1. Vielleicht

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Gehetzt blickte sie sich um und rannte dann weiter. Der Schnee unter ihren warmen Winterstiefeln knirschte und sie musste aufpassen, dass genau diese Tatsache ihr nicht zum Verhängnis werden würde. Die Spuren könnten sie verraten. Auch die Eisflächen, die unter dem Schnee verborgen lagen könnten sie zum Rutschen bringen, oder sogar zum Stürzen. Und einen Sturz konnte sie sich jetzt wirklich nicht leisten.

In der Ferne konnte sie endlich die Abbiegung erkennen, die sie schon vor zehn Minuten erwartet hatte. Die dicke Winterkleidung machte sich doch langsamer als gedacht. Keuchend erreichte sie die kahlen Büsche, schaute sich noch einmal schwer atmend um, bevor sie die Abzweigung zum Strand einschlug.

Vielleicht würden die Wellen ihre Fußspuren überschwemmen. Vielleicht würde er sie dann doch nicht einholen können. Vielleicht... Sie müsste nur das Cottage am anderen Ende der Bucht erreichen, dann wäre sie in Sicherheit.

In dem nassen Sand war es viel schwieriger ihre Geschwindigkeit bei zu behalten. Ihre Schuhe und der Saum ihrer Hose hatten sich schon mit dem Meerwasser vollgesogen, dass immer wieder von den Wellen zu ihr spritze. Aber das hier war ihre einzige Möglichkeit ihm zu entkommen.

Der Kuss war ein Fehler gewesen. Viele hatten es ihr gesagt, aber sie wollte es einfach nicht wahr haben. Viele hatten sie vor ihm gewarnt, aber sie hatte alle ignoriert. Sie hätte wohl besser auf sie alle hören sollen.

Jetzt befand sie sich auf der Flucht. Vor ihm. Er, zu dem sie sich sonst immer hingezogen gefühlt hatte. Aber Gefühle konnten Menschen täuschen.

Diese Lektion hatte sie auf hartem Weg lernen müssen. Sie hätte sich nie auf ihn einlassen dürfen. Nie hätte sie ihm ihr Vertrauen schenken dürfen. Nie hätte sie eine Beziehung mit ihm beginnen dürfen. Er war krank, doch diese Tatsache erkannte sie zu spät.

Ihre Lunge brannte durch den eisigen Wind, der von den Klippen zu ihr herüber wehte. Hörte sie da etwa Hufschläge? Nein, das konnte nicht sein. Er kannte diesen Pfad doch überhaupt nicht. Das hatte sie ihm nie gezeigt. Die Hufschläge entsprangen sicherlich ihrer Fantasie. Auf dem weichen Sand konnte am diesen doch überhaupt nicht hören. Sie wurde ja noch paranoid. Er konnte ihr auf diesem Weg gar nicht folgen.

Die erste Schneeflocke traf auf ihre Wange und schmolz direkt an ihrer erhitzten Haut. Der einen Schneeflocke folgten schnell mehr und nach kurzer Zeit war sie in einem regelrechten Schneesturm geraten. Das Rennen fiel ihr immer schwerer und sie verfiel in ein schnelles Joggen.

Bald hatte sie es geschafft. Nur noch wenige Schritte und sie würde ankommen. In der Sicherheit, in der Wärme. Sie konnte schon die ausgetretenen Steinstufen in den Klippen erkennen und das Licht des Cottages in der Ferne schimmern sehen. Sie nahm noch einmal ihre ganze Kraft zusammen und sprintete die Stufen nach oben. Immer darauf bedacht auf den glitschigen Steinstufen nicht aus zu rutschen. Endlich war sie oben angekommen. Das Licht des Cottages strahlte ihr einladend entgegen. Sie beschleunigte ihre Schritte noch einmal und achtete nicht mehr genau auf ihren Weg.

Kurz bevor sie die Gartenpforte erreichen konnte rutschte sie aus und landete im frisch gefallenen Schnee. Vor ihren Augen konnte sie eine kleine Holzfigur erkennen. Ein Bauer. Ein Schachbauer aus seinem Spiel. Vorsichtig nahm sie die Figur in ihre kalten Hände und rappelte sich wieder hoch. Wie war diese Figur hier gekommen? Er würde sie nie aus dem Haus geben. Er liebte sein selbst geschnitztes Schachspiel. Als sie ein angestrengtes Schnauben hinter sich hörte wirbelte sie erschreckt herum.

Da war er. Bedrohlich wirkend saß er auf seinem schwarzen Hengst, dessen Körper vor Anstrengung bebte. Das Pferd war altertümlich gesattelt. Etwas anderes hätte sie von ihm auch nicht erwartet. Er mochte das Mittelalter, dementsprechend war auch sein Haus eingerichtet.

„Du dachtest wohl du könntest mir entkommen", hörte sie seine Stimme, die ihr zusätzlich zu der Kälte einen Schauer über den Rücken jagte. „Du wolltest tatsächlich zu ihm flüchten. Aber wenn ich dich nicht haben kann darf dich keiner haben."

Bevor sie realisieren konnte was er gerade gesagt hatte durchzuckte ein stechender Schmerz ihre Brust. Sie konnte gerade noch sehen wie er sein altertümliches Ritterschwert wieder zurück zog, bevor ihr schwarz vor den Augen wurde. Ihr Blut tränkte den Schnee dunkelrot. In der Ferne sah man nur noch einen Reiter auf einem schwarzen Pferd.

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So, das ist dann mal der Anfang von meinem neuem Buch. Anmerkungen? Feedback? Meinungen? Lobeshymnen? Wutausbrüche? Lasst mir einfach einen Kommentar zu eurer Reaktion da.

Und wer ihn kennt darf sich gern bei Flolle/Bringi für dieses Kapitel bedanken. Er hat nämlich die Inspiration dazu geliefert und schlussendlich auch irgendwie für das ganze Buch.

Bis nächsten Montag eure A. ;)

Das CottageWo Geschichten leben. Entdecke jetzt