chapter 3

33 1 0
                                    

pov. kim taehyung

   "Jungkook", sagte der Junge schüchtern und grinste verlegen.

   Ich lächelte.
   Er war so süß. Er sah aus wie ein kleiner Junge, doch Demian war nicht das Buch, dass ich einem kleinen Jungen zumuten würde - abgesehen davon hatte er sowieso gesagt, dass er Kunststudent im ersten Semester war, also konnte er so jung gar nicht sein.
   Ich überlegte kurz, mich zu ihm zu setzen, und mit ihm zu reden. Eigentlich war er wirklich zu süß, um die Chance nicht zu ergreifen. Zudem waren wir komplett alleine, so spät waren selten Leute hier.
   Ich ließ meinen Blick über ihn gleiten, wie er da saß, mit einer Tasse Latte Macchiato, die genau genommen schon seit gut drei Stunden leer war - vielleicht hatte ich ihn ja schon länger im Auge, ganz vielleicht -, seine zerstrubbelten Haare, die zwar inzwischen trocken waren, doch nicht im Mindesten geordnet schienen, dem leichten Grinsen auf dem Gesicht, dass unsicherer wohl kaum sein könnte, bis hin zu der zerfledderten und ausgeblichenen Ausgabe von Demian in seinen Händen.
   Demian war ganz nebenbei mein Lieblingsbuch, weswegen mir schon öfter Leute aufgefallen waren, die es gelesen hatten. Doch jemand wie er war nie dabei gewesen.

   Ich entschied mich jedoch dagegen mich zu ihm zu setzen und drehte mich provokant auf meiner Ferse um und ging zurück in Richtung Theke.
   Hinter mir hörte ich nur noch ein leises Ausatmen. Hatte er die ganze Zeit seit dem "Jungkook" seine Luft angehalten? Ich wusste nicht, ob ich das gewissenslos süß finden konnte.
   Jungkook war ein unfassbar schöner Name, fiel mir auf, als ich mich hinter der Theke daran zu schaffen machte, eine neue Tasse Latte Macchiato zu machen.
   Ich kannte niemanden der Jungkook hieß. Es war tatsächlich ein sehr schöner Name.
   Als ich mich mit der fertigen Tasse Latte Macchiato umdrehte, um wieder zu Jungkook zu gehen, sah ich überrascht, dass er aufgestanden war, scheinbar wollte er gehen.

   "Gehst du schon?", fragte ich überrascht.

   Er sah mich an, als würde er aus allen Wolken fallen, dass ich ihn zurückhielt.

   "W-wie?", fragte er verdutzt. "Soll ich nicht gehen?"

   Ich lachte, was ihn scheinbar nur noch mehr verunsicherte, weshalb ich es schnell sein ließ und ihn nurnoch möglichst zuversichtlich anlächelte.

   "Ich dachte nur, du bleibst noch ein wenig.", sagte ich.

   Nun lächelte auch er, auch wenn er sich scheinbar mit irgendetwas zurückhielt.

   "Ich bleib gerne... Taehyung.", sagte er grinsend und ließ sich zurück in das bordeauxrote Sofa hinter ihm sinken.

   Ich trat hinter der Theke hervor, noch immer mit der Tasse Latte Macchiato in der Hand und ohne dass ich es wirklich merkte, mit einem Grinsen auf dem Gesicht, dass aus unerklärlichen Gründen einfach nicht verschwinden wollte.
  
   "Ist der für mich?", fragte Jungkook und machte große Augen.

   Ich lächelte und nickte.
   Als ich beim Sofa angekommen war, stellte ich die dampfende Tasse behutsam auf dem dunklen Holztischchen ab und setzte mich neben ihn.
   Ich deutete auf das noch aufgeschlagene Demian-Exemplar auf dem Tisch und sah ihn leicht verwundert an, als hätte ich nicht schon vor drei Stunden gesehen, dass er es laß.

   "Ließt du es das erste Mal?", fragte ich.

   "Ja", sagte Jungkook. "Ich hab's im Regal stehen sehen und keine Ahnung, irgendwie hat es mich angelacht."

   Wir lachten beide.

   "Ich liebe das Buch", sagte ich. "Mein Großvater hat es mir geschenkt, als ich noch ganz klein war, und mit jedem Mal, dass ich es neu gelesen habe, habe ich immer mehr verstanden."

   "Ich finde es sehr interessant.", sagte Jungkook, nahm das Buch in seine Hand und drehte es, damit er den Umschlag betrachten konnte. "Es sind ein Haufen toller Aussagen drinnen und der Stil, wie es geschrieben ist, ist sehr fesselnd."

   Ich nickte. Wir unterhielten uns einige Zeit lang über das Buch, Jungkook konnte überraschend viele Stellen zitieren, und dass nicht nur einwandfrei und obwohl er das Buch noch kein einziges Mal gänzlich gelesen hatte, sondern waren es genau die Stellen, die er zitierte, die auch mir als grobe Umrisse im Gedächtnis hängen geblieben waren. Doch ich für meinen Teil konnte weder gut zitieren, noch war ich gut im Auswendiglernen, wenn es nicht um Liedtexte ging. Jungkook schien hingegen sehr intelligent, einfach, wie er sich ausdrückte, und was er ausstrahlte. Er musste sehr beliebt sein.

   "Sag mal, wie alt bist du eigentlich?", fragte ich nach einiger Zeit.

   "Du denkst, ich bin zu jung für das Buch, stimmt's?", fragte Jungkook und lächelte.

   "Naja, du meintest, du bist Student, also so jung kannst du gar nicht sein.", sagte ich.

   "Du hast dir gemerkt, dass ich studiere?", fragte er und machte wieder große Augen.

   Seine Augen waren wunderschön.

   "Du weichst meiner Frage aus!", sagte ich, mir ein Grinsen unterdrückend und richtete mich auf. "Wie alt bist du?"

--

reflection ~ taekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt