Wir rannten zum großen Zelt und schlichen uns unauffällig auf die Tribünen. Die Manege war hell erleuchtet. Auf einer Seite war ein meterhohes Gerüst aufgestellt worden, auf dem zwei Artistinnen standen. Direkt darunter befand sich eine Wippe. Keine gute Idee!
„Sie werden wohl nicht-"
Genau in dem Moment sprang ein muskelbepackter Mann auf das eine Ende der Wippe, sodass Nathan, der auf dem anderen stand, in die Luft katapultiert wurde. Anstatt zu schreien, was mir angesichts dieser Höhe total angemessene erschien, entschied er sich allerdings dazu, Rollen zu machen. Rollen! Dann landete er selbstsicher auf dem Gerüst und verbeugte sich. Die beiden Mädchen, die oben standen, klatschten mit einem breiten, perfekten Lächeln.
„Krass oder?"
„Krass", stimmte ich Roy baff zu.
In dem Moment bemerkte uns Nathan und winkte grinsend. Der Gedanke, dass ich ihm bei diesem Mega- Sprung zugesehen haben könnte, machte ihn offenbar sehr...selbstsicher. Er hätte jedenfalls ganz gewöhnlich die Leiter hinabsteigen können- stattdessen hangelte er sich Meter für Meter zu Boden und trabte anschließend zu Roy und mir. Sofort setzte Roy sich aufrechter hin und legte seinen Arm auf meine Schulter. Nathans Blick blieb kurz auf Roys Umarmung hängen, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle.
Ich räusperte mich, suchte nach irgendetwas Unverfänglichem. „Der Sprung war irre! Hattest du denn keine Angst?"Er winkte bescheiden ab. „Das war doch gar nichts"
„Gar nichts", äffte Roy ihn nach, doch das stachelte Nathan nur weiter auf.
Er setzte sich auf den freien Stuhl rechts von mir. „Lieb sein Roy, sonst kriegst du morgen kein Geschenk von mir!", witzelte er.
Ich sah alarmiert zu ihm. „Geschenk? Warum denn Geschenke?"
„Na weil man auf einer Geburtstagparty nun mal Geschenke von seinen Ehrengästen bekommt" Nathan sprach so, als wäre das alles total logisch.
„Geburtstagsparty?" Ich schluckte und dann viel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich wandte mich zu Roy. „Du hast...du hast morgen Geburtstag?"
„Oh oh", hörte ich Nathan amüsiert murmeln.
„Summer entspann dich. Ich wollte-"
„Wieso hast du es mir denn nicht gesagt? Warum machst du denn so ein Geheimnis daraus, dass du morgen deinen Geburtstag feierst?!"
Er blies seine Backen auf, dann ließ er die angestaute Luft langsam entweichen. „Ich wollte nicht, dass du dich gezwungen fühlst, morgen zur Party zu kommen"
„Als würde sich irgendjemand auf der Welt nicht freuen auf eine Party zu gehen" Nathan rollte mit den Augen, dann sah er mich vielsagend an. „Und morgen wird es auch noch mega-cool! Unser Neuer ist nämlich DJ"
Wieder verkrampfte ich. Er hatte morgen Geburtstag! Ich hatte gar keine andere Wahl mehr- ich musste morgen zu dieser Party! Ich.Musste.Morgen.Zu.Der.Party. Ich-
„Summer, alles okay?" Roy sah mich besorgt an.
Ich nickte, doch ich hatte mich noch nicht so unter Kontrolle, als dass ich mit diesem nervösen Nicken wieder hätte aufhören können.
„Du musst nicht kommen, wenn du nicht willst, wirklich! Ich wäre überhaupt nicht sauer"
„Ja klar", hauchte ich und fühlte mich, als würde die Angst mich erdrücken. Als würde sie meine Luft atmen und mich so langsam ersticken lassen.
„Im ernst. Ich wollte dir einfach die Wahl lassen. Du solltest dich nicht unter Druck gesetzt fühlen"
„Wieso denn unter Druck?" Nathan schien nichts mehr zu kapieren, aber bevor Roy ihn wegschicken konnte, legte er wie zufällig seinen Arm auf meine Stuhllehne. Wirklich?
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Die Kunst des Clowns
Teen FictionKinder lachen 500 Mal am Tag. Erwachsene nur knapp 15 Mal. Summer nie. Die siebzehnjährige Tochter eines Orangenplantagenbesitzers und einer ehemaligen Geschichtslehrerin fürchtet, ihr Lachen verloren zu haben. Seit Jahren leidet sie unter einer An...