Kapitel 11 - Ein Opfer

388 15 4
                                    

Im Kommissariat saßen derweil Robert und Michael mit der Verdächtigen Olivia Böhmer im Vernehmungszimmer und versuchten sie über ihren Bruder auszufragen. Doch egal, wie sie der Frau kamen, mehr als die Informationen, die die Kommissare bereits hatten, war aus ihr nicht herauszubekommen. Michael war sich sicher, dass sie sowohl ihren Bruder als auch ihren Freund decken wollte und darum schwieg. Und nachdem sie ihr nichts nachweisen konnten, mussten sie die Dame auch schnell wieder gehen lassen. Robert trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Er war offensichtlich tief in Gedanken versunken, denn er reagierte überhaupt nicht, als Michael mit ihm sprach. „He, Robert! Ignorier' mich nicht. Was ist denn los mit dir?", fragte sein älterer Kollege, dessen Laune sich gerade irgendwo zwischen Amüsement und Frustration befand. Robert hörte das Trommeln auf, schwieg noch einen Moment und antwortete dann: „Ich mach' mir Sorgen, Michi. Wir sollten eine Streife vor dem Haus der Frau Böhmer platzieren und sie einstweilen beschatten lassen, vielleicht lässt sich der Bruder dort blicken. Außerdem muss ich Gerrit anrufen. Ich hab ein ganz ungutes Gefühl gerade.", doch noch während er sprach ging die Tür auf und der Bayer kam rein. Robert stand so schnell auf, dass er seinen Stuhl lautstark umwarf, dann lief er zu seinem Freund. „Gerrit, Mann, was ist passiert? Du schaust grauenvoll aus!" Und wie recht er hatte: Gerrits Gesicht hatte auf der rechten Stirnseite Kratzer und das behelfsmäßig darüber geklebte Pflaster war bereits blutdurchtränkt, während der Kommissar ganz schön blass aussah. Robert bugsierte seinen Kollegen auf den Vernehmungsstuhl und spurtete aus dem Zimmer, um ein neues Pflaster und Desinfektionsmittel zu holen. Gerrit erzählte unterdessen seinem erfahrenen Kollegen, was ihm passiert war. Michael fluchte und ärgerte sich etwas über seinen unvorsichtigen Freund: „Mann. Du musst echt besser aufpassen, eines Tages bringst du dich noch um, wegen so etwas. Lass mal sehen. Ich glaube das sollte genäht werden." – „Ach Quatsch. Ein neues Pflaster drüber und ich bin wieder wie neu. Wir haben wichtigeres zu tun. Der Vater ist jetzt wohl gewarnt und wird sich möglichst unauffällig verhalten. Trotzdem sollten wir den beschatten lassen. Wir müssen so viel Input bekommen, wie nur möglich. Ich bin mir todsicher, dass er etwas mit dem Verschwinden der Tochter und von Alex zu tun hat.", murmelte Gerrit nur. Da kam Robert mit Verbandszeug in den Raum zurück und verarztete seinen Kollegen: „Das wird langsam zur Gewohnheit, Gerrit. Erst deine Hand, jetzt dein Kopf. Bald schaffst du es und ich muss dir das Bein oder so wieder annähen. Kommt, lasst uns ins Büro zurück und weiter überlegen." Doch die Kommissare sollten nicht wirklich zur Ruhe kommen. Kaum saßen sie an ihren Schreibtischen, schellte Michaels Telefon: Mordopfer in der Senefelderstraße. Robert wollte mit Michael alleine hinfahren, sodass Gerrit sich ausruhen konnte, doch der redete so lange auf ihn ein, dass er ihn schließlich doch mitnahm. Hauptsächlich gab er nach, weil er die Verzweiflung in den Augen seines Kollegen erkannt hatte. Da wollte Robert seinen Freund lieber bei sich haben – vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass dieser ja bereits schon verletzt war. Also fuhren die Kommissare zu dritt zum Tatort. Als sie dort ankamen, ging Michael die Streifenpolizisten nach den Ereignissen fragen, während Gerrit und Robert sich die Leiche ansahen. Der Doc blickte ihnen entgegen, scheinbar hatte er die Leiche schon untersucht. „Hi Jungs, klarer Fall, der junge Mann wurde erschossen. Ziemlich wahrscheinlich aus kurzer Distanz. Und noch nicht lange her. Vielleicht eine Stunde oder so.", fing der Doc an, während Gerrit nun das Tuch über dem Leichnam anhob. „Heilige Scheiße!", entfuhr es ihm, als er das Gesicht sah. „Robert, das ist der Einbrecher aus der Villa! Der, der mich mit der Vase erwischt hat! Die Augenpartie erkenn' ich eindeutig wieder." Robert war ganz schön erstaunt: „Du hast den Kerl doch nur kurz sehen können bevor er dir eine an den Kopf gegeben hat!" – „Richtig, aber er hatte seine Kapuze in dem Moment nicht auf. Die hatte er erst aufgesetzt als er aus dem Haus draußen war und über den Zaun gehupft ist. Ich bin mir sicher, dass es der gleiche ist." Gerrit richtete sich auf und sprach zu Dr. Alsleben: „Hey, Doc. Bitte schau, dass du den Kerl so schnell wie möglich obduzierst, okay? Je eher wir seinen Mörder finden, desto eher haben wir vielleicht eine Spur zu Alex! Ich spüre, dass es da einen Zusammenhang gibt. Bitte beeil dich, okay?" Er legte dabei so eine Dringlichkeit in seine Worte, dass der Doc erschrak und ihm sofort versprach: „Klar, Gerrit. Ich ruf euch an, sobald ich die Infos habe." Dann stieg er in seinen Dienstwagen und fuhr in die Rechtsmedizin zurück, währenddessen hievten die Arbeiter die Leiche in den Leichenwagen und machten sich ebenfalls auf den Weg. Robert und Gerrit sahen sich derweil noch den Tatort genauer an, jedoch stellten sie schnell fest, dass sie ohne die Spurensicherung nichts Definitives sagen konnten. Bis auf die Blutlache waren fast keine Spuren zu sehen und beide Kollegen wollten schon wieder zu Michael zurück gehen. Doch Robert zog plötzlich ein Taschentuch heraus und griff an den Boden. Triumphierend hob er die Patronenhülse hoch, die er entdeckt hatte und steckte sie in eine Tüte. „Wir haben eine Spur! Die zugehörige Waffe wird ja wohl einen eingetragenen Besitzer haben. Die kommt sofort ins Labor. Unsere Jungs dort haben bestimmt schnell heraus gefunden was die zugehörige Waffe ist und vielleicht sind sogar Fingerabdrücke drauf, dass wir herausfinden können, wem die gehört!" Gerrit musste angesichts des Enthusiasmus seines Kollegen grinsen. Robert war einfach ein Optimist durch und durch. Sie informierten Michael und brachten ihre heiße Spur ins Labor. Dort angekommen fragten die beiden jungen Kommissare bereits nach Ergebnissen des Einbruchs, doch bis auf die Blutspuren an der Wand des Verstecks und den Bruchstücken der Vasen hatte die Spurensicherung nichts weiter feststellen können und diese wollten sie nun mit der Datenbank und auch mit der DNA des Getöteten vergleichen. Also wieder keine heiße Spur. Doch dann kam Julia, die angehende Laborleiterin, zu ihnen und drückte Robert sein Arbeitshandy und einen Stick in die Hand, auf dem laut ihrer Aussage alle Daten zu den, auf dem Handy befindlichen Spuren waren – dann lief sie mit wehenden Haaren davon, jedoch nicht ohne Robert noch einen glühenden Blick zuzuwerfen. Robert wurde rot bis unter den Haaransatz und war froh, dass Michael im Auto geblieben war. Gerrits neckischer Blick war schon schlimm genug. Robert gab seinem grinsenden Kollegen einen Ellenbogenhieb in die Seite und deutete ihm, er solle den Weg nach draußen antreten. Dort wartete bereits Michael auf die beiden: „Jungs, ich habe einen Anruf von Olivia Böhmer bekommen. Sie meinte, es ginge um ihren Freund. Lasst uns mal hin fahren und sehen, was sie uns zu sagen hat."

Angst [K11 - Kommissare im Einsatz]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt