5.Kapitel. Großvater

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Nathaniel nickte. "Und jetzt Ihr. Wer seid Ihr? Und wenn Ihr so viel darüber wisst, könnt Ihr mir helfen es loszuwerden?"

"Ich befürchte um es los zu werden, hast du dich zu sehr daran gewöhnt. Aber du sagtest, du wusstest es gar nicht."
"Bis vor kurzen", ergänzte Nathaniel schnell und der Alte überlegte laut. "Wer hat dir das angetan?"
Nathaniel trat genervt gegen ein Stück Lehm, das sich von der Wand gelöst hatte. Es flog durch den Raum und zerschmetterte an der gegenüberliegenden Wand. Er unterstrich diese Geste mit den Worten "Mein Vater."
"Das kann ich nicht glauben. Welcher Vater würde das seinen Kind antun?"
Nathaniel lachte bitter.
"Der der sein Land aus purer Machtgier in den Abgrund treibt."
"Sein Land?" einen Moment schien der Alte verwirrt, eh er aufsprang.
"Du bist Prinz Nathaniel?"
Er fluchte innerlich nun hatte er es wirklich geschafft sich zu verplappern und war erkannt worden. Verdammt, was nun? Am besten, nichts wie weg hier. So war der Plan, doch Nathaniel kam nicht mal dazu, sich nach einer Fluchtmöglichkeit umzusehen, eh der Alte mit schnellen Schritten auf ihn zu kam. Erst jetzt konnte Nathaniel sein Gesicht richtig sehen. Das kleine Feuer beleuchtete das Haus nur spärlich und die Schatten tanzten so wild, dass man Details nur schlecht erkennen konnte, wenn sie mehr als ein paar Zentimeter von einem entfernt waren. Doch so nah war ihm dieses Typ nun gekommen und Nathaniel erschrak fast. Dieses Gesicht. Wenn man die Falten und die grauen Haare einmal außer Acht ließ, hatte Nathaniel das Gefühl in einen Spiegel zu schauen. Es war fast schon beängstigend. Die jeweils blaugrauen fast Silbernen Augen des jeweils anderen mussterten sich gegenseitig, eh sich die älteren langsam mit Tränen füllten und Nathaniel in eine feste Umarmung gezogen wurde. Er begriff gar nicht, was hier los war und löste sich von dem Alten.
"Was wird das?"
Der für ihn vollkommen Fremde sah ihn entschuldigend an.
"Es tut mir leid. Du weißt ja nicht mal, wer ich bin."
"Oh nein, ganz sicher nicht."
Der Mann lächelte doch seine Augen bleiben traurig.
"Nathaniel ich bin dein Großvater."
Nathaniel starrte ihn ein ganze Weile stumm an und schüttelte den Kopf.
"Das ist unmöglich. Ich habe keinen Großvater. Ich hab überhaupt keine Verwandten."
"PHA! Das wollte mein verfluchter Schwiegersohn dir vielleicht weiß machen. Um genau zu sein, hat er versucht, es wahr zu machen aber da bin ich! Immer noch quicklebendig!"
Nathaniel hob beschwichtigend die Hände.
"Ganz ruhig. Ich sagte doch nur, was ich weiß oder was ich zu wissen glaubte."
Der Alte atmete durch.
"Es tut mir leid. Ich ärgere mich nur so über dieses Schwein und vielleicht auch über mich, das ich es nicht geschafft habe dich und Evelin zu beschützen."
Nathaniel stutzte bei diesem Namen kurz, eh er fühlte wie sein Herz schwer wurde. Er hatte den Namen so lange nicht gehört, dass er einen Moment brauchte, um ihn zuzuordnen, doch als er ihn wiedererkannt hatte, kamen auch die Erinnerungen zurück. Die Erinnerungen an eine Frau, die so völlig anders war als Daron. Wie sie ihn liebevoll umarmte und er sich unbesorgt an sie kuscheln konnte. An ihr Lachen und ihre langes Haar, so Kohlrabenschwarz, wie das seine. Er dachte so selten an sie, dass er bei jeden Mal vergessen hatte, wie sehr es ihn schmerzte. Nathaniel verdrängte ziemlich erfolgreich jedes Mal aufs Neue, wie sehr er sie vermisste und dann tat es beim nächsten Mal genauso weh.
Daron redete nie von ihr, oder irgendwelchen Verwandten. Natürlich nicht, schließlich wollte er ihn kontrollieren. Andere Meinungen oder gar Unterstützung und Sorge hätten ihn dabei nur gestört.
Der Alte legte ihm eine Hand auf die Schulter.
"Du vermisst sie genauso sehr wie ich."
Nathaniel nickte.
"Dabei kann ich mich kaum an sie erinnern."
"Du warst noch sehr klein. Deshalb habe ich dich auch nicht gleich erkannt.", erklärte der Mann und Nathaniel fragte:
"Wie heißt du überhaupt?"
Der Mann lächelte.
"Ich bin Castiel."
Nathaniel wurde neugierig.
"Was ist damals wirklich passiert? Daron hat es mir nie gesagt. Er sagte immer nur, dass sie getötet wurde. Erst vor kurzem hat er zugegeben, dass er sie getötet hat. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich ihm auch nichts anderes mehr geglaubt."
Castiel sah ihn traurig an.
"Nicht nur sie. Er hat unsere ganze Familie ausgelöscht."
Nathaniel sah ihn schockiert an.
"Was alle? Aber wie?"
"Ganz einfach, er hat gewartet bis du geboren warst und dann hatte mein Bruder einen Unfall. Zumindest offiziell aber weißt du, Kronleuchter fallen nicht einfach so von der Decke. Ich war daraufhin sehr vorsichtig, denn mein Bruder hatte noch keine Kinder, darum wurde ich König. Natürlich konnte Daron nicht warten, bis er legitim zu durch die Heirat mit meiner Tochter zum Nachfolger wurde. Kein Jahr nachdem ich die Regentschaft angetreten hatte brach ein Feuer im Schloß aus. Oder viel eher, direkt vor meinen Schlafzimmer. Ich hatte Glück und konnte durch einen Geheimgang entkommen. Allerdings trug ich starke Verbrennungen, vorallem am Oberkörper davon und beschloss es sei das Beste für alle tot zu bleiben. Ich dachte, nun wo er den Thron hat, wäre er glücklich und ich hoffte auch deine Mutter und du könntet das werden. Sie war schließlich mein einziges Kind und ich wollte einfach nicht glauben, dass sie sich in ein Monster verliebt hatte. Ein Jahr lang geschah nichts und dann verbreitete sich die Nachricht das Evelin von einen Dämon getötet wurde. Nun hatte er einen Grund diese Wesen beherrschen zu wollen und konnte nutzen, was er vorher im Verborgenen geschaffen hatte. Ich wollte dich dort raus holen, doch Daron hätte mich sofort erkannt. Ich schickte einen guten Freund. Vielleicht erinnerst du dich daran."
Nathaniel schüttelte erst den Kopf, eh eine Erinnerung in seinen Hinterkopf sich meldete.
"Einen Moment, du meinst diese gescheiterte Entführung?"
Castiel nickte.
"Ich hatte Daron unterschätzt und nach diesen Vorfall, warst du spurlos verschwunden. Das nächste Mal, als ich von dir hörte, war etwa zehn Jahre später. Du warst so um die sechzehn Jahre alt und hast mit vier anderen eine rebellierende Stadt ausgelöscht. Es war ein Schock für mich. Ich war sicher, unter Darons Einfluss warst du genauso grausam geworden wie er."
Nathaniel seufzte.
"Schlimmer als er. Ich hatte keine Ahnung, wie sehr ich damals von Dämonenblut beeinflusst war aber ich hatte Menschen zusammengetrieben wie Tiere und verbrannt, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken."
Nathaniel starrte auf den Boden.
"Erst seitdem ich Avina getroffen habe, höre ich manchmal ihre Schreie und spüre das Blut an meinen Händen."
"Wer ist Avina?"

Larwenia Band 6 - Lord of Dark and DespairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt