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Achtundzwanzigster Mai 2014
15:16 Uhr Mittwoch

Ava öffnete die schwere Tür des Krankenzimmers und bemerkte, dass das Zimmer nicht besucht war, was ihr nur so gefiel.
Sie brauchte einfach ihre Ruhe.

Seit dem komischen Morgen haben beide sich nicht mehr gesehen.
Während der Bruder von Tom seelenruhig schlief, (Er hatte einen Schädeltrauma erlitten, aber lag nicht so wie im Koma wie Jeremy) setzte sich Ava so leise wie es ging auf den Stuhl neben dem Bett ihres Bruders nieder.

Während sie versuchte den entstandenen Klos im Hals runterzuschlucken, nahm sie seine kalte Hand und begann zu reden.

  -"Tut mir leid, dass ich erst jetzt aufkreuze, aber ich bin momentan in der Klausurphase und ich hab heute Mathe geschrieben. Du weißt wie schlecht ich darin bin.", sie lachte,"aber trotzdem ist es keine Entschuldigung. Ich halte es zu Hause einfach nicht aus ohne dich. Ich bin auch direkt nach der Klausur ins Krankenhaus gekommen, weil ich nicht nach Hause möchte.
Der Arzt auf dem Flur meinte, du seist in einem Wachkoma, sprich du hörst, was ich sage. Bitte werd in den Gedanken nicht wütend, aber Mum und Dad wollen dich nicht besuchen. Sie finden du hast es dir selber eingebrockt und dabei bist du nicht mal Schuld an dem Ganzen. Ich hab auf sie eingeschrien und meinte, wie man als Eltern nur so egoistisch und kaltherzig sein kann. Sie fügten nur hinzu, dass sie eh viel zu beschäftigt seien mit ihren Jobs."

Ava redete noch gefühlt knapp eine Stunde mit Jeremy, doch ihr trauriges Gemüt, brachte ihr den Aufbruch nach Hause. Dort würde sie sich nur noch auf ihr Bett schmeißen und sich in den Schlaf weinen.

  -"Ciao, Bruderherz, bis Freitag!", flüsterte Ava, stand auf und gab Jeremy einen Kuss auf sein Haar "bitte wach auf.", fügte sie noch hinzu und die Tränen in ihren Augen sammelten sich.

Sie öffnete wieder die Tür und wollte gerade hinaustreten, als sie mit wem zusammenstieß.

  -"Oh, sorry, ich-, es tut- sorry.", entschuldigte sie sich stammelnd und erkannte erst im Nachhinein, dass es sich um Tom handelte.
"Macht doch nichts.", sagte er lächelnd und hielt die Arme von Ava fest, weil sie sonst hinuntergefallen wäre.
  -"Ehm danke."
Ava bemerkte wie die Hitze in ihre Wange stieg und richtete gezielt den Blick wieder auf den Boden, denn die Situation war ihr äußerst peinlich.
  -"Ava?", fragte Tom sanft.
Sie antwortete nicht, sondern schaute weiterhin auf den Boden.
Doch Tom lies sich das nicht gefallen und hob ihren Kopf mit zwei Fingern und ihre Blicke verhakten sich.
  -"Hab ich irgendetwas falsch gemacht?", fragte er und schaute traurig in braune Augen.
  -"Ich ertrage deinen Anblick nicht. Vielleicht bist du Schuld am baldigen Tod meines Bruders.", erzählte sie offenherzig und bemerkte schon eine einzelne Träne auf ihrer Wange.
  -"Lass es mir dir erklären. Du bist letzte Woche abgehauen und am Sonntag hast du komplett abgeblockt. Ich bin kein schlechter Mensch, Ava. Wäre ich es, dann würde ich gar nicht versuchen mit dir zu reden. Ich bin es dir hundertprozentig schuldig, dir die Wahrheit zu sagen.
Bitte lass uns irgendwo hingehen und reden. Bitte.", versuchte Tom Ava zu erklären.

Ava war überrascht über Toms Willen alle Wogen glätten zu wollen. Dabei kannten sich beide erst knapp eine Woche.
Sie lies sich darauf ein, denn ehrlich gesagt, war sie sehr neugierig und wollte es endlich genauer wissen.

Nachdem Tom ihr am Unfallstag erklärte, dass er seinen Bruder Hardin ablenkte beim Fahren und somit sie erst so in die andere Fahrbahn geraten waren, ergriff Ava sofort die Flucht. Sie konnte das ganze Szenario nicht ertragen.
Sie wollte nicht wissen, wie Jeremy mit dem Wagen zusammengekracht war, geschweige denn warum. Zumindest in dem Moment. Sie war zu dem Augenblick einfach zu instabil, um alles zu wissen, um alles zu hören, geschweige denn zu verstehen.
Sie wollte einfach in dem Moment, dass ihr Bruder wieder seine Augen öffnete, sie wieder Schwesterherz nannte und tätschelte.
Doch jetzt war sie bereit die Wahrheit zu erfahren. Es war okay.

Ocean Heart #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt