K A P I T E L 23

1.9K 67 2
                                    

-Joana's Sicht-

Ich lag im Bett und kämpfte mit der Übelkeit. Wahrscheinlich lag das alles an dem Schock und der ganzen Aufregung. Ich wusste noch immer nicht, was diese Leute mit mir anstellen wollten. Um ehrlich zu sein, wollte ich es auch nicht wirklich wissen. Ich konnte noch immer nicht realisieren, was mir Alessio angetan hatte. Ich hatte ihm vertraut, mehr als jedem anderem. Ich fühlte mich neben ihm sicher und war glücklich. Aber jetzt hatte ich überhaupt kein Vertrauen mehr in ihn. Ich glaubte ihm keines seiner Worte. Ich hatte Angst, ich hatte Angst vor einem Mann, dem ich meim ganzes Leben anvertraut hätte.

Leise klopfte es an der Tür und ich konnte nicht verhindern, dass ich aus Angst zusammenzuckte.
Ich öffnete langsam meine Augen und sah direkt in die Augen von Jonas. Ich hatte ihn damals schon kennengelernt. Er war Alessio's beste Freund. Auch bei ihm konnte ich nicht fassen, dass er mir etwas schlechte wollte. Er kam mir so sympatisch rüber.

,,Ich wollte dich nicht stören, aber Alessio sagte, du könntest ein paar Tabletten gegen Übelkeit brauchen'', meinte er und hielt seine Hände noch. In der einen Hand hatte er eine Packung Tabletten, in der anderen ein Glas Wasser. Ganz langsam kam er auf das Bett zu und stellte das Glas Wasser auf dem kleinen Nachttisch ab. Daneben legte er die Tabletten und wollte sich gerade umdrehen, um zu gehen. Doch er blieb vor der Tür stehen und drehte sich ganz langsam zu mir.

,,Du solltest wissen, dass Alessio dich mehr liebt, als alles andere. Das ist keine Lüge. Er, Luca und auch ich wollten nie etwas schlechtes. Wir wollten dich beschützen. Und das werden wir auch so tun. Du solltest ihm zuhören. Und glauben'', erklärte er, drehte sich dann um und verschwand aus dem Zimmer.

Mit gerunzelter Stirn starrte ich auf die leicht offene Tür und kämpfte mal wieder mit meinen Gedanken. Mein Blick fiel auf die Tabletten, noch immer war mir total schlecht. Aber was ist wenn es keine Tabletten gegen Übelkeit waren, sondern irgendwas anderes? Drogen zum Beispiel. Schnell schüttelte ich den Kopf über diesen Gedanken. Wieso sollten sie mir Drogen geben. Sie hatten mich doch sowieso schon da, wo sie mich haben wollten. Oder nicht? Zügig schnappte ich mir die Packung und drückte eine Tablette aus der Verpackung. Ich steckte sie mir in den Mund und trank einige Schlücke Wasser, bevor ich noch mehr absurde Gedanken daran verschwendete.

-Alessio's Sicht-

Ich saß mit meinen beiden besten Freunden in der Wohnung unter der von Joana im Wohnzimmer. Vor mir eine Flasche Alkohol, aus der ich immer wieder einige Schlücke trank. ,,Wie geht es ihr?'', fragte ich Jonas schnell, als er wieder zurück kam, nachdem er bei ihr war. ,,Sie lag im Bett. Hat aber nicht geschlafen. Und kein Wort gesagt. Verständlich. Lass ihr ein wenig Zeit, Alessio. Das wird schon wieder'', erzählte er und ich nickte schwach. Ich würde gerade nichts lieber, als sie in meine Arme nehmen und ihr sagen, dass alles gut wird. Dass sie mir vertrauen kann. Aber das alles würde sie niemals zulassen. Und es war meine Schuld. ,,Heute Abend findet eine Party statt bei uns in der Villa. Vielleicht solltest du auch mitkommen. Ein wenig Ablenkung würde dir nicht schaden'', meinte Luca neben mir und ich grinste ironisch. ,,Was wird gefeiert? Dass wir die Tochter von Malik haben?'', fragte ich ihn und schüttelte meinen Kopf. Ich trank einige Schlücke. ,,Ja, ja das wird gefeiert. Aber du musst ja nicht deshalb feiern, sondern einfach so'', sagte er nun. ,,Ich werde dort nicht hingehen. Ihr könnt aber dort hin, Jungs. Ehrlich. Ich komme schon klar'', behauptete ich schnell noch und schaute beide an. Die alten Zeiten kamen mir in den Sinn. Vor einem halben Jahr hätte ich niemals nein zu einer Party gesagt. Ich wäre mit Luca und Jonas dort gewesen. Wir hätten uns alle ein schönes Mädchen geklärt, nur um sie einen Tag danach wieder schlecht zu behandeln. Es hatte sich einiges geändert. Ich hatte mich geändert. ,,Bist du dir sicher?'', fragte Jonas und ich nickte schnell. ,,Na gut. Dann gehen wir jetzt. Müssen noch einige Sachen besorgen, die dein Vater uns genannt hat. Aber Alessio, ruf uns sofort an, wenn etwas ist, ok? Dann sind wir da'', meinte Jonas und beide standen auf. Wieder nickte ich und beide klopften mir auf die Schultern.

