1.Kapitel

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"Sasha? Sasha!!", ein zweites Mal rüttelt etwas an meiner Schulter, "Wach auf!" Und wieder öffne ich benommen meine Augen. Diesmal komplett verschwitzt.

Verwirrt schaue ich mich um: Gegenüber von mir ein winzig kleiner Schreibtisch, über und über mit irgendwelchem Papierkram voll gestopft, daneben eine riesige Pflanze, die definitiv schon bessere Tage gesehen hatte und links von ihr ein Bild von mir und... Michel - das Zimmer meines Freundes. Erleichtert atme ich auf und versuche so meine hektische Atmung etwas zu beruhigen.

"Hey, alles gut?", die Stimme von Michel bringt mich dazu meinen Kopf nach rechts zu drehen. Ich schaue in dunkle Kastanien braune Augen, die mich besorgt mustern.

"Ja, nur ein Traum.", den ich jetzt schon zum bestimmt 7. Mal hatte; immer das selbe, jedes Detail stimmte. Jede Nacht muss ich aufs Neue jene schrecklichen Ereignisse durchleben, jedesmal war ich Ahnungslos.

Michel schaut mich zweifelnd an, weshalb ich ihm ein mildes Lächeln schenke. Ich kann nur hoffen, dass es überzeugender ist, als es sich für mich anfühlt. Aber anscheinend ist es das, denn im nächsten Moment lehnt er sich zu mir vor, streicht mir eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.

Ich muss mich zusammenreißen, um mich nicht weg zu drehen. In letzter Zeit hatte ich deutlich gemerkt, dass auch er, wie jeder andere, nur auf das eine hinaus war. Jedesmal versucht er aufs neue mich irgendwie rum zu kriegen, dabei bemerkt er nichtmal wie beschissen es mir zur Zeit geht.
Vorsichtig drücke ich Michel von mir, er schaut mich verwundert an.

"Ähm, ich glaube ich sollte mich dann mal auf den Weg zu meinem Dad machen, er macht sich bestimmt schon sorgen." Was dümmeres hätte mir wirklich nicht einfallen können, jeder wusste, dass mein Dad so gut wie nie zuhause war und vermutlich war auch das genau der Gedankengang von Michel, denn er nickt nur langsam und schält sich dann aus den vielen Decken, die seinem Bett irgendwie etwas heimeliges verleihen.

"Na dann..., viel Spaß." Ich nicke nur. Ich weiß, dass er mir nicht glaubt, aber das ist mir in diesem Moment egal. Ich will einfach nur raus aus diesem stickigen Zimmer, raus an die frische Luft.
Also mache auch ich mich dran, das warme Bett zu verlassen, schlüpfe in meine schwarzen Stiefletten und hebe meinen Mantel vom Boden auf.

Schon in der nächsten Sekunde bin ich an der Zimmertür angekommen, als mich plötzlich zwei Hände von hinten packen und mich an sich ziehen.
"Bleib doch noch kurz...", flüstert er leise in mein Ohr. Warum waren Typen immer so schwer von Begriff? Verdammt ich war grade einfach nicht in der Stimmung für sowas, war ich schon die letzten zwei Wochen nicht gewesenen.
Etwas ungeschickt versucht er seine Hände unter meinen Mantel zu schieben.

Ich will mich gerade aus seiner Umklammerung befreien, als es an der Zimmertür klopft, ohne auf ein 'herein' zu warten öffnet sich die Tür.
"Ohhh..., ähm sorry bin schon..."
Uns gegenüber steht eine von unserem Anblick etwas verstörte Romy.

"Oh, nein nein schon gut, ich wollte gerade gehen.", antworte ich peinlich berührt. Ich schnappe mir meine schwarze Tasche von der Kommode und ohne Michel, der es endlich geschafft hat seine Finger von meinem Arsch zu nehmen, auch nur eines Blick zu würdigen verlasse ich sein Zimmer.

Nachdem ich den Korridor entlang bis zur Treppe gegangen bin, gelange ich an die Eingangstür. Überall liegen diese roten kleinen Plastikbecher, die noch von der Party gestern Nacht zeugen. Aber das gesamte Gebäude scheint Menschenleer, kein Wunder wahrscheinlich sind alle noch dabei ihren Rausch auszuschlafen.

Als ich die Tür hinter mir schließen will, trete ich fast in Erbrochenes. Ich muss meinen Würgreiz unterdrücken und schlängle mich zwischen den beiden Ekel erregenden Haufen hindurch.

Es ist eisig kalt. Der Wind bläst mir ins Gesicht. Ich könnte mich Ohrfeigen, wie konnte ich nur meinen Schal oben liegen lassen? Zitternd knöpfe ich meinen Mantel bis oben hin zu und setze mir meine flauschig gefütterte Kapuze auf.

Langsam stapfe ich durch den Schnee auf meinen völlig zugeschneiten Jeep zu.
Na super, dass konnte was werden..

lost in life.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt