Sechs

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ʟ s s ɪ
ʜᴀᴛʜᴀᴡᴀʏ

»Alessia?«, kam es leise vor meiner Zimmertür und ich sah auf.

»Ja?«, antwortete ich zögernd.

»Kann ich rein?«, wollte meine Mutter wissen und öffnete langsam die Tür, welche ein schwaches, knarrendes Geräusch von sich gab.

Ich lachte kurz über ihre Frage - Eileen, meine Mutter, fragte für gewöhnlich immer erst, wenn sie es schon getan hatte.
Eine ihrer vielen Eigenschaften, die mich oft zum grinsen brachte.

»Klar, Mom«, gab ich von mir und sah sie forschend an, als sie mein Zimmer durchquerte.
Die Matratze sank ein Stück nach unten. Unsere Blicke trafen sich und ein liebevolles Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus.

»Hier«, war das einzige, was ich von ihr vernahm, bevor sie mir ohne um den heißen Brei herum zu reden, eine weiße Tüte überreichte.

In dieser Tüte war wahrscheinlich ein Kleid, welches ich morgen tragen könnte. Zumindest war das mein erster Gedanke.

Vorsichtig öffnete ich die Papiertasche und zog einen weichen Stoff raus, dabei blieb mir die Luft im ersten Moment weg, als ich das Kleid mit großen Augen ansah.

Es erinnerte mich an die Kleider, die ich früher gerne trug. Bevor Jessica angefangen hatte, laut durch die Gegend zu rufen, dass ich auch ein Kleid getragen hatte, als ich zur Schlampe geworden war. es dauerte nicht lange, da hörte ich auf Kleider zu tragen und fand Trost in Jeanshosen, Leggins und gelegentlich - wenn ich mutig genug war und die Nerven für Jessicas Kommentare hatte - auch in Röcken.

»Probier es an, wenn es dir nicht gefällt, dann ist es auch okay«, sagte meine Mutter und klatschte dennoch euphorisch in ihre Hände. Sie hatte keine Ahnung von meiner inneren Krise, die dieses schöne, schlichte Kleid in mir ausgelöst hatte. 

Also erhob ich mich nach einem Moment des Zögerns und zog mich vor ihr um, Mom half mir mit dem Verschluss am Rücken und ich drehte mich zu ihr. Ihre Augen strahlten und gerade als ich fragen wollte, wie sie es fand, deutete sie auf den Spiegel, der neben meinem Schrank an der Wand hing.

Mit vier großen Schritten trat ich davor und sah mich an.

»Und?«

Auf den ersten Anblick war es schon hübsch gewesen.
Aber jetzt, als der rote Stoff an meinem Körper lag, sich das leicht glitzernde Band um meine Hüfte schlängelte und die kleinen Verzierungen an der Taille sich zeigten, gefiel es mir nur umso besser.
Die Träger waren einfache dünne Bänder, der Stoff sehr locker und dennoch figurbetont und würde ich es nicht besser wissen, hätte ich gesagt, dieses Kleid passte tatsächlich zu meiner Figur.
Es machte mich nicht dicker oder kaschierte etwas, sondern zeigte deutlich an welchen Stellen ich Kurven besaß. Viele Kurven, aber Kurven, zu denen ich stand.

»Das Kleid sieht so schön aus, Mom«, hauchte ich mehr zu mir selbst. Ich hatte wirklich vergessen, wie gerne ich Kleider trug.

»Du siehst schön aus, Alessia. Das Kleid unterstreicht das nur«, meinte sie sanft und betrachtete mich noch eine Weile, bevor sie mir fragend in meine Augen blickte.

»Hm?«

»Du magst doch den Sohn der Spencers, richtig? Zumindest kam es mir immer so vor, als du früher über ihn erzählt hast«

I'm not perfectWo Geschichten leben. Entdecke jetzt