-Joana's Sicht-

Die laute Musik, die von draußen kam, weckte mich und ich blinzelte leicht, bevor ich die Augen öffnete. Ein kleines Nachtlicht war an und ich blickte mich im Zimmer um. Mein Blick blieb an ihm hängen. Er saß in der Ecke des Zimmers auf einem Holzstuhl. Er war so weit wie möglich in diesem Zimmer von mir entfernt. Über mir lag eine dicke, weiche Decke, an die ich mich nicht erinnern konnte, sie auf mich gelegt zu haben. Das musste wohl Alessio gewesen sein. Mein Blick fiel auf seine Hand, in der sich eine Bierflasche befand und ich sah ihm wieder in die Augen. Sein Blick war voller Reue und Traurigkeit, während er mir genau so stumm in die Augen sah.

,,Geht es dir besser?'' Seine Stimme war so rau und sorgte für Gänsehaut an meinem ganzen Körper. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass in mir nicht immer noch alles kribbelte, wenn er mich ansah und ich seine Stimme hörte. Schwach nickte ich und er lächelte nur ganz leicht. ,,Du hast sicher Hunger'', stellte er fest und stand langsam auf. Ich sagte nichts, aber er verließ das Zimmer und kam ein paar Minuten später mit einer Schüssel wieder zurück. Mit zittriger Hand reichte er mir sie und ich nahm sie an. Hühnersuppe. Leise stellte ich die Schüssel auf dem Nachttisch neben mir ab. Alessio setzte sich zurück auf den Holzstuhl und betrachtete den Boden. ,,Wieso bist du hier?'', fragte ich so leise, dass ich dachte, er hätte es nicht verstanden, aber er hob den Kopf und sah mich wieder mit diesem reuevollen Blick an. ,,Ich war alleine'', meinte er und ich nickte leicht. ,,Und ich wollte dich sehen'', gab er leise zu. Meine Wangen röteten sich und ich zog mir die Decke bis unters Kinn. Ganz langsam stand er auf und kam auf das Bett zu. Er setzte sich an die Kante, immer noch so weit von mir entfernt. Ich wünschte, er würde mich jetzt fest in den Arm nehmen, aber das war falsch. Er liebte mich nicht. Hatte wahrscheinlich einfach nur Mitleid mit mir. ,,Du solltest etwas essen'', murmelte er und zeigte auf die Schüssel. Vorsichtig nahm ich sie auf den Schoß und schob mir den Löffel mit der Suppe in den Mund. Es schmeckte zugegebenermaßen himmlisch. Ich liebte Hühnersuppe. Und ich merkte erst jetzt, was ich eigentlich für einen Hunger hatte. Ich schaufelte alles in mich rein, nur wenige Minuten später war die Schüssel leer und ich stellte sie wieder ab. ,,Soll ich dir noch etwas bringen?'', fragte mich Alessio, ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Machte es ihn glücklich, dass ich diese Suppe aß?
Schüchtern schüttelte ich den Kopf. Ich musste gerade bestimmt dämlich ausgesehen haben, beim essen.

,,Joana..'', hauchte er und sah mir wieder so verletzt in die Augen. ,,Alessio, bitte'', murmelte ich und er schloß die Augen. ,,Sag das nochmal'', forderte er, noch immer mit geschlossenen Augen. ,,Was?'', fragte ich mit gerunzelter Stirn. ,,Meinen Namen. Sag ihn noch einmal, Joana'', flüsterte er. ,,E-Ehm..Alessio'', murmelte ich und er zog schmerzvoll die Augenbrauen zusammen.

Langsam öffnete er wieder seine Augen und sah mich an. ,,Ich hasse diese Distanz zwischen uns'', sagte er nun und streckte seine Hand nach mir aus. Ich zuckte zusammen als er an meinem Oberarm lang strich. Das Atmen fiel mir schwer und ich musste mich beherrschen und kontrollieren, ihm nicht gleich in die Arme zu springen. Er rutschte ein wenig zu mir rüber und zog mich plötzlich an meinem Arm sanft zu ihm und drückte meinen Kopf auf seine Brust. Und was tat ich? Ich ließ es zu. Ich ließ es zu und brach in Tränen aus. Laut schluchzte ich in seiner Brust und durchnässte sein Shirt. Sanft streichelte er über meinen Kopf und vergrub sein Gesicht in meinem Nacken. ,,Hör bitte auf zu weinen'', flüsterte er mit zittriger Stimme und fasste mit seinen Händen mein Gesicht. Er umfasste es und wischte mit seinen Daumen meine Tränen weg, während er mir in die Augen sah. Seine Augen waren glasig, trotzdem noch so wunderschön.
Ganz langsam beugte er sich runter. Ich würde diesen Kuss nur zu gern erwidern, aber das wäre falsch. Ich konnte ihm einfach nicht vertrauen. ,,Nicht'', flüsterte ich, als seine Lippen nur Zentimeter von meinen entfernt waren. Er legte seine Stirn auf meine und schloss die Augen. ,,Ich liebe dich'', sagte er so leise, wie nur möglich und ich sah, wie ihm eine Träne die Wange herunter glitt. Langsam löste er sich von mir, drückte mir einen sanften Kuss auf die Stirn und ging so schnell er nur ging aus dem Zimmer. Ließ mich zurück.

Mission IncompleteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt