I'm not perfect

Eins

ᴀ ʟ ᴇ s s ɪ ᴀ
ʜᴀᴛʜᴀᴡᴀʏ

Es war das letzte Jahr. Das letzte Jahr als Mobbingopfer, Alessia. Dann hast du's geschafft, dachte ich kritisch und legte den Kopf leicht in den Nacken, während ich das Schulgelände mit den Augen überflog und mir wünschte, dieses verfluchte Jahr wäre bereits beendet.

Hielt ich das berühmte Senioryear noch durch?
War ich stark genug für all die Strapazen, die Intrigen, das Mobbing und den Herzschmerz?

Ich war mir nicht sicher. Ganz und gar nicht.

Mir blieb allerdings auch nichts anderes übrig, als es herauszufinden.
Direkt neben mir verweilte meine blondhaarige Freundin Maya, die sachte mit der Hand über meinen angespannten Arm fuhr.

»Wir ziehen das durch. Du und ich gegen all diese Idioten«, sagte sie und ich blickte zögerlich in ihre hellblauen Augen.

Maya war die zuvorkommeste Person, die mir in meinem 17-jährigen Leben bisher über den Weg gelaufen war. Und im Vergleich zu allen anderen, war sie meine Verbündete und nicht meine Feindin.

Denn an der Madison High herrschten seit einer Weile andere Regeln und Gesetze.

Freundschaften hatten sich verändert, Freundschaften waren zerbrochen und Rivalen entstanden.

Und die Krönung der neuen Ordnung?

Das Ziel für jeglichen negativen Scheiß: ob dumme Sprüche, zerstörtes Eigentum, Lästern hinter vorgehaltener Hand und vielen mehr...war ich.

Der Name ›Alessia Hathaway‹ war an diesem Schulhof nicht mehr von Bedeutung - hier nannten mich die meisten nur noch ›Gollum‹. Ja, das Ding aus dem Film Herr der Ringe.

Der Auslöser für mein neues Image und meine neuen Feinde?

Nun...das hatte ich meiner besten Freundin zu verdanken.
Meiner ehemaligen besten Freundin - Jessica Free.
Sie hatte jetzt alles, was ihr Herz schon immer begehrte.
Freunde; gute Noten; Menschen, die sie akzeptierten...Und sie hatte Jayden. Einen festen Freund, der der Inbegriff von Bekanntheit an der Madison High war.
Mein Schwarm, seit ich denken konnte. Das war Jessica bei ihrer Partnerwahl bewusst gewesen. Sie nutzte und benutzte alles und jeden, um mir zu schaden.

Das wirklich traurige daran?
Ein kleiner Teil in mir verstand Jessica.
Ich hatte ihr Herz gebrochen, unbeabsichtigt. Aber es war passiert und nun ließ sie mich das spüren.

Gequält verdrängte ich meine aufkeimenden Gedanken und Schuldgefühle und brachte nichts über die Lippen, als Maya mich am Oberarm ergriff und vorsichtig in Richtung Eingang zog.

Verzweifelt wanderte mein Blick von ihr zurück zum großen Gebäude. Das Senioryear würde schiefgehen, ich spürte das.

»Du schaffst das, Alessia«
Maya's Stimme war sanft wie immer, was meine Nerven zumindest etwas entspannen ließ.
Ihr Vorteil war der, dass sie nicht von Jessica und deren Clique gehasst wurde, denn Jessica's Hass richtete sich einzig und allein gegen mich.

Und das hatte nichts mit meinem Aussehen, meinen Noten oder irgendwas dergleichen zu tun.
Jessica's Ursprung, mich zu hassen...der ging tiefer. Viel tiefer. Das war nichts Oberflächliches.

Maya zog mich weiter durch die Menge an jungen Menschen hindurch, so dass ich immer wieder meine Tasche am Riemen festhalten musste.
Als wir vor den Listen für die neuen Kurse standen, packte mich für einen Moment die blanke Angst, anschließend überfiel mich Taubheit und dann kam die Mauer, die ich in den vergangenen Monaten mühsam errichtet hatte.