Kapitel 6

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Und wieder - ein Schlag ins Gesicht. Es war beinahe taub und ich spürte kaum noch den Schmerz. Das Blut floss mir in Rinnsalen die Haut hinunter, tropfte schwer zu Boden, so dass kleine Punkte zurückblieben. Sie ließen mich immer bis kurz vor der Ohnmacht kommen, dann heilten sie mich und begannen von Neuem. Oft sah Zachariah zu, feuerte mich an, doch meistens fluchte und brüllte er, sagte, wie schwach ich wäre.
Die Engel, die mich folterten, waren kaltblütig und gnadenlos. Sie warfen mich durch die Halle, schlugen auf mich ein. Es war nie einer, meist zwei oder drei. Ich kam nicht gegen sie an, sie waren zu stark, und ein Zauber verhinderte, dass meine dämonische Seite hervordrang - er musste des Öfteren erneuert werden und es war beinahe genauso schmerzhaft wie die Schläge ins Gesicht.
Wimmernd sank ich zu Boden, als sie verschwanden und mich mit den Blutergüssen und den Wunden zurückließen. Castiel hatte ich seit dem letzten Vorfall nicht mehr zu Gesicht bekommen. Er war verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt.
Ich zog die Knie an meinen Körper und begann zu weinen. Castiel hatte recht gehabt - diese Engel waren grausamer. Ich würde das nicht lange aushalten, das wusste ich, doch wie oft sie mich auch schlugen, es kam keine himmlische Seite zum Vorschein.
»C-Castiel?«, wimmerte ich. »I-Ich ... ich brauche deine ... ich brauche dich. Bitte, komm zurück ... Komm zurück zu mir. Bitte, Castiel ...«
Ich musste wieder weinen. Die Tränen rannen meine Wangen hinunter und hinterließen einen brennenden Schmerz auf meiner Haut, dort, wo die Wunden nur so klafften.
»Castiel …«
»Ich bin hier«, erklang diese ruhige, wunderschöne Stimme, und ich blickte auf. Er hockte sich vor mich und heilte mich mithilfe einer Berührung.
»Oh, Gott«, flüsterte ich und fiel ihm um den Hals. »Castiel ... bitte, bitte ... es tut mir so leid.«
»Schht ... beruhige dich«, sagte er und zog mich hoch, mich aber dennoch an sich haltend.
»Bring mich hier weg, bitte«, flehte ich.
»Ich kann nicht, Cat.«
»Bitte, Castiel. Bitte, bring' mich zu Dean.« Ich löste mich von ihm. »Bitte.«
Er musterte mich.
Erst dachte ich, er würde verneinen, doch dann nickte er. »Unter einer Bedingung: Du erzählst Sam, Dean und Bobby nichts von dem, was geschehen ist. Es würde sie in Gefahr bringen.«
»Das verspreche ich, Cas.«
Er zog bei dem Namen die Stirn in Falten.
»Bring mich von hier weg«, sagte ich jedoch, bevor er etwas sagen konnte.
Beim nächsten Lidschlag hatten wir die Halle verlassen und als ich die kühle Nachtluft auf meiner Haut spürte, fühlte ich mich sicherer als nirgends zuvor.
»Ich sage, wir schnappen sie uns und töten sie gleich. Dann hat das alles ein Ende«, erklang eine bekannte Stimme neben mir.
Ich wandte meinen Kopf und erkannte Uriel.
»Was macht er hier?«, verlangte ich zu wissen.
»Wir haben eine Aufgabe zu erledigen, Cat«, erklärte Castiel. »Es ist in meiner Nähe sicherer für dich. In dieser Hütte«, er deutete auf das kleine schäbige Häuschen, was vor uns lag, »befinden sich Sam und Dean, zusammen mit einem Mädchen, welches eine Gefahr ist und wir töten müssen.«
»Genauso eine Gefahr wie ich?«, gab ich prompt zurück.
Castiel sah mich nur mahnend an, doch ich ignorierte es.
»Kann man deinem Freund vertrauen?«, fragte ich stattdessen.
»Auch wenn ich nicht erfreut darüber bin - ich werde dich nicht anrühren«, sagte Uriel. »Du musst nur mitspielen.«
»Keine Sorge. Ich bin eine Meisterin der Schauspielkunst.«
Wir liefen auf die Hütte zu, Castiel lief an der Spitze. Ein Windstoß kam auf und die schäbige Tür wurde beinahe aus den Angeln gerissen. Uriel und ich betraten hinter Castiel den Raum. In der Mitte hatten sich bewaffnet Sam und Dean versammelt und die Frau, die uns damals in Sams Hotelzimmer mit dem Pizzaboten verwechselt hatte.
»Cat«, sagte Dean überrascht und ließ die Waffe sinken.
»Schön, euch wiederzusehen«, meinte ich mit einem Lächeln auf den Lippen. »Wer ist das?« Ich nickte ihrer Begleitung zu.
Ihre Augen wurden urplötzlich schwarz, als sie zu den Engeln blickte. »Hallo, Cat«, sagte sie trocken, doch war es nicht meinetwegen.
»Ruby.« In dem Moment, als ich realisierte, wer sie war, in diesem Moment wollte ich nichts Sehnlicheres tun, als ihr die verdammte Seele aus dem Leib zu reißen.
»Du warst lange Zeit weg«, meinte Sam und lenkte mich somit von der Dämonin ab. »Fast drei Wochen. Du hast dich nicht einmal bei uns gemeldet.«
»Es tut mir leid. Ich war beschäftigt«, erwiderte ich.
Deans Blick lag lange auf mir, dann riss er sich von mir los und wandte sich an die Engel. »Ich hoffe, ihr seid hier, um zu helfen. Die Dämonen ärgern uns schon den ganzen Tag.«
»Ja, das sehe ich«, meinte Uriel und sah zu Ruby, deren Augen wieder normal wurden. »Habt ihr vielleicht das Bedürfnis, uns zu erklären, was sie hier verloren hat?«
»Wir sind hier wegen Anna«, sagte Castiel.
»Versteh' ich das richtig? Nur ihretwegen?«, fragte Dean.
»Hör auf, zu quatschen«, wies Uriel an. »Gib sie uns.«
»Werdet ihr ihr helfen?«, wollte Sam wissen.
»Nein«, antwortete Castiel. »Sie muss sterben.«
Verwundert sah Sam sie an. »Ihr wollt Anna? Wieso?«
»Geh aus dem Weg.« Uriel trat einige Schritte auf ihn zu.
»Woah, woah, woah. Ich weiß, dass sie euch belauscht hat, aber das ist noch lange kein Grund, sie zu erledigen«, meinte Dean.
»Keine Sorge. Ich töte sie sanft.«
»Wisst ihr was? Ihr seid ein paar herzlose Arschlöcher. Cat, sag mir nicht, dass du sie die ganze Zeit begleitet hast.«
»Seh ich etwa so aus?« Mit verschränkten Armen lief ich auf Dean zu und stellte mich neben ihn. ««ch weiß, wer meine wahren Freunde sind.« Ich warf Castiel einen gespielt finsteren Blick zu, doch anscheinend schien er das nicht zu verstehen, denn seine Miene verdunkelte sich.
»Anna ist unschuldig«, sagte Sam.
»Wenn du dich da mal nicht täuschst«, meinte Castiel.
»Was bedeutet das jetzt wieder?«
»Das bedeutet, sie ist schlimmer als diese Abscheulichkeit, die du gevögelt hast«, erwiderte Uriel. »Und jetzt gib uns das Mädchen und zwar sofort.«
Dean blickte zu Sam, der ihm nur schweigend zunickte - sie wussten, dass sie nicht gegen einen Engel ankamen.
»Das geht nicht. Besorgt euch ein anderes«, sagte Dean jedoch. »Ihr könnt ja annoncieren.«
»Wer will uns aufhalten? Ihr zwei? Oder diese Dämonenschlampe?«
Uriel packte Ruby am Handgelenk und schleuderte sie gegen die Wand. Sie schlug gegen das Fenster, welches klirrend in tausend Scherben zerbrach, und stöhnend sank sie zu Boden. Der Engel lief auf sie zu und drückte sie gegen die Wand. Dean eilte der Dämonin zur Hilfe und Castiel trat Sam und mir gegenüber.
»Castiel, hör auf«, sagte ich bestimmt, doch der Engel hörte nicht auf mich, sondern riss mich mit einer Handbewegung von den Beinen.
Ohne weiter auf mich einzugehen, lief er auf Sam zu, der vor ihm zurückwich.
»Castiel, hören Sie auf. Bitte.«
Ich sah, wie der Engel ihn mit zwei Fingern an der Stirn berührte und bewusstlos sank Sam zu Boden. Ich rappelte mich stöhnend auf und rannte dem Mann hinterher, der gerade das Nebenzimmer betreten wollte.
Ein helles Licht erschien und ich sank keuchend auf die Knie. Es hielt nicht lange an, doch als es verschwunden war, waren auch Castiel und Uriel fort.
Meine Finger hatten sich in den Stoff meines Oberteils gekrallt, welches ich bereits an dem Tag getragen hatte, an welchem Castiel mich entführt hatte. Ein langer Schmerz breitete sich in meinem Körper aus und ich stöhnte auf.
»Cat!«, rief Dean und sogleich spürte ich seine Arme um meinem Körper. »Hey, was ist los?«
»Ich weiß nicht ... Anscheinend stand ich zu nah an Castiel ...«, meinte ich mit brüchiger Stimme.
Sam erwachte und Ruby hockte sich besorgt neben ihn. Der Schmerz ließ langsam nach und Dean erhob sich und ging herüber ins Nebenzimmer.
»Anna?«, hörte ich ihn sagen.
»Sind sie ... sind sie weg?«, antwortete eine weibliche Stimme.
»Hast du sie umgebracht?«
»Nein. Ich hab' sie weggeschickt. Weit weg.«
Sam, Ruby und ich gingen zu den beiden herüber. Eine rothaarige Frau saß auf einem Stuhl vor einem Spiegel, auf welchem ein merkwürdiges Zeichen mit roter Farbe gezeichnet worden war. Dean verband gerade ihren Arm, der stark blutete, und so musste die Farbe ihr eigenes Blut sein.
»Wer ist das?«, fragte sie, als sie mich sah.
»Sie ist eine Freundin«, beruhigte Dean sie. »Du kannst ihr vertrauen. Wie hast du sie weggeschickt?«
»Es ist einfach so passiert. Ich hab' keine Ahnung, wie es geschehen konnte …«
Die Jungs gingen zurück in den anderen Raum, um sich dort auszusprechen. Ich blieb bei Anna und Ruby, denn ich traute der Dämonin nicht, und falls sie an der Rothaarigen Hand anlegen sollte, wäre ich sofort zur Stelle.
»Cat, ich wollte mich bei dir entschuldigen«, sagte sie auf einmal.
Ich lachte finster und lehnte mich mit verschränkten Armen gegen die Wand. »Ein Dämon, der sich entschuldigt ... Spar's dir, Schlampe!«
»Woher hätte ich denn wissen sollen, dass das alles so ausartet?«, entgegnete Ruby.
»Sagst du das Sam später auch, wenn er zu diesem Monster wird?«, fragte ich. »Was hast du ihm unter die Nase gerieben, dass er das Blut trinkt und dich deinem Willen beugt?«
»Er tat es aus demselben Grund wie du! Er wollte Rache. Rache an denen, die seinen Bruder getötet haben, seine Familie.«
»Und hast du ihm auch den Preis genannt?«, rief ich. »Hast du es? Es geht nicht darum, dass du mich zu dem Blut gebracht hast, Ruby. Es geht darum, dass du die Wahrheit wusstest, was aus mir werden würde. Und dann, als ich deine Hilfe gebraucht hatte, als ich davon nicht mehr loskam, obwohl es mich innerlich zerfraß, bist du gegangen! Du hast mich allein gelassen mit diesem Problem, mit dieser Sucht. Ich habe Unschuldige getötet, Ruby. Menschen, von denen ich dachte, sie seien Dämonen.«
»Und ich hab' versucht dich aufzuhalten«, meinte Ruby.
»Aber es war nicht genug!«, schrie ich und richtete mich abrupt auf. »Sieh, was das aus mir gemacht hat. Sieh hin!«
Meine Augen wurden schwarz. Ich bemerkte, wie Anna unruhig wurde, und sofort wurden meine Augen wieder braun.
»Ich bin ein Dämon. Dieser Teil verschwindet nie wieder. Es wird immer da sein und er kam nur deinetwegen!«
»Das ist unmöglich«, flüsterte Ruby. »Du musst Dämonenblut dafür trinken.«
»Ich bin seit knappen vier Monaten clean. Kein Dämonenblut mehr«, meinte ich und lehnte mich zurück an die Wand.
»Du bist Catherine, oder?«, fragte Anna plötzlich.
Ich nickte. »Ja.«
»Die Engel haben andauernd über dich gesprochen.«
Ich wurde bleich.
»Sie meinten -«
»Anna, ich will nicht unhöflich sein, aber, bitte, ich will nicht darüber sprechen«, sagte ich schnell, bevor sie Dinge ausplaudern könnte, die nicht genannt werden durften.

1750 Wörter

Cat ist frei. Wohoo! Mal sehen, was jetzt passiert xD

 Wohoo! Mal sehen, was jetzt passiert xD

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Hach ja, Cas und Dean <3

Half-Blood: Between Heaven and Hell || Supernatural Staffel 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt