"Das Imperium von Bihar wuchs im Lauf der Jahre immer stärker an. Seit seiner Gründung im Jahr 6005 unserer Zeitrechnung hatte es zahlreiche Krisen überstanden und viele gute Zeiten erlebt. Allerdings hat sich der Imperator viele Feinde gemacht, sodass das Reich in den letzten Jahren häufig von Aufständen erschüttert wurde.Vor knapp hundert Jahren, im Herbst des Jahres 8280, erhoben sich die unterdrückten Orksklaven. Der Imperator Vassil II. ließ den Aufstand blutig niederschlagen und begann, alle Orks des Biharischen Imperiums zu bestrafen. Sie wurden enteignet und zur Arbeit in der Armee gezwungen. Dieser Feldzug gegen einen Großteil der Bevölkerung führte zu einer Hungersnot im Winter in den ärmeren Teilen des Reiches, wo die Orks wichtige Arbeitskräfte gewesen waren. Mehr und mehr formierte sich Widerstand gegen das Imperium und seine Schergen. Im Frühling des nächsten Jahres brodelte es im ganzen Reich - eine Stimmung, die ein Mann ausnützte, um an Macht zu kommen. Manche nannten ihn Strid, was sein Geburtsname war. Andere kannten ihn als Orodarf. Die Geschichte wird sich aber anders an ihn erinnern.
Er fachte das Feuer in der Bevölkerung weiter an. Durch seine Machtspiele kam es im Somner 8281 zur Rebellion in drei Vierteln des Reiches. Es bildeten sich neue Staaten: Der Freibund, das Königreich Drekan, das wiedergegründete Reich von Stalrech und die wilden Lande, weit im Westen von Drekan. Drei Jahre tobte der Bürgerkrieg, bis das Biharische Imperium kapitulierte. Es war Orodarf, der davon am meisten profitierte. Allerdings wurde er kurz nach dem Sieg vom Imperium gefunden und eingesperrt. Am 15. Tag des achten Mondes 8284 wurde er zum letzten Kampf in der Arena des Blutes gezwungen und dort hingerichtet. Sein Leichnahm verschwand jedoch drei Tage nach dem Kampf. Man sagt, seine Freunde hätten die Leiche genommen und ihn im Wildland bestattet. Die Tür zu seinem Grab wäre mit neun Schlüsseln versiegelt worden, und jeder seiner Freunde habe einen davon versteckt. Doch das ist vermutlich nur eine Legende, wie sich viele um große Männer wie ihn ranken.
Manche nannten ihn Strid, den Erben von Ingsen. Andere verehrten ihn als Orodarf, den blutenden Helden. Heute spricht jeder Chronist lediglich vom Bergwolf und der Bergwolfrebellion.
Oron Garafin, Chronist der Festung Dunkelstein, Königreich Drekan, 8385
Sekair rannte. Der junge Mann musste sich beeilen, denn er war Blasmodins letzte Chance. Er hörte die Männer der Wirtsbande hinter sich, die ihn verfolgten. Mit aller Kraft aktivierte er seine letzten Kraftreserven und sprintete in den Schutz der Bäume des nahen Waldes.
Im Licht des Vollmonds war es einfach gewesen, die Fesseln zu lösen und aus der Burg Ratbars zu entkommen. Er war als einziger im Burghof liegen geblieben, warum, wusste er nicht. Kurz bevor er jedoch ganz außer Reichweite gekommen war, hatten ihn die Wachen der Wirtsbande gesehen. Sofort hatten sie die Verfolgung aufgenommen.
Vorsichtig lief Sekair weiter. Er hatte zwar für einen Menschen eine gute Dunkelsicht, aber selbst ihm fiel es schwer, mitten in der Nacht durch den dichten Wald zu rennen. Als sich vor ihm eine Abzweigung auftat, hatte der Mensch eine Idee.
Er schwang sich auf einen Baum in der Nähe und kletterte behände in die Krone. Oben angekommen, beruhigte er seinen Atem und verbarg sich im Geäst.
Aus der Richtung, aus der er gekommen war, leuchtete das Licht einer Fackel. Ängstlich machte sich Sekair noch kleiner und zog sein grünes Wams zusammen. Es waren vier, in braune Lederrüstungen gehüllt und mit gezogenen Streitäxten in den Händen. Der vorderste hielt noch eine Fackel. Als sie an die Abzweigung kamen, fluchte der vorderste. Die nachkommenden schienen auch nicht begeistert zu sein. Sekair fiel auf, dass der letzte des Trupps hinkte.
"Wir haben ihn verloren", rief der Fackelträger wütend. Er spuckte auf den Boden. Der zweite in der Reihe, ein Ork, kniete sich hin und blickte auf den Pfad. Er schien die Spuren am Boden zu studieren. Die anderen drei schwiegen, um ihn nicht zu stören.
Schließlich stand der Ork auf und sprach: "Ich weiß nicht, wohin er gerannt ist. Der kleine Menschling ist ein Profi. Er könnte links oder rechts gegamgen sein, vielleicht auch geradeaus durchs Dickicht." Der Fackelträger fluchte derart, dass Sekair beeindruckt versuchte, sich diese Schimpftirade zu merken. Der Hinkende sagte ängstlich: "Ratbar wird uns den Kopf abreißen, wenn der Kerl entkommt." Der Fackelträger nahm die Fackel und löschte sie. Dann drehte er sich zu den anderen und sprach: "Du gehst nach links. Ihr beiden", er zeigte auf den Ork und die dritte Person, eine Frau mit blondem Haar, wie Sekair erkannte, "ihr geht geradeaus und sucht im Dickhicht nach Spuren. Ich gehe rechts rum." Die anderen nickten zustimmend. Offensichtlich waren sie sich Befehle von dem Kerl schon gewöhnt.
Sekair wartete ab. Er zählte bis zwölf (weiter kam er nicht), machte das zwölfmal und wiederholte es nochmal. Erst als er sich komplett sicher war, dass die Schergen Ratbars verschwunden waren, kletterte er vom Baum hinunter und machte sich schleichend auf den Weg zurück zu seinen Freunden.
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Die neun Schlüssel
FantasyEin unlösbares Geheimnis, vergraben hinter einem Tor, das nicht gefunden werden kann, mit einem Schloss für neun Schlüssel. Die Schlüssel sind verborgen, auf dass sie niemals jemand findet. Und eine Gruppe von Abenteurern, die sich der Herausforderu...