Zusmamenfassung

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Zum zeitlichen Rahmen des Werks :

Geschrieben wurde der ,, Antichrist" wohl im Sommer und Herbst 1888 in Nietzsches später Schaffensphase, in der er sich vor allem seiner Idee der ,, Umwertung aller Werte" zuwendete.

Sein geistiger Zusammenbruch wenige Monate später hinderte ihn aber, das Werk zu publizieren, so das ein Druck erst 6 Jahre später zustande kam. Dabei kam es immer wieder zu Streitigkeiten wegen der Edition des Werks, was bei vielen Spätwerken Nietzsches, die er Aufgrund seines späteren geistigen Zustands und späteren Todes nicht selbst publizieren konnte, der Fall war.

Zusammenfassung

,,Man sagt nicht 'Nichts!', man sagt dafür 'Jenseits' oder 'Gott'."

Mit diesen Worten lässt sich wohl am besten Nietzsches Verhältnis zur christlichen Religion Zusammenfassen. Sein,, Antichrist" ist die finale Abrechnung des deutschen Philologen und Kritikers mit dem wie er es nennt ,,decadence" Werten, die für ihn ihren stärksten Ausdruck im Christentum finden und damit einer der stärksten Wurzeln europäischer Kultur. Eine gnadenlose Kampfansage an ,, alles was Theologenblut im Leib hat."

Seien Kritik beschränkt sich hierbei nicht nur auf die von der Religion genutzte Idee, eines besseren Lebens nach dem Tod als strikt das Gegenteil, was es vorgibt zu sein, nämlich als Lebensfeindlich , er erweitert sie auch auf das komplette Moral-Gebäude auf das sich das Christentum stützt, hierbei geht er radikal gegen alles vor, was für ihn urtümlich ,, christliche" Werte sind.

Auch den von der Kirche propagierten Dualismus von Körper und Seele. Den :

,, Der reine Geist ist die reine Lüge."

Nietzsche, rechnet hier mit allen für ihn künstlichen und schädlichen Begriffen , allen voran auch dem der Sünde, ab, welche das Christentum in seinen Augen geschaffen hatte.

,,Weder die Moral noch die Religion berührt sich im Christenthume mit irgend einem Punkte der Wirklichkeit. Lauter imaginäre Ursachen (»Gott«, »Seele«, »Ich«, »Geist«, »der freie Wille« – oder auch »der unfreie«); lauter imaginäre Wirkungen (»Sünde«, »Erlösung«, »Gnade«, »Strafe«, »Vergebung der Sünde«). Ein Verkehr zwischen imaginärenWesen (»Gott«, »Geister«, »Seelen«); eine imaginäre Naturwissenschaft (anthropocentrisch; völliger Mangel des Begriffs der natürlichen Ursachen); eine imaginäre Psychologie (lauter Selbst-Mißverständnisse, Interpretationen angenehmer oder unangenehmer Allgemeingefühle, zum Beispiel der Zustände des nervus sympathicus, mit Hülfe der Zeichensprache religiös-moralischer Idiosynkrasie, – »Reue«, »Gewissensbiß«, »Versuchung des Teufels«, »die Nähe Gottes«); eine imaginäre Teleologie (»das Reich Gottes«, »das jüngste Gericht«, »das ewige Leben«)."

Allen voran das Mitleid, das er als Aufforderung sieht zum Mit LEIDEN, nicht zuletzt für ihn, Person geworden im Glauben an Jesus Christus als Sündenopfer. Die Vergrößerung, ja geradezu die Potenzierung des Leids wie er es versteht und damit ebenfalls Schädlich für das Leben an sich. Den grade darin sieht er ein großes Ziel, das Leiden zu vermeiden.

,,Was ist schädlicher, als irgend ein Laster? – Das Mitleiden der That mit allen Mißrathnen und Schwachen – das Christenthum."

Apropos Jesus. Ausgerechnet diesen lässt Nietzsche trotz seiner Kritik an der Religion als positive Figur dastehen, nimmt ihn sogar vor der eigenen Kritik in Schutz, sagt aber auch ganz klar dass es nur ,, einen wahren Christen gab und dieser am Kreuz starb."

Man könnte, mit einiger Toleranz im Ausdruck, Jesus einen "freien Geist" nennen - er macht sich aus allem Festen nichts.
Die Erfahrung "Leben", wie er sie allein kennt, widerstrebt bei ihm jeder Art Wort, Formel, Gesetz, Glaube, Dogma. Er redet bloß vom Innersten: "Leben" oder "Wahrheit" oder "Licht" ist sein Wort für das Innerste -
Eine solche Symbolik par excellence steht außerhalb aller Religion, aller Kultbegriffe, aller Bücher, aller Kunst -
er hat nie einen Grund gehabt, "die Welt" zu verneinen, er hat den kirchlichen Begriff "Welt" nie geahnt ... Das Verneinen ist eben das ihm ganz Unmögliche.

Die Entstehung des Christentums hingegen wird von ihm als Bewältigungsarbeit, als Verzweiflungstat der frühen Anhänger Jesu gesehen. Fast ein billiger Racheakt dieser, um durch grade das von Friedrich Nietzsche so scharf kritisierte Christliche Mitleid, die ganze Welt zum Mit LEIDEN mit ihnen zu zwingen.

Doch Nietzsche kritisiert die Religion nicht nur, er stellt dem Christentum auch einen Spiegelgegenüber, einer Religion, die für ihn all das richtig macht, was das Christentum verbrochen hat.

,,der Grundunterschied zwischen den beiden décadence-Religionen: der Buddhismus verspricht nicht, sondern hält, das Christentum verspricht alles, aber hält nichts."

Der Buddhismus war für Nietzsche die ehrlichere, die Lebensfreundliche Alternative zum Christentum, denn weiter heißt es bei ihm:

,, Der Buddhismus ist hundertmal realistischer als das Christentum, der Begriff "Gott" ist bereits abgetan, als er kommt.
Der Buddhismus ist die einzige eigentlich positivistische Religion, die uns die Geschichte zeigt, auch noch in seiner Erkenntnistheorie (einem strengen Phänomenalismus -), er sagt nicht mehr "Kampf gegen Sünde", sondern, ganz der Wirklichkeit das Recht gebend, "Kampf gegen das Leiden". Er steht, in meiner Sprache geredet, jenseits von Gut und Böse"

Und auch der Wissenschaftsfeindlichkeit der Kirche widmet Nietzsche seine Worte:

,, Wie wehrt man sich gegen die Wissenschaft? das wurde für lange sein ( Gottes) Hauptproblem. Antwort: fort mit dem Menschen aus dem Paradiese! Das Glück, der Müßiggang bringt auf Gedanken, – alle Gedanken sind schlechte Gedanken... Der Mensch soll nicht denken. – Und der »Priester an sich« (Gott) erfindet die Noth, den Tod, die Lebensgefahr der Schwangerschaft, jede Art von Elend, Alter, Mühsal, die Krankheit vor Allem, – lauter Mittel im Kampfe mit der Wissenschaft! Die Noth erlaubt dem Menschen nicht, zu denken ... Und trotzdem! entsetzlich! Das Werk der Erkenntniß thürmt sich auf, himmelstürmend, götterandämmernd, – was thun! – Der alte Gott erfindet den Krieg, er trennt die Völker, er macht, daß die Menschen sich gegenseitig vernichten (– die Priester haben immer den Krieg nöthig gehabt...). Der Krieg – unter Anderem ein großer Störenfried der Wissenschaft! – Unglaublich! Die Erkenntniß, die Emancipation vom Priester, nimmt selbst trotz Kriegen zu. – Und ein letzter Entschluß kommt dem alten Gotte: »der Mensch ward wissenschaftlich, – es hilft Nichts, man muß ihn ersäufen!« ..."

Sein abschließendes Urteil über das Christentum, seinen Richtspruch wie man es nennen könnte, würde Nietzsche das vielleicht nicht noch als moralischen Standpunkt verstehen und ablehnen, könnte schwerer nicht sein:

,,Hiermit bin ich am Schluß und spreche mein Urtheil. Ich verurtheile das Christenthum, ich erhebe gegen die christliche Kirche die furchtbarste aller Anklagen, die je ein Ankläger in den Mund genommen hat. (..) Diese ewige Anklage des Christenthums will ich an alle Wände schreiben, wo es nur Wände giebt, – ich habe Buchstaben, um auch Blinde sehend zu machen... Ich heiße das Christenthum den Einen großen Fluch, die Eine große innerlichste Verdorbenheit, den Einen großen Instinkt der Rache, dem kein Mittel giftig, heimlich, unterirdisch, klein genug ist, – ich heiße es den Einen unsterblichen Schandfleck der Menschheit ..."

Abschließendes Fazit:

Hart, polemisch, gnadenlos. Das ist Nietzsche, wie ich ihn kennenlernen durfte. Ein Denker, der kein Blatt vor den Mund nimmt, dem Moral und religiöse Pietät fremd sind und dessen Denken grade dadurch beeindruckt, dass es im tiefsten Sinne des Wortes,, Frei" ist.

Die Nazis mögen sich Nietzsches Terminologie teilweise bedient haben. Verstanden haben sie ihn definitiv nicht. Nicht nur, das Nietzsche die eigene, die deutsche Kultur geradezu verabscheute, Begriffe wie ,,Übermensch" oder das ,,Schwache und Missratene" wie er sie verwendet sind keine rassischen oder körperlichen Merkmale. Nietzsche benutzt diese Begriffe in Bezug auf die geistige, die psychologische Einstellung der Menschen. Das festgefahrene, dogmatische Denken, grade also die Diktatur, ist für ihn das schwache und Missratene, der Übermensch im reinsten Sinn des Wortes der Freigeist, der sich eigene Gesetze durch eigene Reflektion schafft, wie es sein,, Zarathustra„ vorgibt.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 05, 2016 ⏰

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Nietzsches Antichrist - Eine kurze ZusammenfassungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt