Kapitel 4

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Luna Pov.

Ich schaute in den Himmel, der sich so langsam verdunkelte.

Seit dem Gespräch mit Gaston heute Morgen, lief ich durch die Gegend. Ich wollte nicht wieder zu meinem Onkel. Ich wollte nicht wieder zu Leuten, die mich gar nicht bei sich haben wollten.

Nicole hatte sich zwar für mich stark gemacht und Gaston auch, aber das wahrscheinlich nur, weil sie Mitleid mit mir hatten und das wollte ich nicht. Das wollte ich noch nie. 

Wenn ich so darüber nachdachte, hatte ich keine Ahnung, was ich überhaupt wollte. Ich meine was erhoffte ich mir überhaupt noch im Leben? Eine Familie? Menschen die mich lieb hatten?

Ich hatte keine Ahnung. Was ich aber wusste, war dass es diese Menschen nicht gab. Es hatte mich niemand lieb, nicht mehr.

Meine Eltern waren tot und meine ehemaligen Freunde, naja, mit denen hatte ich es mir selbst verbockt. Ich hatte keine Sekunde an sie gedacht. Ich hatte nicht daran gedacht, dass sie sich Sorgen um mich machen könnten, wenn ich plötzlich verschwinde, ohne ihnen etwas zu sagen.

Ich war egoistisch, ich hatte nur an mich gedacht. Ich wusste nicht was aus dem selbstlosen Mädchen wurde, das wirklich alles für ihre Freunde getan hätte, aber es war weg. Es starb genau in dem Moment, als die Kripo mir mitteilte, dass meine Eltern ermordet wurden.

Doch nicht nur dieses Mädchen starb, nein, auch das Mädchen welches es liebte Rollschuh zu fahren. Das Mädchen welches alles tat um mit den Rollschuhen umher zu flitzen um das Gefühl von Freiheit zu spüren. Es war meine grösste Leidenschaft, doch jetzt verabscheute ich es.

Doch was verabscheute ich nicht? Ich hatte seit diesem Vorfall, über alles gemeckert, über was man meckern konnte.

Christian hatte schon recht, ich war ein ungezogenes Gör.

Schwer atmend liess ich mich auf eine Parkbank fallen. Ich schloss meine Augen und atmete die frische Luft ein. Eine Träne rollte mir über meine rechte Wange. Was meine Eltern jetzt wohl über mich sagen würden. Wären sie immer noch so stolz auf mich, wie sie es immer waren? Oder wären sie enttäuscht? Enttäuscht, dass ich solchen Mist baute?

"Luna?" hörte ich eine bekannte Stimme.

"Verschwinde" zischte ich böse, mit immer noch geschlossenen Augen.
"Was ist los?" fragte er mich und ich merkte wie er sich neben mich auf die Bank fallen liess.

"Ich sagte verschwinde" zischte ich und öffnete die Augen. Wie oft ich dieses Wort heute schon gesagt hatte.

"Luna, du bist hier am weinen. Was ist passiert?" fragte der Junge mit einem Hauch von Sorge in der Stimme.Ich schaute ihm in die braunen Augen.

"Matteo, geh doch einfach" keifte ich ihn an.

"Ehm, lass mich mal überlegen..." Matteo fasste sich mit der einen Hand unter das Kinn. "Nein" sagte er anschliessend.

"Na gut, dann geh ich halt" sagte ich und stand auf.
"Luna, jetzt warte doch mal" stöhnte Matteo und erhob sich ebenfalls.

"Was machst du um dieses Zeit, weinend, alleine, draussen auf ner Parkbank?" versuchte er es noch einmal und blickte mir dabei in meine roten Augen. Ich fragte mich, ob Gaston es ihm wohl erzählt hatte. Ob er wusste, warum ich hier war.
"Das geht dich nichts an"

"Soll ich Gaston anrufen? Willst du das?" fragte mich Matteo mit einem drohendem Ton.
"Mach doch. Wenn es dir dann besser geht" patzte ich ihn an.

"Du hast doch keine Ahnung von meinem Leben, also misch dich nicht ein" schrie ich den Italiener an und lief mit schnellen Schritten davon.

Was dachte er sich eigentlich? Wenn jemand weinte und alleine gelassen werden wollte, dann liess man diese Person verdammt nochmals alleine.

Ausserdem hatte er doch eh keinen blassen Schimmer von mir. Er wusste genau meinen Namen und dass ich die Cousine von Gaston war, dass wärs dann auch gewesen. Er kannte mich nicht und das war auch gut so.

Immer mehr Tränen strömten aus meinen Augen, ich konnte sie nicht zurück halten. Ich lief einfach weiter und weiter, bis ich Schritte hinter mir hörte. Ich beschleunigte mein Lauftempo und drehte mich nicht um.

Plötzlich spürte ich jedoch, wie ich von zwei starken Armen gehalten wurde.
Tränenüberströmt kehrte ich mich um und sah in das Gesicht von Matteo und von Gaston.

"Mensch Luna, meine Mutter und ich haben uns Sorgen gemacht" sagte Gaston stürmisch und umarmte mich. Ich befreite mich schnell aus der Umarmung und brachte eine gewisse Distanz zwischen uns. 

"Du kennst mich doch gar nicht richtig, also erzähl mir bitte nichts von Sorgen".
"Luna, du bist meine Cousine. Wir sind eine Familie, natürlich mach ich mir da Sorgen" sagte er mit einer sanften Stimme. 

Familie. Durch dieses Wort wurden so viele Bilder in meinem Kopf ausgelöst. Eine Familie, nach nichts sehnte ich mich mehr.

"Luna, wir wollen dir doch nur helfen..." riss mich Matteo wieder zurück in die Realität, jedoch  unterbrach ich ihn aufgebracht.
"Du hast hier gar nichts zu sagen. Du hast nichts mit mir zu tun und es geht dich einen Scheissdreck an, wie es mir geht".

"Luna..." versuchte mich Gaston zu beruhigen.
"Nein Gaston, ich will nichts hören. Es geht mir dreckig und nicht zuletzt weil dein Vater so ein Arsch ist. Er ist mein Onkel, obwohl, so etwas nenne ich nicht Onkel" sagte ich wütend.

"Luna, bitte komm doch wieder nachhause" flehte mein Cousin mich an.
"Das ist nicht mein Zuhause und ihr seid auch nicht meine Familie, dass weisst du genau"
"Natürlich sind wir deine Familie." widersprach er mir.

"Nein, nein das seid ihr nicht" sagte ich traurig. "Ich habe keine Familie" hing ich noch mit fester Stimme dazu.
"Ich will nicht mehr zurück, nie mehr". Ich brauchte sie nicht. Ich brauchte nur meine Eltern.

"Aber Luna, wo willst du hin?" fragte mich Gaston und ich schaute daraufhin auf den Boden. Ich hatte keine Ahnung wo ich hin wollte.

Gaston schnaufte aus. "Okay, wir machen einen Deal" schlug er dann vor.
"Ich könnte meine Freundin anrufen und sie fragen, ob du für eine kurze Zeit mal bei ihr übernachten könntest. Ihre Eltern sind gerade auf Geschäftsreise. Im Gegenzug musst du morgen aber in die Schule und du musst dich mit meinen Eltern aussprechen" erklärte er mir seinen Vorschlag.

Ich dachte kurz nach und sagte dann: "Okay".

"Deal?" fragte mich Gaston daraufhin und hielt mir seine Hand hin. "Deal" antwortete ich schließlich und schlug mit ihm ein. Hauptsache ich musste nicht zu Christian.

"Also, ich ruf sie kurz an. Bringt euch in dieser Zeit ja nicht um". Er zeigte mit seinem Zeigefinger drohend auf Matteo und mich und sah wie Matteo abwehrend die Hände in die Luft hielt.

"Ich kann für nichts garantieren" sagte ich bloss und zuckte mit den Schultern. Gaston schüttelte belustigt seinen Kopf und wendete sich dann von uns ab.

"Also..."

"Halt einfach die Klappe" unterbrach ich Matteo, welcher gerade ein Gespräch anfangen wollte.

Nach Regen kommt Sonne! LutteoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt