Prolog

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Eleanore Young starb an einem Mittwoch.
Es war ein ausnehmend schöner Tag gewesen; Beth - das Hausmädchen, dass Mr. Young zur Pflege seiner Gattin eingestellt hatte, da er sich trotz des guten Gehalts, das ihm das Merton College bezahlte, keine echte Krankenschwester leisten konnte - hatte Mrs. Youngs Schlafzimmerfenster geöffnet, um die frische, warme Aprilluft und die vielfältigen Blütendüfte, die in ihr lagen, herein zu lassen, nachdem sie Eleanore den Nachmittagstee gebracht hatte.
Nachdenklich hatte Eleanore in ihre Tee Tasse geblickt, einmal mehr die kräftige, grünlich-goldene Farbe und das sanfte, aber würzige Aroma des exquisiten Tees, den ihre Freundin Clementine ihr gebracht hatte, bewundert. Sehnsüchtig dachte sie daran, wie schön es doch wäre, diesen exzellenten Tee draussen unter dem blühenden Gold- und Blauregen in der von Hyazinthen, Lilien und Veilchen umgebenen Gartenlaube zu geniessen, wie sie es früher oft zu dieser Jahreszeit mit ihren Freundinnen zu tun gepflegt hatte.
Ach, es war so ungerecht, dass Beth sie noch immer das Bett hüten liess. Der schlimmste Teil ihrer Scharlacherkrankung war doch schon seit Wochen überstanden und obwohl sie noch leichtes Fieber hatte, fühlte sie sich doch eigentlich ganz wohl.
Sicher würde es sie nicht umbringen, den Tee draussen einzunehmen. Sie würde Frederik am Abend darum bitten, es zu erlauben.
Dies war Eleanores letzter klarer Gedanke, bevor fürchterliche Kopfschmerzen sie wie aus dem Nichts befielen und ihre rechte Hand mit der Teetasse kraftlos und taub auf die feine, rosafarbene Decke sank. Sie wollte nach Beth rufen, doch kaum ein verständliches Wort verliess ihre Lippen.
Als das Hausmädchen ins Zimmer ihrer Herrin zurückgekehrt war, hatte Eleanore leblos und kaum noch atmend zwischen den bunten Kissen gelegen und obwohl Beth sofort nach dem Arzt geschickt hatte, war der Kampf um das Leben der jungen Mrs. Young bereits so gut wie verloren gewesen.


Der Apfelbaum in der DämmerungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt