Ich hatte mich geirrt. Die Woche wurde noch stressiger und nervenaufreibender als ich gedacht hatte.
Zu erst mal musste ich mich von all meinen Freunden und Kollegen verabschieden, was hieß, dass ich eine Party geben musste. Also organisierte ich innerhalb von zwei Tagen eine komplette Party mit allem drum und dran für 50 Gäste.
Als die Party dann endlich Mittwoch morgen vorüber war und ich mich auch von dem letzten Gast verabschiedet hatte, sank ich ins Bett und wachte erst wieder Donnerstag Nachmittag auf, wodurch ich in Hektik verfiel, da ich noch nichts für meine kommende ,,Reise" eingekauft hatte.
Also sprintete ich in das nächst größte Einkaufszentrum und deckte mich mit allem ein, was mir nützlich erschien. Außerdem kaufte ich noch ein paar ,,Luxusartikel", wie zum Beispiel Schminke, ein schickes Kleid (man kann ja nie wissen...) und jede Menge Bücher. Ohne Bücher geht bei mir gar nichts!
Als ich dann auf dem Rückweg war, mittlerweile war es schon 17:30 Uhr und mein Geldbeutel um einiges leichter, wurde mir auf einmal schmerzhaft bewusst, dass ich morgen schon im Flieger nach Korea sitzen würde. Morgen schon war ich Teil des Krieges.
Ich trat auf die Bremse, als mir plötzlich einfiel, dass ich in einer halben Stunde bei meiner Mutter sein sollte. Panik vermischte sich mit Angst.
So schnell ich konnte, fuhr ich nach Hause, warf meinen Einkauf in die Ecke, zog mich um, legte noch eine frische Schicht Make-up auf und hastete schon wieder zur Tür hinaus.
Punkt achtzehn Uhr stand ich dann vor dem Haus meiner Mutter. Als ich klingelte, überkam mich wieder die Angst, doch ich verdrängte diese so gut es ging, da ich meiner Mutter nicht noch mehr Kummer bereiten wollte, als sie ohnehin schon hatte.
Als meine Mutter dann die Tür aufmachte, musste ich Lächeln und die Angst verflog. Sie erwiderte mein Lächeln, doch war es ein trauriges. Ich bemerkte die tiefen Falten auf ihrer Stirn und die dunklen Ringe unter ihren Augen. Es war als wäre meine Mutter um zehn Jahre gealtert. Sie war gerade einmal fünfzig und sah doch schon aus, wie sechzig.
,,Schön dich zu sehen mein kleines Mäuschen", sagte sie und zog mich in eine feste Umarmung, die mir das Atmen schwer machte. Als sie mich wieder los ließ, zog sie mich in das Haus und nahm mir meine Jacke ab.
,,Ich hoffe du hast Hunger mein Schatz. Ich hab dir extra dein Lieblingsessen gemacht: Nudelauflauf."
,,Hmm lecker! Ich werde deine Kochkünste echt vermissen. Wer weiß, was es da zu essen gibt", sagte ich und rümpfte die Nase. ,, Wahrscheinlich immer das gleiche...naja so lange es keine Leber gibt, komme ich damit klar." Meine Mutter schmunzelte, sagte aber nichts dazu, sondern führte mich ins Esszimmer. Auf dem Tisch stand schon das Essen und außerdem noch drei prall gefüllte Tüten. Ich sah meine Mutter an und ihr grinsen wurde breiter,,Was ist da drin?", fragte ich ,,Ach. Nur ein paar Kleinigkeiten für mein Mäuschen. Essen, neue Kleidung für Winter und Sommer. Ich habe gehört, dass es dort ziemlich heiße Sommer und ziemlich kalte Winter gibt. Ich will ja nicht das du mir erfrierst."
Ihr Lächeln wurde wieder ein wenig traurig, doch sie überspielte es ,,Los setz dich und iss bevor es kalt wird!"
Wir setzten uns und aßen schweigend unsere Teller leer.
Nach einer ganzen Weile und zwei weiten köstlichen Gängen, zerrte meine Mutter mich zum Wohnzimmer und nötigte mich, alle Geschenke einmal auszupacken und anzuziehen, so weit das möglich war.
Meine Mutter hatte mal wieder total übertreiben. Sie hatte mir nicht nur einen Mantel, einen Schal aus cashmer, ein paar Lederhandschuhe sowie ein paar Knie hohe braune Wildlederstiefel gekauft, die in Korea alles andere als nützlich sein würden, sondern auch ein paar Platten von Tchaikovsky und den Andrew Sisters sowie noch mal ein gutes Dutzend Bücher. ,,Danke, Mom! Aber wie soll ich das denn alles noch in meinen sowieso schon völlig überfüllten Koffer bekommen und vorallem wann soll ich das denn bitte schön tragen? Die Sachen sind viel zu schade für den Krieg! Dort wird nur karkigrün getragen und dazu ein paar Armee Stiefel. Aber vielleicht wenn ich mal ein paar Tage in Soul oder Tokyo bekomme, werde ich diese Sachen in Ehren tragen", lachte ich und begutachtete meine Beute. Das kann ja noch eine ziemlich schweißtreibende Angelegenheit werden.
Ich hatte gehofft, dass meine Mutter über meine kleine, scherzhaft gemeinte Bemerkung vielleicht lächeln würde, doch stattdessen schwammen in ihren Augen Tränen, obwohl sie sich alle Mühe gab, dies nicht zu zeigen.
Ich ging auf sie zu und umarmte sie und so standen wir da. Nur wir zwei, bei leiser Musik der Andrew Sisters und dem leise knackenden Kaminfeuer. Das letzte mal für eine Ewigkeit, wenn nicht vielleicht auch für immer.
,,Wie wäre es mit einer letzten Runde Poker, nur wir zwei. Das heißt wenn du dich überhaupt traust", sagte ich, nachdem meine Mutter sich wieder gefangen hatte. Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht und sie antwortete:,,Setz dich! Ich hole den Wein und die Karten und dann werde ich dir mal zeigen, was ne Harke ist!"
Ich lachte und machte es mir auf der Couch vor dem Kamin gemütlich. Meine Mutter huschte aus dem Wohnzimmer und währenddessen räumte ich schon mal den kleinen Glastisch, der in der Mitte der Couch und dem Sessel stand, frei.Den Rest des Abends spielten wir Poker, tranken eine Flasche Wein und redeten über längst vergangenes.
,,...und dann hast du die Katze einfach gepackt, die Terrassen Tür aufgerissen und sie in den Schnee geworfen. Die arme Mia wusste gar nicht wie Ihr geschah und als sie wieder reingesprintet kam, war sie über und über mit Schnee bedeckt und klatschnass und du meintest dann ganz glücklich:,,schau Mami, jetzt haben wir eine schneekatze"".
Wir brachen beide in Gelächter aus und bekamen uns gar nicht mehr ein, was auch teilweise an dem vielen Wein lag.
Bis 02:00 Uhr morgens blieb ich bei ihr bevor ich mich verabschiedete und nach hause fuhr, um noch ein wenig Schlaf zu bekommen, bevor es dann los ging.
Das war mit Abstand der schlimmste Abschied, den ich je hinter mich bringen musste, das schloß sogar den Tod meines Dads ein. Einzig und allein der Abschied von meinem Bruder, als er nach Korea musste, war genauso schmerzhaft gewesen. Doch jetzt war meine Mutter ganz allein. Ich hatte Angst um sie.Nachdem ich in einen unruhigen Schlaf gefallen war, riss mich mein Wecker auch schon wieder drei Stunden später aus dem Bett.
Ich hatte nun noch eine Stunde in meinem derzeitigen Zuhause. Ich begann mich fertig zu machen und hatte hinterher noch so viel Zeit, etwas zu frühstücken, bevor ich dann zum Flughafen aufbrach.
Ich war schneller da als erwartet und mir blieben noch zwei Stunden bis zum Abflug.
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Zwischen Krieg und Skalpell
FanfictionDie Welt der jungen Krankenschwester Kate Bannett wird auf den Kopf gestellt. Sie wird in ein Mash Camp der U.S. Army verfrachtet. In die 4077. Dort lernt sie viele neue Menschen kennen, die ihr sehr schnell ans Herz wachsen. Doch einer scheint es...