Kapitel 9 - Zehn sind zu wenig

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Gerrit erwachte mit schmerzendem Hals. Er brauchte kurze Zeit um sich zu orientieren, bis er erkannte, dass er im Büro eingeschlafen war. Er blickte auf seinen Computer, doch der hatte sich mittlerweile in den Ruhezustand gefahren. Stöhnend rieb der Kommissar sich den Hals und sah zur Uhr. Die Zeiger standen schon auf 10:03. Sie hatten nur noch 10 Stunden, um Alex zu finden und sie zu befreien. Er stand auf, dann durchsuchte er seine Hosentaschen, sah sein Handy blinken und fand eine SMS von Robert: Sind bereits auf dem Weg zum Bruder. Fahr du nochmal zum Vater des Kindes und konfrontiere ihn mit unserem Verdacht. Treffpunkt um zwölf Uhr wieder im K11.
Gerrit ärgerte sich über sich selber, hatte er doch viel zu lange geschlafen und wichtige Zeit vergeudet. Und seine Nachtschicht war auch nicht sehr erfolgreich gewesen. Er hatte keinen wirklichen Zusammenhang zwischen Alex' Entführung und der des Kindes feststellen können. Einzig allein die Entführung des Kindes machte Sinn, wenn er sich die wirtschaftliche Lage der BAUGEWE ansah. Die Zeitungsausschnitte, die er gelesen hatte, hatten deutlich gemacht, dass die Firma des Herrn Mahrn hauptsächlich dank der Tochter-Entführung schwarze Zahlen geschrieben hatte. Er ging davon aus, dass der Vater die Entführung als PR willkommen geheißen hatte und die Firmen eventuell ihm aus Mitleid die Aufträge zugeschussert hatten. Gerrit hätte seinen Lieblingsschal verwetten können, dass der Vater irgendwie seine Finger in der Entführung drinnen hatte. Doch das mussten sie ihm erst einmal beweisen. Doch konfrontieren wollte Gerrit den Mann. Immerhin ging es um Alex Leben. Der Kommissar streckte sich und schnappte sich seinen blauen Lieblingsschal und seine Lederjacke vom Schreibtisch, denn es hatte draußen das Stürmen angefangen.

Das Wetter passte zu Michaels Laune. Er war hundemüde, hatte vor Sorge um Alex kaum geschlafen und nicht einmal der Kaffee, den Robert ihm zu Beginn der Schicht ins Auto gebracht hatte, hatte geholfen. Er hatte seinen jungen Kollegen zu Hause abgeholt und sie waren zu Olivia Böhmers Haus gefahren um mit dem Bruder zu sprechen, doch dieser war nicht aufzufinden. Frau Böhmer versicherte Ihnen, dass sie nicht wusste, wo er sich aufhielt, denn er war schon sehr früh aus dem Haus gegangen. Die beiden Kommissare hatten beschlossen, ein wenig zu warten, für den Fall, dass der Bruder nach Hause kam, doch vergebens. Während sie da so auf dem Sofa saßen kam Robert eine Idee. Er bat Olivia Böhmer um einen Kaffee und als sie in die Küche ging, rief er mit seinem Diensthandy Michael an. Der blickte irritiert auf sein Handy, dann zu seinem Kollegen. „Geh schon ran, Mann. Vertrau mir.", zischte Robert leise. Also ging Michael ran und wartete, ob der junge Mann sein komisches Verhalten noch erklären wollte. Ihm ging ein Licht auf, als Robert das Handy zwischen die Polster des Sofas schob, sodass es nicht mehr zu sehen war. Ein Grinsen huschte ihm über das Gesicht. Wanzen konnten sie so schnell nicht installieren, aber vielleicht war es möglich so etwas herauszufinden. Nachdem Robert seinen Kaffee getrunken hatte, verließen die Kommissare das Haus und setzten sich wieder in ihren Dienstwagen. Michael nahm sein Handy und stellte es auf Lautsprecher. Es war fast nichts zu hören, denn Frau Böhmer schien nicht im Wohnzimmer zu sein. Nach einer Weile hörten die Kommissare leise Stimmen, die jedoch gleich lauter wurden. Die Dame hatte den Fernseher eingeschaltet und sah sich eine Arztserie an. Man konnte das schnulzige Gerede hören und beide Kommissare lachten in sich hinein. Wenigstens hatten Sie ein bisschen Unterhaltung, denn reden durften Sie nicht, vielleicht waren sie ja durch das Handy zu hören. Da plötzlich stupste Robert seinen älteren Kollegen an und deutete auf den Gebäudekomplex. „Ist das nicht der, den wir suchen, Michi?" – „Ja, hast recht. Dann hören wir mal, was er so zu erzählen hat.", flüsterte Michael zurück. Gespannt saßen beide vor Michaels Handy und harrten der Dinge, die da kommen wollen. Zuerst hörten sie nichts. Nach einigen Minuten hörten beide die Hausklingel läuten und wie Frau Böhmer aufstand und zur Tür ging. Die Kommissare vernommen leise Stimmen, konnten aber Nichts verstehen, bis beide Personen wohl ins Wohnzimmer gingen. Dann wurde der Fernseher ausgeschalten und sie konnten dem Gespräch nun endlich folgen: „...Polizisten waren vorhin hier und wollten mit dir reden. Worauf genau hast du dich denn überhaupt eingelassen? Du machst doch nicht etwas Illegales?", fragte sie ihren Bruder aufgeregt. „Als würde dich das etwas angehen. Ich sorge nur dafür, dass ich bald hier raus kann und du mit diesem Baufutzi ein schönes Leben haben kannst. Ich mach' die Drecksarbeit für ihn, dafür zahlt er gut." Olivia Böhmer atmete laut hörbar ein: „Du bist in etwas Illegales verwickelt. Ich bin mir sicher! Sonst würde dich die Polizei nicht besuchen wollen. Du tust aber niemandem etwas an, oder?" Ihr Bruder lachte hämisch: „Ich mache nicht mehr, als du Schwesterherz. Dein Geliebter ist aber auch nicht ganz unschuldig, immerhin hat er..." „LEITSTELLE FÜR K11 BITTE KOMMEN!" tönte es da auf einmal laut aus dem Funkgerät im Wagen der Kommissare. Michael fluchte und stellte das Gerät sofort auf lautlos. Doch es war zu spät. „Was war das, Olivia??", hörten sie durch den Handylautsprecher. „Hier ist doch etwas! Scheiße, ein Handy! Und es telefoniert. Haben die Bullen die Wohnung verwanzt?? Verrätst du mich etwa?" Seine Schwester antwortete panisch: „Nein, ich hatte doch keine Ahnung! Die waren vorhin hier gesessen und ich habe sie echt nur ganz kurz alleine gelassen. Ich konnte ja nicht ahnen, dass die ihr Handy hier lassen!" Dann hörten die Kommissare nichts mehr außer einem leisen, langen Ton – Marius Böhmer hatte aufgelegt. Schnell legte Michael das Gerät beiseite und gemeinsam sprangen beide aus dem Auto und liefen ins Haus. Robert nahm die Treppe, während Michael den Aufzug nahm um zu verhindern, dass der Verdächtige fliehen konnte. Michael drückte ungeduldig auf den Schalter und versuchte den Aufzug dazu zu bewegen, schneller zu kommen. Als die Tür endlich aufging hatte Michael bereits die Waffe gezogen, für den Fall, dass ihr Verdächtiger darin war. Doch der Aufzug war leer. Also steckte Michael seine Waffe erst einmal wieder in das Holster zurück. Als er oben ankam, stand Robert schon wachsam vor der Tür der Wohnung. Energisch klingelten die Kommissare und als Frau Böhmer die Tür öffnete, rannte Robert an ihr vorbei und sicherte die Wohnung. Michael hatte derweil die Wohnungsbesitzerin an den Handgelenken gepackt: „Sie haben uns einiges zu erzählen, Frau Böhmer. Sie begleiten uns auf jeden Fall zur Dienststelle - ebenso wie ihr Bruder." Da kam Robert zurück: „Michael, es ist alles sauber. Der Kerl ist weg." – „Wo ist Ihr Bruder Marius?", fuhr Michael die Frau genervt an. „Ich weiß es nicht. Als er das Handy entdeckt hatte, ist er aus dem Haus gestürmt." Robert holte sein Handy aus dem Wohnzimmer und schien enttäuscht. Doch dann hellte sich sein Gesicht auf: „Womit wir seine Fingerabdrücke haben. Das kommt sofort zur Technik!" Michael nickte, denn auch in ihm hatte sich ein kleiner Funke Hoffnung breit gemacht, dann gingen Sie gemeinsam die Treppen runter und stiegen ins Auto.

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Ein etwas kürzeres Kapitel, leider habe ich nicht so viel Zeit wie ich gerne hätte...aber es geht weiter, langsam aber sicher. Naja, ich hoffe Ihr bleibt dabei!

Angst [K11 - Kommissare im Einsatz]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt