Kapitel 12

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Phoebe POV:

Aiden, 18 Jahre alt. Das habe ich vorhin von ihm erfahren, bevor ich nicht mehr wach bleiben konnte. Gähnend strecke ich mich und bemerke, wie Aiden sich neben mir leicht anspannt. Jetzt wäre es wahrscheinlich keine gute Idee, ihn nochmal anzusprechen oder etwas zu fragen.

Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, vorhin einzuschlafen, aber es hat auf jeden Fall gut getan.

Natürlich weiß ich, dass dies keine entspannte Spazierfahrt mit Freunden oder Verwandten ist, aber komischerweise habe ich nicht so viel Angst, wie ich sollte. Vielleicht, weil ich nun schon das zweite Mal mit zu Aiden komme und weiß, dass er mich nicht umbringen darf?

Eine Weile ist es ziemlich still im Auto und der Junge neben mir scheint konzentriert nachzudenken. Das gibt mir die Möglichkeit, ihn unauffällig von der Seite zu mustern. Natürlich ohne den Kopf zu drehen um zu vermeiden, dass er es bemerkt. Auch wenn er meine Fragen beantwortet hat, will ich es nicht übertreiben und lieber still und unbemerkt auf meinem Platz sitzen.

Durch seine Angespanntheit wirkt sein Gesicht noch markanter und seine Wangenknochen sind noch besser zu erkennen. Innerlich schnaube ich. Warum bekommen Jungs immer diese langen, dichten Wimpern? Die brauchen sie doch gar nicht unbedingt! Natürlich sieht es toll aus, was Aidens Anblick nur bestätigt. Aber wir Mädchen stehen täglich stundenlang im Bad, geben tonnenhaft Geld für Wimpernzangen und Wimperntusche aus und das alles nur, um am Ende nicht mal annähernd so schöne Wimpern zu bekommen wie einige Jungen von Natur aus haben.

Ein paar Strähnen seiner Haare hängen ihm etwas in die Stirn, scheinen ihn aber nicht zu stören.

Obwohl das Shirt, das er trägt, nicht unbedingt figurbetont ist, erkenne ich zumindest an den Armen seine Muskeln. Aber ich glaube kaum, dass der Rest seines Körpers recht anders aussieht.

Warum habe ich ihn nicht einfach unter normalen Umständen kennengelernt? Seinen Charakter kann ich noch nicht unbedingt abschätzen, aber vorhin wirkte er eigentlich ganz nett.

Resigniert wende ich meinen Blick wieder nach vorne. Ich habe ihn aber nicht unter normalen Umständen kennengelernt, sondern bei einer Entführung. Meiner Entführung.

Den Rest der Fahrt schaue ich aus dem Fenster und lausche dem Radio, das Aiden vorhin angeschaltet hat.

Radio... bleed me a melody

that will make this boy cry.

Radio... bleed me a melody

that will make him wonder why

he was so cold....

(Radio von He is we)

Zufällig läuft gerade eines meiner Lieblingslieder und ich singe in Gedanken mit. Lucy hat mich auf diese Band aufmerksam gemacht und seitdem liebe ich fast alle ihrer Lieder.

Komischerweise schaltet Aiden jedoch nicht um, sondern hört ruhig zu. Wahrscheinlich ist er so in Gedanken vertieft, dass er gar nicht auf die Musik achtet. Mittlerweile wirkt er wieder etwas entspannter, doch ich wage es immer noch nicht, ihn anzusprechen.

Gerade ist es so schön ruhig und ich möchte das nicht zerstören, also betrachte ich weiterhin die Landschaften, die an mir vorbeiziehen.

Interessiert werfe ich einen vorsichtigen Blick auf die Uhr an Aidens Handgelenk. Laut der war es kurz nach 18 Uhr. Da ich etwa um 16 Uhr fast zu Hause war, bevor ich abgefangen wurde, sind wir schon gute zwei Stunden unterwegs. Eigentlich habe ich nichts gegen lange Autofahrten, im Gegenteil! Ich liebe es normalerweise, aus dem Fenster zu sehen, Musik zu hören und andere Autofahrer zu beobachten. Aber nicht, wenn ein Typ, der gerade dabei ist, mich zu entführen, mit einer Waffe neben mir sitzt.

In diesem Augenblick biegt Aiden in eine Sackgasse ein, an deren Ende ein Haus steht, auf das er zusteuert. Er parkt das Auto in der Garage und steigt dann aus. Kurz bin ich unschlüssig, ob ich einfach aussteigen soll. Oder könnte er das als Versuch, abzuhauen sehen?

Die Entscheidung wird mir ein paar Sekunden abgenommen, als Aiden meine Tür aufreißt und mich am Arm nach draußen zieht. Nicht grob, aber auch nicht sanft. Schnell beeile ich mich, hinterher zu kommen, um ihn nicht unnötig zu provozieren.

Dabei betrachte ich das große Haus, das wir nun betreten. Von außen sieht es ziemlich heruntergekommen und alt aus. Aber nachdem Aiden die Tür aufgeschlossen hat und wir eingetreten sind, bringt mich das Innere des Hauses zum Staunen. Es ist absolut kein Vergleich zum Äußeren. Alles wirkt teuer und edel, allerdings auch ziemlich leer und aufgeräumt. Das kommt wahrscheinlich daher, dass kein einziger Dekogegenstand herumsteht. Ich denke mal, hier haben bisher nur Jungs gewohnt.

Ich muss ein Kichern unterdrücken, als ich daran denke wie hier eine Gruppe an mehr oder weniger erwachsenen Männern lebt. Ich werde wohl nie verstehen, wie eine reine Jungs WG Dinge wie z.B. das Kochen hinbekommt.

Versunken in Gedanken merke ich gar nicht, wie Aiden stehen geblieben ist und mich irritiert mustert. Schlagartig verschwindet der fröhliche Ausdruck aus meinem Gesicht und ich senke den Blick. Was war denn bitte mit mir los? Ich sollte Angst haben und mir keine lustigen Szenen mit den Bewohnern dieses Hauses vorstellen.

Obwohl ich jetzt wieder eher der Vorstellung eines eingeschüchterten Entführungsopfers verkörpere, wirkt der Verantwortliche für meine Lage immer noch etwas verwundert, geht aber weiter.

Langsam merke ich, wie riesig das Haus von innen ist. Von außen sieht es zwar auch nicht wirklich klein aus aber das hier... Wir gehen an einer modernen, ordentlichen Küche vorbei, am Esszimmer und an einem Raum, der voll gestopft war mit verschiedenen Sofas, die wirklich bequem aussehen. Wie gerne würde ich mich da jetzt drauf legen.

Erschöpft lasse ich mich weiterhin von Aiden die Treppe hoch ins obere Stockwerk mitziehen.

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Hey :)
Mal wieder ein neues Kapitel, ich hoffe es gefällt euch. Wenn ja, lasst doch ein Vote da :)

Ich widme das Kapitel @princessxzx  Du bist die erste, die bisher gevotet hat, vielen Dank nochmal :)

Wenn die Hoffnung zuletzt stirbt - muss ich dann vor ihr gehen?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt