Vierzehn

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ʟ s s ɪ
ʜᴀᴛʜᴀᴡᴀʏ

Zuhause angekommen klingelte mein Smartphone erneut. Ich ging erst ran, als ich meine Zimmertür hinter mir geschlossen hatte.

»Ja?«, murmelte ich heiser in das Mikro und blinzelte kurz, um die Tränen aus meinen Augen zu vertreiben.

»Alessia?«, hörte ich Bryan mit verwirrter Stimme fragen.

»Naja, oder du nennst mich wieder Gollum, klingt doch gleich viel besser«, sagte ich und lachte dabei, doch es war eines der gequälten Sorte.

»Tut mir so leid. Jessica klang so aggressiv, dass ich Angst hatte, etwas zu verschlimmern, wenn ich dich anrufe und zusätzlich plötzlich nett zu dir bin. Aber...es tut mir so schrecklich leid, Alessia. Wirklich«, erklärte er sich und seine Stimme brach beim letzten Wort.

Ich presste meine Lippen aufeinander, um nicht zu schluchzen. Eine Freundschaft war vielleicht nicht leicht, sie erforderte sicherlich Arbeit, aber das? Warum waren Freundschaften mit mir so zerrend? So unendlich komplex?

»Alessia... was in aller Welt hat Jessica eigentlich an deinem Handy zu suchen?«

Ich seufzte und trocknete meine Tränen mit meinem Unterarm. »Lange Geschichte«

»Morgen, nach der Schule in dem Café, in der Nähe der Schule?«, fragte er.

»Und was wollen wir da?«

»Wir treffen uns und du erzählst mir diese lange Geschichte. Sieh' es als Entschuldigung. Dafür, dass ich dich Gollum genannt habe. Das wird nie wieder vorkommen. Ich zahle selbstverständlich.«

Ich zögerte, stimmte dem Vorschlag aber zu und legte wenig später auf.

Fünf Minuten Stille. Fünf lächerliche Minuten für mich, dann ging ein Klingeln durch das Haus. Ich runzelte die Stirn, fuhr mir mit den Fingern einige Male über mein Gesicht, um letzte Tränenspuren zu vernichten.

Erst als ich nichts nasses mehr spürte, lief ich zur Haustüre und öffnete diese.

Aber die Person, die vor mir stand, hatte ich nicht erwartet. Nicht Mal in einer Milliarde Jahre und erst Recht nicht in diesem Zustand.

»Was willst du eigentlich von mir? Was willst du andauernd von meinem Freund?«, fragte sie mit einem bedrohlichen Unterton in der brüchigen Stimme.

Es sah aus, als hätte sie geweint. Ihre eisblauen Augen waren rotgerändert, ihr Make-Up verwischt und ihr Gesicht war im allgemeinen rot.

»Nichts. Ich will nichts, nur Frieden«, erwiderte ich und war selbst erstaunt, woher ich den ganzen Mut nahm, so entspannt mit ihr zu sprechen. Jessica schwieg, doch wenig später kam sie mir ein paar Schritte näher. Ich wich instinktiv nach hinten.

»Halte dich von Jayden fern. Sieh ihn nicht an, sprich ihn nicht an und denk nicht mal an ihn. Du hast mir Nick weggenommen und ihn dann fallenlassen. Lass mir jetzt meinen Freund oder du wirst es bitter bereuen«, sagte sie und ihre Augen funkelten bei ihren Worten hasserfüllt.

»Wir wissen beide, dass ich ihn dir nicht weggenommen habe«, murmelte ich und fing an, unruhig zu werden.

Das mit Nick hatte Jessica und mich entzweit. Wäre ich an jenem Abend nicht so dumm gewesen und hätte »Ja« zu dem Spiel gesagt, wäre nie was passiert, Jessica hätte nie gezweifelt und all diesen Lügen Glauben geschenkt.

Ein Teil war meine Schuld, ein Teil ihre und ein Teil seine.

Ohne es zu wollen, keimte die Erinnerung an jenen Abend in mir auf. 

I'm not perfectWo Geschichten leben. Entdecke jetzt