Henry
Ich wache auf und weiß nicht, wo ich bin. Alles dreht sich und ich nehme den feinen Parfümgeruch wahr, der mich umgibt. Müde drehe ich meinen Kopf und blicke in große schwarze Augen, die mich belustigt ansehen. Ihre Schminke ist verschmiert und sie hätte so in einem Horrorfilm mitwirken können. Verstört reibe ich mir die Augen, aber sie ist immer noch da.
„Guten Morgen", sagt sie und ihr Alkoholgeruch raubt mir den Atem. Ich setze mich auf und stelle fest, dass ich nackt bin – genau wie sie. Scheisse!
„Wie komme ich hierher?", will ich wissen. In meinem Kopf herrscht gähnende Leere.
„Du bist mit zu mir nach Hause gekommen", erzählt sie und ihre Hand liegt leicht auf meinem Oberschenkel. Langsam wandert sie nach oben. „Wir haben uns auf Lous Party kennengelernt, erinnerst du dich? Gestern Nacht?"
Ich halte ihre Hand auf, bevor sie mich noch in Versuchung führt. Schlimm genug, dass ich scheinbar letzte Nacht mit ihr geschlafen habe. Ich will es nicht wiederholen.
„Lou", wiederhole ich und mir fällt alles wieder ein.
Die Polizei war aufgetaucht wegen der Lärmbelästigung. Einige Besoffene müssen auf der Straße wohl sehr laut gewesen sein...
Von Lou fehlte bereits jede Spur und ich habe mich den Beamten in den Weg gestellt. Sie erkannten mich und machten einen Drogentest. Leider war dieser positiv.„Richtig", meint die Frau neben mir. „Und ich habe dich gerettet."
Stimmt, muss ich zugeben. Sie dient bei der Polizei und konnte ihre Kollegen davon überzeugen, dass alles mit rechten Dingen zugeht und sie mich unverzüglich nach Hause bringen würde.
Ich war ihr so dankbar, dass ich wohl zugestimmt hatte, mit ihr zu schlafen.„Danke", murmele ich und will aus dem Bett, aber sie hält mich fest.
„Nicht so schnell", sagt sie und zieht mich zu sich zurück. „Wir sind noch nicht fertig miteinander."Ich muss zugeben, dass sie durchaus attraktiv ist.
„Was denn noch?", will ich wissen.
Mein Kopf dröhnt und mein Magen verlangt nach Essen.
„Mein Schweigen über die Party und alles, was dort geschah, kostet dich was, mein Hübscher", antwortet sie grinsend. „Ich meine nicht Sex, sondern Geld."
„Du erpresst mich?", sage ich erschüttert. Sie ist absolut dreist und sollte ihres Jobs enthoben werden.
„Nenne es, wie du willst. Aber ich bevorzuge den Begriff Belohnung", sagt sie und lässt mich endlich los. Ich kleide mich schnell an und überlege, was ich tun soll. Letztendlich bleibt mir keine andere Wahl, als ihrer Forderung nachzukommen.
Vielleicht spielt sie nur mit mir,vielleicht weiß sie tatsächlich einige Dinge, die besser nicht an die Öffentlichkeit geraten.Woher will ich das wissen, wenn ich mich nicht erinnern kann?
„Was verlangst du?", zwinge ich mich, zu fragen. In Gedanken rechne ich schon alle möglichen Summen durch.
„Ich bin mit einer halben Million völlig zufrieden", meint sie lässig. „Und du gibst das Geld nicht mir, sondern der Londoner Polizei."Wenn es sein muss.„In Ordnung", stimme ich zu.
Was anderes bleibt mir auch gar nicht übrig.Zufrieden lächelnd nickt sie mir zu.
„Du darfst jetzt gehen."Und ich gehe.
Ich weiß weder ihren Namen, noch habe ich die Garantie, dass sie wirklich schweigt. Wütend trete ich gegen eine Mülltonne. Wo bin ich da nur rein geraten? Ich mache mir das Leben selbst schwer.
Ich irre durch die Gassen, ohne zu wissen, wohin ich eigentlich muss. Irgendwann lande ich dann am Bahnhof, wo ich ein Telefon finde, um Andrej anzurufen.
Der Akku meines Handys ist leider leer und für ein Taxi fehlt mir das Geld. Ich schildere meinem Bodyguard meine Situation und warte zehn Minuten, bis er endlich erscheint. Schnell steige ich in die Limousine.
Einige Leute haben mich neugierig beäugt,aber in meinem desolaten Zustand haben sie mich wohl nicht erkannt. Gut so. Ich brauche nicht noch mehr schlechte Presse.„Lies das", fordert Andrej mich auf und reicht mir die neueste Ausgabe der Tageszeitung.Ich stehe auf der Titelseite. Im Arm halte ich die Polizistin von letzter Nacht. Das alles schockiert mich nicht weiter, denn solche Spekulationen bin ich gewohnt. Allerdings muss irgendwer verraten haben, dass Tori und ich getrennt sind. Niemand sollte das erfahren!
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Story of my Life - Verlassen
DiversosJetzt ist es offiziell: Tori ist ein Mitglied des englischen Königshauses. Damit beginnen auch die Probleme. Tori ist verschwunden und weiß am Anfang selbst nichts davon. Aber alle anderen machen sich große Sorgen, vor allem Henry. Wo ist Tori? Was...