Kapitel 116 - Unverständnis für die Trennung

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Manchmal kann man etwas nicht nachvollziehen, weil man voll und ganz vom Gegenteil überzeugt war, doch man muss sich dann eingestehen, dass man der ganzen Zeit einer Lüge Glaube geschenkt hat...

Annabell's POV:
Stumm saß ich im Auto neben Greg. Er redete nicht, weshalb ich ihm wirklich dankbar war. Ich lauschte der Musik, um mich abzulenken, aber viel zu tief saß der Schock. Mein Kopf lehnte an der Scheibe und bewegte sich bei jeglicher Bewegung des Autos durch die mit Löchern versehene Teerstraße. Die Landschaft zog trüb an mir vorbei und plötzlich schaffte es nicht mal mehr der Schnee mir ein leichtes Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Die Magie des Winters bewirkte in mir nichts mehr. Nein, im Gegenteil sie betrübte mich nur zunehmend. Ich seufzte leise, als ich das große Gebäude schon von Weitem sah. Es ragte über die umliegenden Häuser empor und trug auf dem Dach ein großes rotes Kreuz. Das Krankenhaus... Irgendwie verbinde ich mit diesem Ort auch nur schlechte Erinnerungen, aber ich muss zu Niall. Ich glaube, er ist gerade der Einzige, dem ich noch vollends vertraue... Langsam kam das Auto zum Stehen und Greg schaute besorgt zu mir. Mühsam richtete ich mich etwas auf und wischte einmal über mein Gesicht, um einige Tränen fort zu wischen. "Wollen wir gehen?", fragte Greg mit sanfter Stimme. Ich nickte nur stumm und öffnete die Tür des Wagens. Ich raffte mich aus dem Sitz und stieg aus. So leise wie möglich schlug ich die Tür des Autos zu und lief in Richtung Eingang des Krankenhauses. Greg folgte mir wortlos. "Ich schaute starr auf den Eingang des Krankenhauses. Alles drehte sich in meinem Kopf und Erinnerungen von Dad's Todestag machten sich in meinen Gedanken breit und ließen es mir kalt den Rücken herunter laufen. "Es ist vergangen.", flüsterte ich mir zu, um das Wirrwarr in meinem Kopf in den Hintergrund zu bewegen, um einfach durch die Tür des Krankenhauses gehen zu können ohne an Dad zu denken. "Lass es uns schnell hinter uns bringen.", flehte ich Harry an. Er nickte mir beruhigend zu und drückte leicht meine Hand." Gequält schloss ich meine Augen, um die Erinnerung vor meinem inneren Auge verschwinden zu lassen. Neue Tränen formten sich in meinen Augen und ich unterdrückte ein Schluchzen. Greg bemerkte dies und legte beruhigend eine Hand auf meinen Rücken. Ich weiß noch immer nicht, ob ich ihm vollends trauen kann. Schließlich hat es mich wirklich verletzt, wie er über Dad geredet hat... Aber so wie er sich jetzt kümmert, liegt ihm etwas an mir. Das heißt doch, dass ich ihm vertrauen kann oder? Greg öffnete mir die Tür und ich nickte ihm dankend zu. Als ich die Eingangshalle betrat, konnte ich es nicht verhindern, dass sich erneut eine Erinnerung in meinen Kopf schlich. "Mit zitternden Händen und noch immer schwerer Atmung, holte ich mein Handy heraus und wählte Mums Nummer. „Annabell?", fragte sie mit zitternder Stimme. „Mum, auf welche Station muss ich?", fragte ich schnell. „Intensiv. Zimmer 34.", schluchzte sie. „Ich bin gleich da, Mum.", flüsterte ich und legte auf. Intensivstation, nein, nein, nein, das klingt ganz und gar nicht gut. Ich rannte zum Fahrstuhl und drückte auf mehrere Knöpfe." Mein Körper begann leicht zu zittern und ich ergriff verzweifelt Greg's Hand, um bei ihm Halt zu finden. Doch im nächsten Moment bereute ich meine Entscheidung. Was ist, wenn er meine Nähe nicht will? Wenn es ihm unangenehm ist meine Hand zu halten? Und ich kenne ihn ja auch erst seit kurzem... Unsicher schaute ich ihn an. Er schenkte mir ein beruhigendes Lächeln, dass mich erleichtert ausatmen ließ. "Dann lass uns zu Niall.", sagte Greg schnell und steuerte zielstrebig auf die Treppen zu. Er hat also nicht vergessen, dass ich die Fahrstühle meide... Ohne zu reden liefen wir stillschweigend nebeneinander die vielen Treppen herauf. Man hörte nur das Knartschen unserer nassen Schuhe auf den Treppenstufen und immer mal das Aufheulen der Sirenen von startenden Rettungswagen. Als wir endlich im richtigen Stockwerk ankamen, konnte ich es kaum noch abwarten Niall zu sehen. Das bewegte mich dazu schneller zu gehen und Greg so etwas hinter mir her zu ziehen. Der Gang zu Niall's Zimmer kam mir endlos vor und ich merkte, wie sich mein Körper immer mehr anspannte. Endlich tauchte die Tür am Ende des Ganges auf und ich bemerkte, wie ich fast rannte. Meine Hand löste sich von Greg's und ich öffnete die Tür zu Niall's Zimmer. Sofort schaute Niall auf und musterte mich besorgt. Ich stürmte auf ihn zu und spürte wie neue Tränen meine Wangen herunter liefen. Niall öffnete seine Arme und ich ließ mich fallen, um bei ihm Trost und Halt zu finden. Ich schluchzte auf und krallte mich an Niall's Pullover. Er zog mich fest an sich und streichelte beruhigend über meinen Rücken. "Ich bring ihn um.", hörte ich Niall zu Greg sagen. Er spannte sich etwas in der Umarmung an. "Ich schwöre, wenn ich ihn erwische, bring ich ihn eigenhändig um.", zischte er aufbrausend. Mein Herz fühlte sich immer noch so unglaublich schwer an, doch Niall vermochte es mit seiner Umarmung meinem Körper Wärme zu schenken, sodass das Zittern meiner Muskeln abnahm. Ich atmete hektisch durch mein Schluchzen. "Sch.", flüsterte Niall, dessen Körper sich wieder entspannt hatte, nachdem er mein Schluchzen vernommen hatte. Immer wieder flüsterte er beruhigende Wörter in mein Ohr und streichelte dabei sanft über meinen Rücken. Warum hat Harry, dass nur getan? Meine Augenlider wurden immer schwerer bis ich sie nicht mehr aufhalten konnte und sie zu fielen. Mein Herzschlag beruhigte sich und meine Atmung wurde langsamer bis ich in Niall's Armen einschlief.

Niall's POV:
Ich spürte, wie Annabell's Körper sich beruhigte und sie in meinen Armen einschlief. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Harry war ihre einzige Stütze nachdem Tod ihres Vaters und nun hat er einfach mit ihr Schluss gemacht. Wie konnte er nur? Er hat mir versichert, dass er sie liebt.... Ich habe es ihm in seinen Augen ansehen können, wie sehr er sie liebt... Wie kann er Schluss machen? Wie konnte er sie nur so verletzen? Ich könnte ihn umbringen! Annabell verdient das Beste und dann tut er ihr so weh. Wie konnte er nur? Dieser Dreckskerl! Ich bring ihn um! Prüfend schaute ich zu ihr hinunter. Sie krallte sich noch immer etwas in meinen Pullover und ihre Gesichtszüge waren leicht angespannt. Es verfolgt sie in ihre Träume... Zärtlich strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und streichelte durch ihr Haar. Greg saß auf dem Stuhl neben dem Bett und musterte sie besorgt. Als ich zurück zu Annabell schaute, waren ihre Gesichtszüge entspannter und auch ihr Griff wurde lockerer. Unbeirrt streichelte ich weiter durch ihr Haar und musterte sie, meine kleine Schwester. Sie ist so zerbrechlich und das wusste Harry, er wusste es! Er hat es selber gesagt und dann bricht er ihr Herz! Ich verstehe das nicht! Das macht keinen Sinn! "Hat sie noch etwas wegen ihm gesagt?", fragte ich Greg leise, um Annabell nicht zu wecken. Er schüttelte den Kopf und lehnte sich etwas in dem Stuhl zurück. "Nein, sie hat nur sehr geweint und war vollkommen fertig mit der Welt. Als ich ankam, saß sie weinend im kalten Schnee.", erzählte er und sein Blick wanderte zurück zu ihr. Im kalten Schnee... Hoffentlich wird sie nicht krank. Sie sollte es jetzt warm haben. "Kannst du ihr vorsichtig die Schuhe ausziehen?", fragte ich Greg schnell. Er nickte und löste daraufhin die Schleifen ihrer Sneaker. Vorsichtig zog er ihr erst den Rechten und dann den linken Schuh aus und stellte sie unter das Bett. Ich beugte mich zaghaft etwas nach vorne und zog die Decke über ihren kleinen Körper. Ich kam noch immer nicht damit klar, dass Harry Schluss gemacht hatte. Es machte für mich überhaupt keinen Sinn. "Greg, ich verstehe einfach nicht, warum Harry Schluss gemacht hat? Er schien mir so verliebt in Annabell. Man hat es ihm doch angesehen oder nicht?", fragte ich ihn, um Bestätigung zu bekommen. Er nickte nachdenklich. "Man hat es ihm angesehen, glaubte ich zumindest. Du kennst Harry. Er ist unberechenbar. Vielleicht war das für ihn nur eine kurze Sache.", argumentierte Greg. Es stimmt, Harry war unberechenbar, aber Annabell hatte ihn doch verändert, das hat er selbst gesagt... Das kann doch nicht alles nur ein Spiel von ihm gewesen sein, oder?

Do you rescue me? (Harry ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt