chapter five » tears

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SOFORT BRECHE ICH IN TRÄNEN AUS und laufe los. Ich möchte einfach nur weg von diesem Ort sein und vor allem weg von diesem Unfall.

So lange ich kann, laufe ich nur weiter. Durch das Weinen ist meine Sicht so verschwommen, dass ich, als ich anhalte, gar nicht mehr weiß, wo ich mich gerade befinde.

Völlig außer Atem schaue ich mich um, durch das Mondlicht kann ich gerade noch etwas erkennen. Ich bin bis zu einem See gelaufen, mehrere Boote stehen am Ufer und um mich herum sind zahlreiche Bäume und Blumen.

Vorsichtig gehe ich bis zum Ende des Steges, der sich über einen kleinen Teil des Sees erstreckt. Nun ziehe ich meine Schuhe aus, stelle sie an die Seite und setze mich. Meine nackten Füße lasse ich ins kalte Wasser tauchen, während ich den See betrachte. Die Oberfläche spiegelt den Vollmond und die vielen Sterne.

Stumm laufen mir Tränen über die Wangen, als ich wieder an Tristan denken muss.

In Gedanken versunken merke ich erst, dass jemand neben mir sitzt, als er anfängt zu sprechen: „Alles okay?"

Ich zucke leicht zusammen und schaue dann zur Seite, nur um dann Tate neben mich sitzen zu sehen. Er schaut mich fragend an, woraufhin ich meinen Kopf schüttele und anfange zu schluchzen.

Tate legt einen Arm um meine Schulter und zieht mich zu sich, meinen Kopf lehne ich an seine Brust. Eine Weile verbleiben wir in dieser Position, dann setze ich mich wieder aufrecht hin und wische meine Tränen weg.

„War... war dein Freund in dem Bus?", fragt Tate vorsichtig und man merkt, dass es ihm unangenehm ist diese Frage zu stellen, wahrscheinlich, da er mich nicht verletzen möchte.

„Tris- Tristan ist nicht mein Freund... Er ist mein b- bester Freund. Und ja, ich... ich denke schon."

Plötzlich steht Tate auf und ich schaue hoch zu ihm. Er streckt seine Hand aus und grinst breit. Verwirrt nehme ich seine Hand, daraufhin zieht er mich hoch.

„Ich denke, du brauchst etwas Ablenkung", erklärt er und geht, immer noch meine Hand haltend, in Richtung der Boote. Bei ihnen angekommen, lässt er meine Hand los, verbeugt sich und während er mit beiden Händen auf eines der Boote deutet, sagt er: „Ladies first."

Bei dieser Geste muss ich leicht lachen und steige vorsichtig in das wackelige Boot. Nachdem ich mich hingesetzt habe, löst Tate das Seil, welches das Boot am Ufer hält und steigt ebenfalls ein. Er setzt sich gegenüber von mir hin und fängt an zu rudern.

Ich beobachte ihn, während er konzentriert auf die Ruder schaut. Seine blonden Locken wehen im leichten Wind zur Seite und seine dunkelbraunen, fast schon schwarzen Augen funkeln im Mondschein.

Tate blickt hoch und schaut mich mit seinen dunklen Augen an, lächelt. Ich erwidere sein Lächeln und bemerke, dass er in der Mitte des Sees angehalten hat.

Eine Weile schauen wir uns nur gegenseitig in die Augen, dann räuspert sich Tate: „Dein Lächeln ist wunderschön. Du solltest öfter lachen. Als du vorhin weggerannt bist... Ich konnte nicht anders, als hinterher zu kommen. Und als ich dich dann auf dem Steg gesehen habe, gemerkt habe, dass du weinst... Es- es hat mir das Herz gebrochen."

Sofort möchte ich aufstehen und Tate in die Arme schließen, jedoch sitzen wir in einem Boot, und wenn ich aufstehen würde, dann würde das kleine Ruderboot umkippen. Also schenke ich ihm ein warmes Lächeln, noch wichtiger, ein echtes Lächeln.

~

Nach fast zwei Stunden, in denen Tate und ich nur miteinander geredet haben, fahren wir wieder an das Ufer. Wir stehen von dem Boot auf und sobald wir wieder auf festem Untergrund stehen, falle ich Tate um den Hals.

Ich weiß nicht, was ich ohne ihn gemacht hätte. Wahrscheinlich wäre ich weiter herum geirrt, meine Gedanken nur bei Tristan und von meinem Schmerz erdrückt.

Tate hat mir den Schmerz genommen, wenn auch nur für diese Stunden.

„Danke. D- du hast mir echt geholfen."

Ich vergrabe mein Gesicht in seiner Jacke und für ein paar Minuten verweilen wir in dieser Position. Widerwillig löse ich mich aus der Umarmung und lächele ihn erneut an.

Danach machen wir uns auf dem Weg zu der nächsten Bushaltestelle und fahren zurück nach Hause. Wie sich herausstellt, steigt Tate bei der gleichen Haltestelle wie ich aus und wohnt auch nicht sehr weit von mir entfernt.

Nachdem sich unsere Wege getrennt haben, laufe ich regelrecht nach Hause, in mein Zimmer. Es ist fast 4 Uhr morgens.

Erleichtert, dass meine Eltern mich nicht gehört haben, als ich in mein Zimmer gestürmt bin, gehe ich, so leise wie möglich, in das Badezimmer und steige dann in die Dusche.

Sofort muss ich wieder an Tate denken. Er war so süß zu mir, hat sich um mich gekümmert. Wir kennen uns zwar erst seit zwei Tagen, jedoch hat er mich trotzdem getröstet und abgelenkt.

So schnell wie der Gedanke an Tate gekommen ist, so schnell kommt auch der an Tristan. Der an den Bus. Von meinen Gefühlen überwältigt, setzte ich mich in der Dusche hin, lege meine Arme um meine Knie, und fange an zu weinen.

nightmares || tate langdonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt