Hallo, ich bin eigentlich ein Junge.
Also, was heißt eigentlich? Ich bin ein Junge, nur in einem Körper geboren, der nicht mir gehört. Also er gehört mir schon, nur er sollte mir nicht gehören, ich will das nicht. Das alles fing an, als ich 12 war. Davor habe ich mit Puppen gespielt, mich aber auch mit Freunden in den Dreck geschmissen. Kleider getragen aber auch Hosen, dessen Löcher fast größer waren als ich. Ich habe mich natürlich auch für Mädchen interessiert, aber mein Augenmerk lag schon immer etwas mehr auf Jungs. Nie kam für mich in Frage Homosexuell zu sein – wobei ich sagen muss, dass ich mit 12 noch nicht ein mal wirklich wusste, was ein Homosexueller war. Die Jungen nannten sich nur gegenseitig immer Schwuchtel und fanden es dann überhaupt nicht cool, wenn sie sich schreiend hinterher rannten und sich eben gegenseitig solche Wörter an den Kopf schmissen. Verstanden habe ich so etwas nie, wie auch? Mir hatte ja niemand davon erzählt, dass Schwuchteln männlich sind und andere Männer lieben und mit ihnen Sex haben. Lesbe habe ich nicht gehört, schon gar nicht als Beleidigung. Auch von Transexuellen hatte ich nie etwas gehört, bis ich mich dann informiert hatte, weil auf meiner alten Schule ein Junge war, der ein Mädchen sein wollte. Ich hatte mich gut mit ihr verstanden, die anderen fanden sie doof, weil sie so groß und breit war, wie ein Junge eben. Sina hatte ich immer geschützt, als sie mich aber fragte, was die anderen an ihr so doof fanden und warum niemand mit ihr spielen wollte, fing ich an, darüber nachzudenken, ob ich nicht auch anders war. Wieso sollte ich auch sonst mit ihr Zeit verbringen, wenn es die anderen Kinder – die nicht so waren wie sie, es nicht taten? Stimmte etwas nicht mit mir? War ich wirklich so krank, wie die Anderen es immer behaupteten?
Als Sina dann mit 13 starb, war ich alleine, nicht immer, aber oft. In die Schule wollte ich nicht, dort musste ich die Mörder meiner besten Freundin sehen. Nachts weinte ich, lachen tat ich kaum, für mich war alles gelaufen, alles vorbei. Meine Mutter hatte mir immer gesagt, dass ich tragen sollte, was mir gefiel, etwas, in dem ich mich wohl fühlte. Und ich fühlte mich in meinen zu großen Klamotten einfach verdammt noch mal wohl! Ich mochte die Schuhe aus der Jungenabteilung, hasste es, wenn meine Oma mir Schminke schenken wollte und liebte es, in meinem Zimmer zu sitzen und zu lesen. Als ich dann auf eine andere Schule kam, fast 300 Kilometer von meiner Alten entfernt, dachte ich, es würde besser werden. Ich würde mich nicht mehr an Sina erinnern müssen, weil alle, die sie ermordet hatten, nicht mehr hier waren, sondern viel zu weit weg. Neue Schulen waren schön, fand ich. Man konnte sich bessern, besser sein, ändern, jemand komplett anderes sein oder auch einfach so sein, wie man wollte. Man bekam die Chance noch einmal alles anders zu machen und dafür war ich einfach dankbar.
Wisst ihr, als ich in mich in der Schule als Junge vorstellte, mit den Klamotten die ich trug, nahm man mich sofort als einer dieser coolen Badboys auf. In der Gruppe waren zwei kleine Jungs, sie waren dennoch etwas größer als ich. Der eine hieß Eddy, der andere Stegi. Stegi war mir von Anfang an total sympathisch. Ich mochte ihn wirklich sehr gerne, er mich ebenfalls. Als ich dann meinen ersten besten Freund als Junge hatte, wurde alles besser. Mit den Mädchen lief es dennoch gar nicht, doch ich fing nicht an mit irgendwelche Sorgen zu machen, wieso auch? Es war eben keine perfekte Freundin für mich dabei, so lautete meine Begründung. Stegi – mein bester Freund – jedoch, machte sich Sorgen. Oft hörte ich Worte, von anderen Schülern, wie: „Bist du kein Mann, oder warum interessierst du dich nicht für Titten.", „Warum schaust du der nicht auch auf den Arsch? Bist du schwul?" Gerne hätte ich ihnen gesagt, dass ich in einem Mädchenkörper stecke, aber wie hätte ich es formulieren sollen? „Ich bin eigentlich weiblich, aber bin lieber ein Mann, weil ich gern mit meinem dicken Penis und meinen dicken Eiern angebe, die ich nicht habe?" Wohl eher nicht.
Mein Outing war zwei Jahre später, in dem Zimmer meines besten Freundes. Stegi hatte mich eingeladen, er wollte mit mir reden, etwas klären.
Al sich bei ihm ankam, zog er mich rein, drückte mich gegen die Wand und küsste mich. Ab diesem Zeitpunkt war ich mir sicher: Ich war ein Junge, homosexuell und unglaublich stolz auf mich.
Viele Leute haben uns nie akzeptiert, es war aber egal, wir hatten uns, mehr brauchten wir nicht. Liebe ist liebe.
Meine Mutter liebt meinen Vater.
Sein Vater liebt seinen Vater.
Ein Freund von mir, liebt seine Halbschwester und seine Schwester liebt ein Mädchen.
Draußen, wenn wir durch den Park spazierten, Hand in Hand, uns verhielten, wie es Verliebte taten, verachtete man uns, hasste uns.
Leute, die sich zeigen wie sie sind, bewundere ich, ich verachte sie nicht, hasse sie nicht. Diese Menschen, die sich hinstellen und der ganzen Welt zeigen, dass sie eine Person lieben, so wie sie ist, mit allen Fehlern und Kanten, mit allen Macken und Wünschen, sind wahre Helden
Es ist doch egal, ob du einen Jungen liebst, dessen Körper weiblich ist, du selbst aber auch männlich bist – es ist Liebe.
Es ist doch egal, ob du ein Mädchen liebst, dessen Körper männlich ist, du selbst auch männlich bist – es ist Liebe.
Und es ist auch egal, ob du ein Mädchen liebst, dessen Körper weiblich ist, du selbst auch weiblich bist – es ist Liebe.
Es ist verdammt noch mal egal, ob du eine Person liebst, die 10 Jahre älter ist als du, wenn sie dich auch liebt, ist das egal, weil es Liebe ist.
Es ist egal, ob du homosexuell bist – du liebst diese Person aus ganzem Herzen.
Es ist einfach egal, denn wir sind alle Menschen und Liebe kennt keine Grenzen.
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Hallo, ich bin ein Junge!
FanfictionHallo! Ich bin ein Mädchen, aber eigentlich ein Junge!