86)Silencia in Sicht

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Azura's Sicht:

Wie Shadrian vermutet hatte, erreichten wir Silencia in der frühen Morgendämmerung. Schon von Weitem staunte ich über die Ausstrahlung dieser Stadt. Sie strahlte eine gewaltige Macht aus und viel wichtiger, noch eine ungebändigt Freiheit. Allein hier im Meer. Die dunklen Felsen der Insel, auf der die Stadt gebaut war, hielten den Wellen stand, die Tag ein Tag aus, mit einer enormen Wucht gegen die Steilküsten Silencias krachten. Von dem dunklen Gestein hoben sich die Lampen, die still in die Dunkelheit leuchteten, sehr schön ab. Das warme Licht, was sie verströmten, bildete einen wunderschönen Kontrast, zu dem kalten, schwarzen Fels. Es war hier ganz anders, als auf unserer Insel. Bei uns gab es Sandstrände und Büsche und Bäume, hier nur nackten Fels und Klippen. Als wir näher kamen, sah ich, dass auch vor der eigentlichen Insel hin und wieder spitze Felsen aus dem aufgeschäumten Meer ragten und auf Besucher wohl eine abschreckende Wirkung haben sollten, die sie keinesfalls verfehlten. Bei dem Gedanken an die spitzen Felsen erschauderte ich, als mir klar wurde, dass sie äußerst tödlich sein konnten, wenn es neblig war. Und Shadrian hatte gesagt das genau das häufig der Fall war. Nur jemand der sich hier auskannte und sein Leben lang hier gelebt hatte würde dann unbeschadet hindurch kommen. Zum Glück war es heute nicht neblig, denn ich hatte echt keine Lust, mir meine Flügel an den Spitzen zu verletzen und dann ins Meer zu stürzen, um dort jämmerlich zu ertrinken. Plötzlich änderte Shadrian die Richtung und hielt direkt auf Silencia zu und nicht mehr auf das Felsplateau, auf dem wir eigentlich landen sollten. Warum wohl? Egal, erstmal musste ich mich jetzt wieder aufs Fliegen konzentrieren, weil Shadrian nun mit Höchstgeschwindigkeit flog. Warum hatte er es denn plötzlich so eilig? Wir sollten doch nur in der Schlacht gegen die Surrisch helfen und nicht bei den Vorbereitungen.

Die Surrisch! Natürlich. Sie mussten früher kommen als angenommen und deshalb mussten wir uns nun beeilen. Aber wenn die Surrisch schon bemerkt worden waren, konnten sie ja ebenfalls nicht mehr weit weg sein. Das war ein Wettlauf gegen die Zeit. Deshalb flogen wir so schnell. Wir mussten diesen Wettlauf gewinnen sonst stand es schlecht um Silencia und deren Bewohner. Das war sogar mir klar obwohl ich diese Stadt nicht kannte. Ich schlug nun so schnell mit den Flügeln, wie noch nie in meinem Leben. Bevor wir die Stadt erreichten, war plötzlich Aurelia neben mir. Ich lächelte freundlich, doch in ihren eisigen, blauen Augen stand nur abgrundtiefer Hass. Ich zuckte erschrocken zurück, als die zuschnappenden Kiefer der lila gefiederten Königin mein Ohr nur um wenige Millimeter verfehlten. Meine Mutter, die auf meiner anderen Seite flog, fauchte erschrocken und wütend zugleich auf und knirschte bedrohlich mit den Zähnen. Die Beiden begannen, sich lauernd zu umkreisen. Astrid und Shadrian waren aufmerksam geworden und flogen nun zwischen die Beiden. Ich dankte Shadrian im Stillen, als er Aurelia mit an die Spitze nahm und sie so von meiner Mutter trennte.

„Was sollte das denn" fragte ich meine Mutter, um genauere Hintergründe für diese Attacke zu erfahren. Maja meinte nur gefährlich leise:

„Wenn sie dir auch nur ein Haar krümmt, ist sie eine tote Königin. Dann mach ich sie fertig. Das lasse ich mir nicht noch einmal gefallen. Ich werde dich beschützen. Ich habe einmal meine Tochter verloren, doch das passiert nicht noch einmal."

Ich sah sie entgeistert an und dachte über ihre Worte nach.


Verkehrte Welt 1 - Die Kinder des Himmels [Httyd/Drachenzähmen leicht gemacht]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt