"Wie ist es?", fragt sie und schaut ihm interessiert dabei zu wie er einen Joint baut. Geschickt rollt er ihn auf und dreht ihn vorne zu. Grinsend steckte er ihn sich zwischen die Zähne und holte ein Feuerzeug heraus. Sie bewundert seine Geschicklichkeit dabei, als hätte er diesen Ablauf schon 1000 mal durchgeführt.
"Fantastisch.", er zündete den Joint an und zog.
Der erste Zug brennt ihm im Hals. Und schon setzt die Wirkung von Marihuana ein. Als würde das Bild vor seinen Augen im Rythmus seines Herzen pulsieren. Es ist warm hier drinnen. Die Fenster sind offen, Sonne scheint rein, ein heißer Sommertag im staubigen Berlin.
"Werde ich etwas sagen was ich nicht sagen will?"
"Vielleicht.", er nimmt noch einen tiefen Zug. Schließt kurz die Augen. Genießt das Gefühl langsam zu versinken. Dann reicht er den Joint an Ivy weiter, bläst Ringe in die Luft.
Aufregung durchströmt sie. Als sie den Joint in den Mund nimmt und den Rauch in ihre Lunge saugt brennt ihr Hals. Sie hustet. Sie weiß, dass das normal ist. Marlon hat ihr alles erklärt. Sie dachte nicht, dass es so schnell gehen würde. Doch ihre Hände fangen leicht an zu zittern. Sie fühlt sich leichter. Noch einen Zug. Und noch einen. Dann gibt sie den Joint wieder weiter.
"Es passiert glaube ich schon etwas...", und dann plötzlich, ohne irgendeinen Grund lacht sie auf. Schnell schlägt sie sich die Hand vor den Mund. Und schnell gibt sie sich dem Lachen wieder hin. Marlon grinst. Oh ja. Es wirkt.
Ivy kann sich nicht halten. Sie lacht bis ihr der Bauch weh tut. Schon etwa eine halbe Stunde. Oder es sind nur 2 Minuten. Sie hat das Zeitgefühl verloren. Alles ist ganz weich. Manchmal ist sie da. Und manchmal sieht sie Marlon nur wie durch einen Fernseher. Der Raum mit den Wänden voll Postern und Zeichnungen scheint sich zu bewegen. Die braune Couch auf der sie sitzen ist plötzlich viel größer. Sie versinkt darin. Wie in Treibsand. Und während sie die Wirkung von Drogen erst entdeckt gibt sich Marlon dem allen voll hin. Er rauchte den Joint auf und fällt dabei zurück durch die Zeit. Er sieht Träume die er schon lange vergessen hatte. Erinnert sich an Erlebnisse als wären sie aus einem Film.
Und dann fällt er zurück in eine Welt von vor 7 Jahren. Als er noch jünger und noch dümmer war. Er hebt ab. Lässt die bunte Gegenwart zurück und schaut sich in der nun verblassten Erinnerung der Vergangenheit um.
Ich hasse die ganze Welt, denn ich hab' gar nichts. Nur Drogen, falsche Freunde und ne Menge Weiber. Jeden Abend auf der Straße, seid ein Mann im Park mir weißes Pulver in die Hand gedrückt hat. Ich wusste es lässt mich alles anders sehen, dann lass ich mich gehen. Mit meinen Jungs vertick ich den Stoff, nachts in dunklen Gassen, am Tag in unsrer Schule. Kein Problem. Die Lehrer ahnen nichts. Bin eh selten da. Schwänze Montags immer, bin zu kaputt vom feiern am Wochenende. Denn da gehn' wir in den Club. Sind alle drauf, sind alle besoffen. Doch das Business läuft. Drogen verkaufen sich gut heut' Abend. Und ich fick die Bitches mit den größten Titten. Und wenn keine guten da sind trink ich sie mir schön. "Bring mir den Wodka! Bring mir Rum!" Und dann pack ich noch mein Gras aus, mach mir den Kopf frei. Carl und die andren lassens Koks schneien. Schmeißen X und andre bunte Pillen. Oh ich lieb das Business , lieb das Geld, und lieb die Bitches. Ich nehm viel Drogen und bin gern High. Das ist mein Leben. So ist's richtig. Egal was andere meinen. Denn ey! Keiner Lebt ewig. Wir laufen mit unserer Gang rum, die Köpfe sind leer, eigentlich machen wir nur Kohle mit verpackten Träumen. Weißem Pulver, Gutes Weed, bunte Pillen. Und haben wir selbst Träume ertränken wir sie im Alk. So läuft das. So ist das. Das Wort Vernunft kenn' wir alle nicht mehr seid wir 15 sind. Schule wird zur Nebensache, Mathe halt ich nur noch aus wenn ich drauf bin. Denn ich gehöre nicht hier her. Ich gehöre auf die Straße zu den Jungs und zu den andren miesen Typen, wie ich einer bin.
Ivy hat aufgehört zu lachen. Sie hat hunger. Doch Marlons Kühlschrank ist leer bis auf zwei Dosen Bier. Aber Gras und Alkohol mischen scheint keine gute Idee. Besser sie setzt sich zurück neben Marlon. Der hat Musik angemacht und sich zurück gelehnt.
"Hast du wirklich nichts zu essen?", sie lacht wieder kurz und will sein Gesicht berühren. Es scheint so unendlich weit weg. Und dann fällt ihr ein. "Wie viel Uhr haben wir?" Endlich bewegt er sich und schaut auf seine Armbanduhr. "21 Uhr 29." "Rede ich zu viel?" Sie hat das seltsame Gefühl alles auf einmal zu sagen und doch nicht gehört zu werden. Als wäre sie der einzige Fisch in einem Aquarium und von außen starren sie alle an. "Ja."
Die Drogen lassen mich schweben ich lass mich voll gehen. Bin ruhig. Das Gras bringt mich zum lächeln. Sogar über Ivys Bekifftes Gerede muss ich jetzt lachen. Sonst tu ich das selten. Aber jetzt bin ich high.
"Ivy?", er schaut sie sich genau an. Ihre ebene, weiche Haut, ihren braunen Afro, ihre schokoladenbraunen Augen und ihre wohlgeformten Lippen. Alles an ihr sieht gut aus. Ihre Augen rot gerändert, die Äderchen sind zu sehen. Sie ist high. Auf Wolke 8, wie er. "Hm?", sie bemüht sich offensichtlich ruhig zu bleiben. Schaut abwesend aus dem Fenster. "Ich war ein Idiot. Ein Straßenjunge. Ein Junkie. Und ein schlechter Mensch." Jetzt schaut sie zu ihm. Er hat den abgebrannten Joint noch in der Hand. Legt ihn jetzt in den Aschenbecher auf dem Sofatisch.
"Dann hab' ich dich getroffen Ivy. Du reißt die Mauern ein die mich umgeben wie ne Abrissbirne. Mit dir stehe ich nicht alleine da. Ich gehöre nur dir. An dich denken ist nicht wie Steine im Magen sondern Schmetterlinge im Bauch-" Sie unterbricht ihn schnell. "Man nennt es verliebt sein." Sie lacht und drückt ihm einen unkoordinierten Kuss auf die Wange.
"Aber du willst etwas ganz anderes als bloß mich. Du willst, dass ich meine schlechten Gewohnheiten ändere, aufhör mit den Drogen, der Party und ich soll den zwielichtigen Leuten aus dem Weg gehen. Geht halt schlecht, bin doch selbst einer."
Ich frag mich leise, ob das alles hier zu nichts führt und wäre es besser, ich verlass dich? Aber das klingt wie Selbstmord nach der Zeit die wir hatten. Was soll ich tun? Soll ich gehen, soll ich bleiben? Eigentlich ja auch egal, Hauptsache mit dir.
"Ich mache alles für dich. Alles für dich Baby. Ich weiß ich hab' keinen guten Abschluss, hab' auch nicht studiert. Komme aus einer kaputten Familie. Kann dir nichts bieten, außer Pizza und Bier."
Und sie lacht, nimmt sein Gesicht in die Hände und sagt:
"Ich brauch kein Geld, ich brauch keinen Typen im Anzug, dein Abschluss ist mir scheiß egal. Denn was zählt ist ob wir glücklich sind. Und alles was ich dazu brauche bist du. Denn alle andern sind normal und alle andern sind langweilig. Du bist eher wie ein brennendes Haus - in dem ich leben will."
Und sein Herz schlägt schneller. Es pulsiert zu schnell in seiner Brust. Er spürt nur diesen unendlichen Raum, und diesen Rhythmus. Und Marlon sieht nur ihre braunen Augen. Spürt ihre Hände an seinen Wangen. Schließt die Augen und hält diesen Moment genau so in seinem Kopf fest. Und dann sagt er was er denkt. Ohne darüber nach zu denken.
"Überleg dir das zwei mal.", es war nicht mehr als ein raues flüstern.
"Du weißt was ich von dir denke. Für mich bist du mehr als perfekt. Ich werd' nicht so tun als wäre ich der harte Kerl der ich nicht bin. Ich bin verliebt und du weißt es. Seit ich dich kenne glaube ich an Seelenverwandte. Denn einfach alles passt. Aber was soll ich jetzt tun? Dich mit in den Abgrund reißen. Auf den Boden. In den Dreck. Wo ich lebe. Du weißt ich gehöre dir. Aber du kannst gehen wenn du willst."
Sie weiß nicht woran das liegt. An den Drogen. Oder an seinen Worten. Sie hat auf einmal schreckliche Angst. Dass er auf einmal weg sein könnte. Sie nimmt ihn richtig war. Nicht wie durch eine Glasscheibe. Er ist bei ihr. Auf ihrer Seite. Sie sind auf der Selben Wellenlänge. Und sie möchte nie mehr ohne ihn sein. In der Realität und hier nicht. Niemals-
"Tu was dein Herz sagt. Ich hoffe einfach du bleibst bei mir."
"Dann bleibe ich für immer.", sagt Marlon. Und Ivy lacht, verliebt und high.
"In guten und ich beschissenen Zeiten. Wenn ich nüchtern oder drauf bin. Egal wie alt und hässlich wir irgendwann sind. Egal ob high oder nicht."Und er lächelt. Und sie tut es auch.
Dann küssen sie sich. Und es ist als würden sie schweben.
Auf Wolke 8. Zu High.
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High
Short Story"Der Raum mit den Wänden voll Postern und Zeichnungen scheint sich zu bewegen. Die braune Couch auf der sie sitzen ist plötzlich viel größer. Sie versinkt darin. Wie in Treibsand. Und während sie die Wirkung von Drogen erst entdeckt gibt sich M...