1

47 5 0
                                    



Ich lag in meinem Bett und blickte stur zur Decke. Tränen rannen über meine Wangen auf mein Kopfkissen. Ganz leise.

Meine Gedanken hingen an meiner Freundin. Meiner besten Freundin. Bilder von ihren blonden Locken kamen vor meinem inneren Auge zum Vorschein. Ihr wunderschönes Lächeln. Ihre braunen Augen strahlten mich glücklich an. Ich vermisste sie so sehr.

Es klopfte an meine Zimmertür und ich wischte schnell meine Tränen und Erinnerungen weg. Ich stand auf und ging zur Tür. Genervt riss ich sie auf. „Was?"

„D-D-Deine Mutter w-will mit d-dir spre- spre- spre- "

Toll, Kratzer auf der CD, oder was?

Mein Stiefbruder sah mich ängstlich an, als ob ich ihn gleich schlagen würde. Aber das würde ich nicht tun. Nicht mehr. Denn seit zwei Jahren tat mir jede Berührung mit anderen Menschen weh. Und ihnen auch. Warum? Keine Ahnung, aber es wusste auch niemand davon.

„Sprechen?", beendete ich seinen Satz.

„J-J-J"

„Vergiss es!", damit drängte ich mich an ihm vorbei und rannte die Treppe hinunter.

„Mum?", rief ich, als ich die letzte Stufe erreicht hatte.

„Ja, Schätzchen. In der Küche!" Ich lief also zur Küche und ließ mich an der Theke auf einen der Barhocker fallen.

„Was ist denn?", ich stützte meinen Kopf auf meiner Hand ab.

„Ach, Schätzchen.", sie sah von ihrem Brett auf, direkt in meine Augen. Scheiße! Guck weg! Guck weg! Panisch suchte ich nach einem neuen Blickobjekt. Aber es war schon zu spät.

„Lucy, warum hast du wieder geweint?" Scheiße... Sie war einfach zu gut.

„Nur das Übliche. Aber, warum wolltest du mich denn jetzt sprechen?"

Mum seufzte laut auf: „Du ... Ähm, ... also ..."

„Hat er dich endlich gefragt?" Meine Stimmung wechselte sich schlagartig. Ein breites Grinsen zierte nun mein Gesicht und Mum ging es nicht anders. Überglücklich begann sie zu nicken. Ich schlug die Handflächen freudig zusammen.

„Super! Wann wollt ihr denn jetzt heiraten?"

„Nana. Ganz so weit sind wir noch gar nicht. Aber ", sie streckte mir ihre Hand entgegen, an der ich einen dicken Klunker erkennen konnte. Ich nickte anerkennend und sie sprach weiter: „wir sind jetzt erstmal verlobt!"

Sie sprang glücklich wie ein kleines Kind durch die Küche.

Ihr Verhalten ließ mich kurz lachen. „Und? Wie hat er dir den Antrag gemacht?"

Mum wollte gerade den Mund öffnen, als mein Stiefbruder Nico rein kam und schon wieder irgendetwas stotterte. Ich seufzte genervt und ließ mich vom Hocker rutschen.

Ich konnte ihn nicht wirklich gut leiden und ich machte mir auch keine große Mühe das zu verstecken.

„W-Was ist de-de-denn hier l-los?" fragte er interessiert.

„Nichts für Jungs!", sagte ich „freundlich" und ging dann zurück in mein Zimmer.

Dort ließ ich mich wieder auf mein Bett fallen und starrte wieder an die Decke.

Erneut schlich sich Jamy in meine Gedanken. Wie sie lächelte, lachte. Wie sie lebte, doch auch die schlimmste Szene, die wir je zusammen erlebten.

Die Bilder brannten sich in mein Gedächtnis und erneut suchten Tränen ihren Weg aus meinen Augen. Es fühlte sich so echt an, fast so, als würde ich mitten im Geschehen stehen.

AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt