Michael lief derweil im Empfangsraum der BAUGEWE, Ferdinand Mahrns Firma, auf und ab. Die Sekretärin hatte ihm schon einen Kaffee gebracht, doch der war schon länger leer. „Herr Mahrn ist in einer Besprechung, den kann ich nicht stören. Bitte haben Sie noch etwas Geduld.", hatte die Vorzimmerdame ihm mitgeteilt. Nun hatte er abwechselnd gestanden, gesessen und umhergelaufen. Seit seiner Ankunft waren schon mindestens zehn Minuten vergangen. Ein nervöser Blick auf die Uhr verriet Michael, dass es bereits auf 16:30 Uhr zuging. Endlich ging die Tür auf und ein sportlicher Mann, etwas jünger als Michael selbst, stand im Gang. Ferdinand Mahrn hatte dunkelbraunes, kurzes Haar und einen leichten Drei-Tage-Bart. Seine Augen wirkten glänzend und er wirkte insgesamt sehr bodenständig, wie Michael fand. Die beiden Männer gaben sich die Hände und stellten sich einander vor. Dann bat der Geschäftsmann den Kommissar in sein Büro. Dieses war leer, was Michael Stutzig machte. Hatte die Sekretärin nicht etwas von Besprechung gesagt? Dann entdeckte er den Computer inklusive Kamera und Mikrofon und wusste, dass die Besprechung über eine Videokonferenz abgelaufen war. Als die beiden sich am Schreibtisch gegenübersaßen, erkundigte Mahrn sich: „Wie kann ich Ihnen helfen, Herr Naseband? Geht es um meine Exfrau? Oder um das schmerzhafte Foto, dass Sie unbedingt in der Zeitung veröffentlichen mussten?", sprach Ferdinand Mahrn mit einer Stimme, die gegen Ende immer leiser wurde. „Herr Mahrn, ich wünschte auch, dass ich Ihnen das Foto ersparen hätte können, doch haben wir neue Hinweise, dass Ihr Kind eventuell noch lebt. Darum mussten wir in jede Richtung ermitteln. Ich würde gerne wissen, was Sie über die Entführung Ihrer Tochter denken. Und wer es gewesen sein könnte?" Der Bauunternehmer schnaubte nur: „Wer soll es wohl gewesen sein! Dieser miese Stalker war's! Dieser pädophile Penner, wenn ich den in die Finger bekomme!" Michael blickte schweigend auf Mahrns wütendes Gesicht, bevor er die Frage stellte, wegen der er hergekommen war: „Herr Mahrn, uns ist zu Ohren gekommen, dass Sie sowohl Ihre Frau als auch Ihr Kind geschlagen haben sollen. Was haben Sie dazu zu sagen?" Michaels Gegenüber schien kurz davor zu explodieren, überlegte es sich jedoch scheinbar anders. „Ich gebe es zu, es gab vor zwei Jahren eine Zeit, in der ich mich nicht unter Kontrolle hatte. Mein damaliger Geschäftspartner Werner wollte aufhören und die komplette Firma mit sich ziehen. Da hätte ich meine Familie nicht mehr ernähren können! Ich habe alles getan, um meinen Job zu sichern! Und zu Hause bin ich dann leider ab und an ausgerastet, wenn meine Exfrau wieder unerfüllbare Forderungen an mich stellte. Das musste meine Tochter alles miterleben und kurz darauf wird sie auch noch entführt! Melanie sagt immer, ich würde Sie für das Verschwinden unserer Tochter verantwortlich machen. Das tu ich aber nicht. Ich wusste nur genau, dass ich mich nicht würde kontrollieren können, wenn ich weiter bei ihr bliebe. Also zog ich aus. Und nun besteht mein Leben hauptsächlich aus Arbeit. Dafür geht es mir aktuell psychisch besser." Michael versuchte, noch mehr aus dem Bauunternehmer herauszubekommen: „Herr Mahrn, mir wurde erzählt, dass Sie unter der Woche abends eigentlich nie zu Hause sind. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass Sie beinahe jeden Abend hier im Büro sitzen. Wo sind Sie, wenn ich fragen darf?" Da wurde der Mann gegenüber ziemlich sauer: „Was soll das! Was soll diese Fragerei?? Verdächtigen Sie etwa mich, dass ich meiner Tochter etwas angetan hätte? Was geht Sie mein Privatleben an? Und wenn ich jeden Abend in der Firma wäre, hätte Sie das überhaupt nicht zu interessieren!" – „Jetzt bleiben Sie mal ruhig, Mann. Es geht hier lediglich darum, dass Sie Aussagen machen. Nicht weil wir Sie verdächtigen, sondern weil wir immer noch versuchen, herauszufinden, wo Ihre Tochter ist. Sie wurde nämlich vorgestern gesichtet. Und wenn Sie nichts zu verbergen haben, sollte es doch keine Anstrengung für Sie sein, mir zu verraten, was Sie abends tun?", beruhigte Michael den Mann. Herr Mahrn war immer noch leicht verstimmt, antwortete schließlich doch:
„Ich war bei meiner Freundin Olivia Böhmer. Sie wohnt in der Nähe der Firma, um die Ecke in einem Hochhaus in der Sonnenstraße 54. Fragen Sie sie doch, sie wird es Ihnen auf jeden Fall bestätigen. Und nun müssen Sie mich bitte entschuldigen, ich habe noch einen Berg Arbeit vor mir. Hausbauten und –sprengungen lassen sich leider nicht durch Gespräche mit Ihnen planen. Einen schönen Abend." Es gefiel Michael gar nicht, so aus dem Raum heraus komplementiert zu werden, doch er beschloss, erst einmal keinen Aufstand zu machen. Zum wie es ihm vorkam zweihundertsten Mal stieg er in seinen Dienstwagen und fuhr in die Sonnenstraße.
Wieder hier zu sein bedrückte ihn, denn es war dort, wo Alex das letzte Mal wohlbehalten gesehen worden war. Als er aus dem Auto ausstieg ließ er erneut den Blick durch die Gegend wandern, vom Spielplatz bis hin zum Hof, doch es war niemand da. Also ging er an der ersten Einfahrt vorbei und bog in die zweite ein. An den Klingelschildern des Hochhauses musste er kurze Zeit suchen, bis er das Schild „O.Böhmer" fand. Er klingelte und lief kurz darauf die Treppe in den zweiten Stock hoch. Dort erwartete ihn nicht Frau Böhmer, sondern eine angelehnte Tür. Zögernd klopfte Michael an diese und wartete. Gleich darauf schon sich eine Frau von circa 40 Jahren in sein Blickfeld. Sie hatte hellbraune, schulterlange Haare und trug ein Sommerkleid. Ihm war als ob sie etwas erschrak, jedoch fing sie sich wieder und sah nur ihn irritiert an. „Was wollen Sie? Ich erwarte Besuch." Schnell zog Michael seinen Ausweis heraus und stellte sich vor. „Sie sind Frau Olivia Böhmer?", die Frau nickte und der Kommissar fuhr fort: „Ich hätte gerne ein paar Fragen beantwortet. Kann ich rein kommen?" Frau Böhmer schwang die Tür auf und bedeutete Ihm, sich im Wohnzimmer zu setzen. Michael betrachtete aufmerksam den Raum, während er sich seinen Platz auf dem Sofa suchte. Ihm stach ein kleiner Tisch mit lauter Kritzeleien und vielen Buntstiften ins Auge. „Haben Sie ein Kind?" fragte er die Hausherrin. Diese errötete leicht: „Nein, aber die Tochter meiner Freundin kommt mich ab und zu besuchen." „Wie alt ist die kleine denn?" – „So zehn oder elf glaube ich. Ich habe es nicht so mit dem Alter. Sie wollten mir ein paar Fragen stellen?". Michael zog seinen Notizblock heraus und legte los: „Frau Böhmer, Ihr aktueller Lebensgefährte Ferdinand Mahrn hat uns gesagt, er sei gestern Abend hier gewesen. Stimmt das? Und wenn ja, wann war er hier?" Die Dame gegenüber überlegte kurz: „Ja er war hier. Das müsste kurz vor 9 gewesen sein, dass er hier eintraf. Er kam direkt von der Arbeit und erzählte mir, er habe einen Bekannten getroffen, daher hatte er sich etwas verspätet." – „Sagte er den Namen des Bekannten?" Die Frau zögerte kurz, verneinte aber gleich. Das kam Michael spanisch vor, jedoch sah er keine Möglichkeit, ihr eine Lüge zu beweisen. „Sie sprachen vorhin von Besuch. Darf ich fragen von wem?" – „Mein Bruder Marius wollte mich heute besuchen und abends wollte Ferdinand vorbei kommen." Michael setzte gerade dazu an eine weitere Frage zu stellen, da klingelte es an der Tür. Frau Böhmer bedeutete Kommissar Naseband sitzen zu bleiben und öffnete dem Besuch. Michael hörte sie murmeln, als sie dem Besuch etwas zuraunte, dann traten beide um die Ecke. Der Kommissar betrachtete den hereingekommenen Mann genau. Er war in etwa so groß wie Frau Böhmer, hatte jedoch dunkleres Haar und trug einen kurzen Bart. Seine Nase schien bereits einmal gebrochen gewesen zu sein, denn sie stach eindeutig aus dem Gesicht heraus. Michael dachte bei sich, dass der Herr ein richtiges Ganovengesicht hatte, denn seine grimmige Miene und die Form seiner Augenbrauen ließen ihn düster aussehen. „Gehen Sie Herr Kommissar, meine Schwester hat ihnen nichts mehr zu sagen.", brach der Mann nun die Stille. Michael ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. „Sie sind wohl Herr Marius Böhmer?" „Richtig. Und nun gehen Sie. Wir haben familiäre Dinge zu klären, da stören Sie. Also lassen Sie sich nicht noch einmal bitten. Sie wissen ja wo die Tür ist." Olivia Böhmer schien das Verhalten ihres Bruders etwas peinlich als sie den Kommissar hinaus geleitete, denn sie wünschte ihm noch einen schönen Abend bevor sie die Tür hinter sich schloss.
DU LIEST GERADE
Angst [K11 - Kommissare im Einsatz]
ФанфикK11 Fanstory Alex wird entführt. Ihren Kollegen bleiben nur 36 Stunden, bevor es zu spät ist... ________________________________________ Reviews, Tipps und Meinungen sind sehr erwünscht! Danke fürs mitlesen! :)