Fünf

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ʟ s s ɪ
ʜᴀᴛʜᴀᴡᴀʏ

Die Tage zogen sich ziemlich qualvoll in die Länge.

Jessica's miese Blicke machten meinen Schulalltag nicht gerade besser. Ganz und gar nicht.
Denn diese Augen verfolgten mich bis in den Schlaf.

Während ich täglich alleine auf meinem Platz in den Kursen saß, genoss sie die Nähe ihrer neuen Freunde. Und mit ihren Blicken und dem Grinsen verspottete sie mich gemeinsam mit ihren beiden neuen besten Freundinnen.

»Alles okay?«, fragte mich Maya am Freitag während der Pause und ich sah von meinem Brot auf, während ich nachgedacht hatte.
Ihre Augen fanden die meinen und ich war wahrscheinlich am Starren, aber das kannte Maya von mir. Sie kannte mich zwar erst seit dem Abend, an dem meine Freundschaft mit Jessica und Jayden in die Brüche gegangen war, aber in diesen sieben Monaten hatte Maya viele Seiten an mir kennengelernt.

»Klar, warum?«, gab ich zurück und kassierte einen verwirrten Blick, der mich zusammenzucken ließ. Sie glaubte mir nicht, weshalb sich ein trauriges Gefühl in mir breit machte.

Ich glaubte mir selbst nicht, wie also sollten es andere tun?
Wieso log ich jeden in meinem Umfeld an, der es gut mit mir meinte?

Um Jessica zu schützen, ganz einfach. Weil irgendwo in dir noch Hoffnung ist, beantwortete ich mir diese eigentlich sehr simple Frage selbst.

»Du wirkst so abwesend«, meinte Maya mit einem Unterton in der Stimme, den ich nicht deuten konnte.
Ihre blauen Augen musterten mich eingehend, ihre rechte Hand ruhte auf ihrem schlanken Oberschenkel, während ihre blonden Haare in sanften Wellen über ihre zierliche Schulter fielen.

»Also?«, hakte sie nach, weil ich noch immer nicht geantwortet hatte.

»Morgen ist Samstag. Ich möchte irgendwie nicht dort hin gehen, ich habe einfach nur Angst, das irgendwas passiert, was meinen Eltern schaden würde«, murmelte ich müde, da mir der Schlaf fehlte.
Und ich durfte niemand anderem die Schuld geben.
Ich hatte ›Ja‹ gesagt, also musste ich da durch.

»Wohin?«, erkundigte Maya sich und sah mich erstaunt an, weswegen ich kurz überlegen musste.
Hatte ich meiner besten Freundin wirklich nichts von dem Treffen meiner Eltern und Jayden's Eltern erzählt?

Oh, ich bin eine schlechte Freundin.

»Alessia?«, holte Maya mich zurück in die Realität und ich blickte sie wieder konzentriert an. Sofern ich konzentriert sein konnte. Meine Augen waren nur halb geöffnet.

»Ein Geschäftsessen mit Familie Spencer, weil mein Dad befördert wurde. Ich gehe mit, weil meine Mom mich gebeten hat. Jayden wird auch dabei sein und da meine Eltern ein gutes Verhältnis mit den Spencers haben, möchte ich die beiden nicht enttäuschen...es tut mir leid, ich hab' total vergessen, dir davon zu erzählen«, erklärte ich ihr wahrheitsgemäß und strich meine braunen Haare hinter die Ohren, da sie mich an den Wangen kitzelten.

Ich sah wie Maya's Augen bei meiner Erzählung größer wurden und lächelte daraufhin verunsichert.

Ja, ich bin definitiv eine schlechte Freundin.

»Oh mein Gott«, murmelte sie nach einer Weile und sah dabei zur Seite, woraufhin ich ihrem Blick fragend folgte.

Sie blickte zu Bryan, der uns beide scheinbar beobachtete und nach ein paar Sekunden wegsah, als Maya und ich ihn ebenfalls musterten.

Heute hatte ich mich für offenes Haar und ein lockerere Jeanshose entschieden, kombiniert mit einem Top, welches kurz unterhalb meines Bauchnabels endete - das könnte höchstens ein Grund sein, warum Bryan mich schief angesehen hatte. Immerhin hatte er das letzte Mal ebenfalls meinen Tennisrock kommentiert - um mich zu verwirren oder einzuschüchtern oder um mir zu schmeicheln...Ich hatte noch immer keinen blassen Schimmer.

I'm not perfectWo Geschichten leben. Entdecke jetzt