Aktionenerfinder

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Nothing is obvious with boys. For such simple creatures, they are quite baffling"
(Rick RiordanThe Throne of Fire)

„Gut Isabella, ich hab dir alles, was du wissen musst auf diesem Zettel geschrieben. Ganz wichtig ist, dass du Paul nicht später als 21.30 Uhr ins Bett bringst, sonst wird er am nächsten Tag bei seiner Oma unausstehlich. Ich hab dir zusätzliches Geld dagelassen, falls ihr einen kleinen Ausflug oder so macht. Seine Oma kommt Morgen so gegen Mittagessenszeit. Falls irgendwas ist, kannst du natürlich zu jeder Zeit anrufen...", Frau Lechner drückte mir eine lange Liste in die Hand:

'- Paul sollte nicht den ganzen Tag in seinem Zimmer verbringen,
- Weil Wochenende ist, darf er später ins Bett und eine zusätzliche Süßigkeit haben,
- Höchstens eine Stunde fernsehen (nur KIKA, kein Super RTL!!!)'

Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Pauls Mutter war echt lieb und alles, aber eben auch immer peinlich darauf bedacht alles ordentlich und strukturiert zu halten. Außerdem war sie immer nervös, wenn sie ihren Sohn für ein Wochenende allein lassen musste.

„Mach dir keine Sorgen Gabi, Paul und ich kriegen das schon zusammen hin. Nicht wahr, Großer?", fragte ich den Achtjährigen, der neben mir stand. Er setzte seinen Unschuldslamm-Gesichtsausdruck auf und nickte ernst. „Genau, mach dir keine Sorgen, Mama. Weißt du, die Bella ist ganz pflegeleicht." Gabi lachte und ich verdrehte lächelnd die Augen. „Na dann, wünsche ich euch einen schönen Tag und eine gute Nacht natürlich auch!", meinte Pauls Mutter schließlich und umarmte ihren kleinen Schützling.
„Viel Spaß in Südtirol!",wünschte ich ihr noch zum Abschied und schließlich waren Paul und ich allein in dem großen Haus.

„Also Paul, wir haben jetzt noch exakt sechs Stunden bis es dunkel wird, wie deine Mama uns netterweise aufgeschrieben hat.", ich linste schmunzelnd auf die detaillierte Liste. „Worauf hast du Lust?" -„Ich möchte meine Hausaufgaben machen!", antwortete Paul wie von der Pistole geschossen. Ich sah ihn geschockt an. „Wer bist du und was hast du mit meinem Schulmuffel gemacht?"
Paul zuckte nur mit den Schultern und sagte ganz erwachsenenmäßig, was sehr nach seinemVater klang: „Hausaufgaben und gute Noten sind sehr wichtig für eine grandiose Zukunft, Bella.", dann war der kleine Rabauke auch schon die Treppe hoch geflitzt.
Ich starrte ihm verwirrt nach.

Da stimmte doch irgendetwas nicht.

Kopfschüttelnd packte ich meine Tasche, die noch im Flur lag und schleppte sie in das Gästezimmer, wo ich heute schlafen würde. Anschließend schlich ich mich leise an Pauls halboffene Zimmertür und tatsächlich, er saß an seinem Schreibtisch und kritzelte etwas in sein Heft. Na gut, vielleicht hatte sein Vater ihn doch mit seinen Reden überzeugt. Mir sollte es recht sein, denn so musste ich keinen Kampf mit Paul ausfechten, damit er endlich seine Hausaufgaben erledigte.

Ich ließ ihn mit seinen Aufgaben alleine und ging in die Küche, um die Süßigkeiten zu begutachten, die später für Paul zur Auswahl standen.

Da er nach einer halben Stunde immer noch nicht runtergekommen war, ging ich erneut nach ihm sehen, doch er saß immer noch an seinem Schreibtisch und hatte einen Stift in der Hand. Seltsam.

Leicht irritiert holte ich mein mitgebrachtes Buch heraus und machte es mir im Wohnzimmer gemütlich. Paul würde schon nach mir suchen, wenn er mich brauchte oder ihm langweilig wurde.

Maybe tomorrow (Mario Götze)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt