Ich will nicht sterben

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Geblendet von den verrauchten Sonnenstrahlen, verdreckt von gesprengter Erde, blutend von der betäubenden Druckwelle...

Geschwächt erhob ich meine lastende Hand, der zerstörten, von Bomben zerfetzten Gegend in ihrem grausamen Anblick zu verfallen. Schutt, Asche, Tote... All dies, was nicht vor Augen eines friedsamen, jungen Vaters gehört. Die Schüsse, das Schreien sämtlicher unschuldiger Menschen und Verletzte, das ohrenbetäubende Explodieren der Bomben noch immer bei mir, doch zog es langsam weiter.

Ein kleiner Junge rannte über die staubige Straße. Schnell, aber humpelnd. Ich betrachtete geschwächt seinen Fuß, der schräg zur Seite stand. Er erinnerte mich an meine Frau, hochschwanger wartend, dass ihr Mann heile und gesund nach Hause kommen und das kleine Neugeborene, sein erstes Kind, klein und zerbrechlich, in seinen starken Armen halten würde.

Stille...

Ich rollte meinen Kopf zur Seite, spürte den stechenden Schmerz meiner Gelenke und Sehnen, wie eingerostet, aber nicht tot. Langsam wischte meine rechte Hand über den sandigen, unruhigen Boden. Er war heiß. Es stach und ich spürte, dass ich noch leben musste. Vorsichtig drückte ich mich an der Wand hoch. Meine Weste schlürfte laut an der steinigen Mauer entlang. Druck auf den Knien, doch störte es mich nicht.

Ich sah sie, so wunderschön...

Ihre Augen, blau schimmernd wie Kristalle, Haut so weich und hell. Ihre geschwungenen sanften Lippen, die immer zu lächelten. Haare wie ein Engel. Ihr großes Herz, so voll mit Liebe. Alles war an ihr perfekt.

Dann sah ich ihren Bauch, so rund...

Mein Baby... Zart, zerbrechlich und hilflos. Wahrscheinlich wartete es auf mich. Wartete, dass Daddy nach Hause kommt. Streichelt, wiegt und abends Geschichten vorließt.

Meine Augen füllten sich mit glänzenden Tränen, rollten über meine brennende Haut, bis über meine spröden, matten Lippen, die vor Schmerz die Winkel anzogen. Ich griff in meine zerzausten, kurzen mit Staub bedeckten Haare. Knickte ein, spürte das Leben in meinem Herzen... Hass!

Sah schwarz, Dunkelheit. Nein, die Sonne ging unter. Oder? Ich stolperte über meine Füße. Nein, über seine Füße, die, von meinem toten Kameraden. Er schlief... so sagte ich es mir. Schwenkte weiter, krächzte. Atmete Staub. Hustete Blut. Hielt mich an der halben Säule und schloss meine Augen.

Ich will nicht sterben.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 21, 2016 ⏰

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