Trübes Licht erleuchtete den Weg vor ihr leicht. Die Wolken machten das Mondlicht dunkler und der Himmel sah leicht milchig aus. Alles um sie herum war wunderschön. Die Blätter an den Bäumen, die Schatten auf den Waldboden warfen. Die milchigen Wolken, die sich kaum bewegten.Der volle Mond, dessen Licht leicht abgeschwächt war. Ihre Augen hatten sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt und nahmen ihre Umgebung genau wahr. Es war wunderschön. Kurz vor zwei Uhr Nachts war im Wald fast nichts los. Keine Wanderer. Keine Reiter. Und auch fast keine Tiere. Die perfekte Umgebung zum entspannen und zum Nachdenken. Doch worüber? Ihr Kopf war leer. Kein einziger Gedanke ging ihr durch den Kopf, während sie langsam einen Fuß vor den anderen setzte und dem leisen Wind lauschte. Sie fühlte sich wie in einem Traum. Alles schien so surreal, so wunderschön, so vollkommen,doch sie wusste, dachte, dass es real war. Sie merkte es, als sie mit ihren Fingern über die Rinde eines Baumes strich und sie merkte es,als der Wind, unscheinbar und leise auf ihren Armen kitzelte, sich um ihre Beine wand und ihre kleinen Härchen aufstellte. Sie atmete tief ein und wieder tief aus. Einmal. Zweimal. Dreimal. Mit jedem einatmen machte sie vier Schritte, mit jedem ausatmen drei. Die Blätter, die noch vom letzten Herbst auf dem Boden lagen waren angenehm kühl unter ihren nackten Füßen. Ein wunderbarer Kontrast zum heißen,schwülen Wetter des Tages. Leise raschelte der Waldboden. Das scheinbar einzige Geräusch, was sie wahrnahm. Ihre Schritte wurden mit der Zeit immer langsamer, je näher sie ihrem Ziel gekommen war.Noch vier Schritte, drei, zwei, einer. Sie blieb stehen. Wunderschön und majestätisch fügte sich die kleine Laube in das Gebilde des Waldes ein, verschmolz mit den Bäumen, schien an diesem Fleck gewachsen zu sein. Sie hatte diesen Ort geliebt. Hier waren alle Gedanken und Erinnerungen, die sie noch an ihre Kindheit hatte. Sie war in ihren jungen Jahren oft hier gewesen. Mit ihrer Mutter. Doch ihre Mutter lebte nicht mehr. Sie hatte sie verlassen. Absichtlich.Allein gelassen in dieser Welt, in der sie nicht sein wollte.Zurückgelassen bei Menschen, die sie nicht mochte. Eine Träne lief ihr die Wange hinunter. Jeder Mensch, den sie kannte hatte ein vollkommenes, ein wunderbares Leben und was hatte sie? Einen Vater,der sich nicht für sie interessierte und eine Mutter, die sich selbst das Leben genommen hatte. Ihre Großeltern wohnten weit weg,Geschwister hatte sie keine. Freunde? Das war ihr fremd. Niemand wusste etwas über sie. Nicht einmal ihren Namen. Sie hatte ihn selber schon längst vergessen und sie hatte vergessen, wie man sprach. Sie schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht zu sehr in der Vergangenheit leben. Sie lebte im hier und jetzt. Sie atmete tief ein und wagte einen Schritt über die Türschwelle des Hauses. Im inneren sah es noch genauso aus, wie sie es in Erinnerung hatte. Damals, als ihr Leben noch relativ unkompliziert war. Mit ihren Augen betrachtete sie jedes Möbelstück. Der aus Eiche verarbeitete Kleiderschrank in der Linken Ecke neben dem Gusseisernen Kleiderständer, an dem immer noch der Mantel ihrer Mutter hing. Auch das Sofa, was sie umgeschmissen hatte, bevor sie das Haus unter Tränen verlassen hatte, lag immer noch genau so da, wie sie es zurückgelassen hatte.Die Gardinen mit den Rosenmotiven waren noch ausgeblichener und noch genauso zerrissen. Die Tapete neben dem Fenster hin lose herab.Langsam machte sie einige Schritte auf das Fenster zu und fasste nach der wand hinter der Tapete. Ganz leicht lies sie sich eindrücken und brachte einen Hohlraum zum Vorschein, in welchem eine Truhe aus schwarz gefärbtem Eichenholz war. Mit zitternden Fingern hob sie die Truhe aus ihrem Versteck und öffnete sie. Auch der Inhalt hatte sich nicht verändern. Wie sollte er auch? Niemand außer ihr kannte ihr Geheimnis und sie hatte es immer gut gehütet. Vorsichtig, als könnte er jeden Moment zerbrechen, nahm sie den Messingschlüssel aus der Schachtel und hing ihn sich an seinem Faden um den Hals. Die Truhe verstaute sie wieder sorgfältig in ihrem Versteck, ehe sie sich umdrehte und langsam auf die Treppe zuging, die zu einer Tür führte.Der Tür zu ihrem alten Zimmer. Vorsichtig, als könnte er heiß sein, legte sie ihre Hand auf den Hölzernen Griff und verwahrte in dieser Position. Sollte sie wirklich da hoch gehen? Plötzlich fing sie an zu zweifeln, doch sie hatte es sich vor genommen und sie würde nun keinen Rückzieher mehr machen. Sie musste es nun hinter sich lassen. Die Alpträume ließen sie nicht los. Mit einem tiefen Atemzug setzte sie ihren Fuß auf die erste Treppenstufe. Tränen bildeten sich in ihren Augen, doch sie zwang sich weiter zu gehen.Zwölf Stufen weiter oben nahm sie den Schlüssel, der noch immer um ihren Hals baumelte und scheinbar immer schwerer wurde und steckte ihn ins Schloss. Mit zitternden Fingern drehte sie den Schlüssel und hörte kurz darauf ein leises knacken. Die Tür war auf. Ihre Wangen waren mittlerweile nass von den Tränen, die ihr unscheinbar über die Wangen gerollt waren, doch sie hob trotzdem ihre Hand auf dem Eisengriff und drückte ihn runter. Mit einem knarzen ging die Tür ein Stück auf. Jetzt würde sie die Stelle zum ersten Mal seit Jahren wieder sehen. Die Stelle, an der ihre Mutter in ihrem Kinderzimmer ihr Leben beendet hatte.
Ihr Atem war schnell und ihre Stirn nass vor Schweiß. "Ist alles in Ordnung?", ihre Mutter sah sie besorgt an. "Du hast im Schlaf geschrien!" Erleichterung breitete sich in ihrem Körper aus. Das war alles nur ein Traum gewesen. Ihre Mutter war hier und sie war in ihrem Bett. Langsam nickte sie. "Alles gut. Ich habe nur schlecht geträumt." Ihre Mutter strich ihr über die Stirn."Brauchst du etwas?" Sie schüttelte den Kopf. "Versuch weiter zu schlafen." behutsam deckte ihre Mutter sie zu und verließ ihr Zimmer. Immer noch erleichtert sah sie an die Decke. Es war nur ein Traum. Nur ein böser Traum. Der kann mir gar nichts. Er war nur so real! War der Traum vielleicht eine Botschaft? Was wollte ihr Unterbewusstsein ihr sagen? Sie dachte darüber nach, doch in dieser Nacht würde sie keine Antwort mehr darauf erhalten.
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Hierbei handelt es sich um eine Geschichte, die ich zum Thema "Traum" für das künstlerische Profil meiner Schule geschrieben habe.
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Shortstories/Oneshots
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