Tango zu Dritt. Wo sich diverse jugendliche Heldinnen aus weltweit bekannten Stories schon öfter wieder gefunden haben, wird für Elena eine Herausforderung. Sie ist der Sprössling einer wohlhabenden norddeutschen Großfamilie, die ein Gut in der Nähe...
Lookin' for something to help me burn out bright..."
brülle ich laut mit und schäume mir dir Haare ein. „Learn to fly" ist mein absoluter Lieblings- Shower- Song! Doch plötzlich wird er wüst unterbrochen. Mein Klingelton erschallt, zum Glück ist er nach einer Minute wieder vorbei, da die Mailbox angesprungen ist. Als ich fertig geduscht habe, höre ich den Ton, der mir anzeigt, das jemand drauf gesprochen hat. Nein, heute ist Sonntag, Leute! Meine Freunde wissen, dass ich diesen Tag heilige und niemals vor zwölf Uhr mittags ansprechbar bin. Und mein Boss eigentlich auch. Kinder habe ich keine und meine Familie...meine Familie! Ich hülle mich in einen Bademantel und schalte die Mailbox ein, drücke auf Lautsprecher. Mein Herz bleibt fast stehen. Auch, wenn ich ihn seit Jahren nicht mehr gesprochen habe, klingt seine Stimme immer noch nach Zuhause.
„Hey, hier ist Jonas. Ruf mich bitte zurück, es ist dringend. Meine Nummer ist...."
Mit zittrigen Händen wähle ich die Nummer meines Cousins. Eine Frauenstimme meldet sich.
„Petersen."
„Hey Laura, ich bin's, Elena. Jonas bat um einen Rückruf."
Laura, Jonas' Ehefrau, zögert. Nun, wir kennen uns nur vom Hörensagen. Wir sind eben alle ständig beschäftigt gewesen! Es raschelt und dann höre ich Jonas' angenehme Stimme, die man im täglich live im Radio erleben kann. Er ist der "Wetterfrosch" von Radio Schleswig- Holstein. Doch ich lebe in Berlin und höre meistens Star FM!
„Hallo Elena. Gut, das ich dich mal erreiche." brummt Jonas.
Hm, im Radio klingt er hoffentlich freundlicher! Und du hast doch nie wirklich probiert, mich zu erreichen, lieber Cousin!
„Was gibt es denn?" grummele ich zurück.
Es fühlt sich merkwürdig an, mit ihm zu sprechen und ich möchte eigentlich nichts mit ihm zu tun haben. Nun, das war mal anders. Wir sind zusammen aufgewachsen, waren wie Geschwister und eng miteinander verbunden gewesen. Ich bin sechs Jahre älter, und als ich mich in die Welt aufmachte, um zu studieren, zerstörte ich seiner Meinung nach unsere Verbindung. Er hat es mir nie so gesagt, ich weiß es von Ben, seinem jüngeren Bruder, mit dem ich ebenfalls ein geschwisterliches Verhältnis habe. Jonas antwortet nüchtern:
„Es geht um Oma. Sie ist vorgestern gestorben."
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Meine Knie werden weich und ich setze mich auf den Badewannenrand. Oma! Ich unterdrücke einen Schluchzer und versuche, mich wieder zu sammeln. Jonas klingt etwas sanfter, als er fortfährt:
„Die Beerdigung ist am Donnerstag, natürlich in Lüneburg. Wir treffen uns schon am Dienstag auf dem Gut."
„Alle?" hauche ich.
„Ja, Ben kommt auch. Anscheinend ist er gerade clean."
Ich habe meine Stimme wieder gefunden und entgegne, ohne auf Jonas' dummen Spruch einzugehen:
„Gut, ich sehe, was ich tun kann, um auch eher da zu sein. Auf jeden Fall komme ich spätestens Mittwoch Abend. Bis dann."
„Ja, bis dann."
Ich lege auf und ziehe mich an. Natürlich kann ich es mir leisten, frei zu nehmen, denn ich bin in der Firma, in der ich seit sieben Jahren arbeite, das beste Pferd im Marketing- Stall. Und einige Aufträge könnte ich auch von unterwegs erledigen. Trotzdem bin ich im Zwiespalt, weiß nicht, ob ich es aushalten kann, meiner Familie entgegen zu treten. Und schon gar nicht zu diesem Anlass! Oma hat mich aufgezogen, denn meine Mutter starb an einem Tumor, als ich fünf Jahre alt gewesen war. Mein Vater ist Spanier und lebt auch dort, ich bin das Ergebnis einer heißen Urlaubsaffäre gewesen. Doch das Thema „wegmachen" war für meine Familie absolut tabu. Mit norddeutscher Nüchternheit hatten meine Großeltern meine Mutter und mich aufgenommen und es wurde niemals über meinen Vater gesprochen. Schon ist das schlechte Gewissen da. Ich wußte, das Oma schwer krank war und ich hätte mich öfter bei ihr melden sollen...
