen. Egal für was du dich entscheidest, Liv hat jedenfalls das Recht dazu, deine Gefühle offenbart zubekommen!". Ich mache meinen Mund auf, möchte etwas sarkastisches erwidern, doch bringe keinen Ton über die Lippen. Die Aussage trifft mich mitten ins Gesicht. Er hat Recht. Mein großer verpeilter und kindischer Bruder hat ausnahmsweise Recht und trifft den Nagel auf den Kopf. Besser gesagt den wunden Punkt bei mir. Ich habe mir vorgenommen, sie nicht zu verletzen, es wäre sehr schlimm ihr armes schon degradiertes Herz noch mehr zu verletzen. Kevin klopft mir aufmunternd zu und zieht mich am Ellenbogen hoch. Zwinkernd dreht er sich um und spaziert zu seinem Bett. Selbstsicher setze ich mich in Bewegung. Egal wie ich mich entscheide, ob für Liv oder gegen sie, ich liebe Sie, sie hat ein Anrecht darauf, es gestanden zu bekommen. Kevin räuspert sich hinter mir. „Allerdings solltest du etwas anziehen!". Unbehaglich schaue ich an mir herunter. Einzig eine Boxershort und Socken trage ich. „Sie soll mich kennenlernen wie ich bin", druckse ich trotzig hervor, peinlich berührt von meiner Verpeiltheit kratze ich mir am Hinterkopf.
„Hast du deine Eitelkeit bei Seite gelegt?", lacht er und dreht sich hastig wieder um, als er meinen bösen Blick abbekommt. Also mache ich noch einen kleinen Abstecher an meinem Kleiderschrank vorbei, bevor ich Liv gegenübertrete.

Bemerkung: Falls in der Geschichte zwischenzeitlich vereinzelt Wörter zusammengeschrieben sind. Verzeiht mir. Ich weiß nicht ob es nur bei mir so ist. Aber wenn ich ein Teil hier hochlade, passiert es einfach. Ich versuche jedoch alles nochmal zu überarbeiten. Aber es kann sein, dass ich doch hin und wieder einen übersehe. :)

Be different (Nick JONAS) *beendet* Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt