Ich renne den schmalen Weg immer weiter, obwohl ich keine Ahnung habe, wo er hinführt. Ich will nur weg von diesem öden Finsterwald und den düsteren Grafittiburgen, wo ER immer noch lebt. Der dicke Michi. Dabei sollte er eigentlich der fette Michi genannt werden! Der ist ja fetter als meine damalige Relilehrerin und das will wirklich was heißen! Ich stolpere immer weiter, bis ich endlich irgendwo ankomme. Es ist ein großes schwarzes Tor auf dem eine Fratze prangt.
Ich fuhr senkrecht in meinem Bett hoch und strich mir meine roten Haare aus dem Gesicht. Ich träumte immer wieder den selben Traum und das regte mich echt auf. Ich stand auf und schlurfte runter in die Küche. Mein Zimmer war mal ein Speicher, aber als ich einzog, haben meine Tante und ich ihn umgebaut. Sie hatte ihn sowieso noch nie benutzt. Wie zu erwarten stand Dodo schon an der Kaffeemaschine und machte sich einen Latte mit ordentlich Schaum. ,,Wieso muss Kaffee so stinken?", fragte ich und hielt mir die Nase zu. Dodo lachte nur und meinte: ,,Wenn du älter bist, wirst auch du dieses Getränk lieben!" ,,Aber momentan bin ich 12 und hasse dieses stinkende Gesüff!", konterte ich und schlurfte weiter zum Kühlschrank. Ich genoss die kühle Luft, die daraus wehte und schnappte mir schnell noch die Marmelade. Die Erdnussbutter stand schon auf dem Tisch. Ich könnte für Erdnussbutter wirklich morden! Ich nahm mir eine Scheibe Toast und schmierte ordentlich Erdnussbutter und Marmelade drauf. Ich liebte die Wochenenden! Am Tag darauf würde ich aber leider wieder in die Schule gehen müssen, obwohl es nur noch 10 Tage bis zu den Sommerferien waren. Auch mal nice, ne? Ich biss herzhaft in meinen Toast während Dodo ihre Nase im Milchschaum von ihrem Latte versenkte. Das Leben mit ihr war wirklich unkompliziert und angenehm. Wir hielten beide nicht viel von Spaziergängen, mochten die gleichen Serien und Filme (Tatort gehörte mit Sicherheit nicht dazu) und lasen die gleichen Bücher. Wir mochten nur nicht die gleichen Schauspieler (sie mochte Taylor Lautner mehr als Robert Pattinson!).
Als wir fertig gefrühstückt hatten, beschloss ich zurück zu diesem schwarzen Tor zu gehen (falls ich es finden würde). ,,Du Dodo?", fragte ich, ,,Ist es okay, wenn ich mal so bis zum Mittagessen weg bin?" ,,Ja klar, aber nimm dein Handy mit!", antwortete sie nur. Das fand ich auch so cool an ihr. Sie ließ mir den Freiraum, den ich brauchte. Ich flitzte schnell wieder hoch auf den Speicher und tauschte mein Nachthemd gegen Jeans mit Latzhosenimitat und meinen Militärgrünen Lieblingspulli an. Der Pulli hatte aber kein Militärmuster, sondern war einfach nur in diesem dunklen grün und hatte allerdings einen ordentlichen Ausschnitt. Bei mir gab es eh nichts zu sehen, also: Who cares? Ich schnappte mir noch mein Handy (voll das alte HTC one s) und flitzte wieder runter. ,,Bis später dann!", rief ich noch, während ich mir meinen Haustürschlüssel vom Hacken schnappte. ,,Bis später!", rief sie zurück und schon war ich durch die Tür verschwunden. Ich zog meine Nike Air Max an und flitzte schnell durch den Außenflur und die Haustür in die Garage. Dort nahm ich mein aufgemotztes Fahrrad und schob es nach draußen. Ich schloss noch das Garagentor und schwang mich dann drauf.
Ich fuhr eine ganze Weile alle möglichen Wege entlang und hielt nach diesem Tor Ausschau. Irgendwann bog ich mal in einen ziemlich verwucherten Waldweg ein und stand am schließlich vor dem schwarzen Tor mit der Fratze drauf. Ich wollte gerade näher dran gehen, als ein Ball über das Tor flog und direkt gegen meine Stirn klatschte. ,,AU!", schrie ich, ,,WER HAT DIESEN VERDAMMTEN BALL ABGESCHOSSEN?" ,,Ups!", rief jemand von der anderen Seite. Das Tor öffnete sich, gerade als ich zum Schuss ansetzte. ,,Heiliger Hexenkessel! Das tut mir leid, echt!", meinte der Junge, der rauskam, betreten, ,,Alles klar bei dir?" ,,Ja ja", gab ich zurück, ,,Ist nicht der erste Ball, der mir fast in die Fresse fliegt!" ,,Könnten wir vielleicht unseren Ball zurück haben?", fragte der Junge. Ich antwortete nicht, sondern schoss den Ball direkt gegen sein Schienbein. Er ließ sich nicht anmerken, dass es weh tat, sondern nahm einfach nur den Ball. ,,Elias! Was treibst du da schon wieder du Pestbeule?", rief jemand aus dem Innern. ,,Ich treibe hier gar nichts du noch größere Pestbeule!", rief Elias zurück, ,,Wir haben nur eventuellen unbekannten Besuch Leo!" Ein zweiter Junge mit einem blonden Wuschelkopf kam durch das Tor. ,,Bist du neu in der Stadt?", fragte der Typ mich, der offenbar Leo war. ,,Ja, wieso?", gab ich zurück. ,,Spielst du Fußball?", fragte mich ein dritter Junge mit Brille. ,,Hin und wieder mal für mich selbst, aber nicht in einem Team", antwortete ich zögernd. Ein vierter kam dazu und wollte wohl ebenfalls was fragen, doch ein Mädchen mit wilden braunen Locken rief: ,,Mensch Jungs! Jetzt lasst der ärmsten doch mal etwas Freiraum! Ihr fragt ihr ja regelrecht Löcher in den Bauch!" Ich lächelte ihr dankbar zu und sie meinte: ,,Komm doch erst mal rein und machs dir gemütlich." Ich nahm die Einladung gerne an, also schob ich mein Fahrrad den kleinen Hügel runter. Im Innern der Festung ließ ich mein Fahrrad einfach fallen und setzte mich auf eines der Sofas, was wohl zur Tribüne gehörte. Das Mädchen setzte sich neben mich und reichte mir eine Apfelschorle. ,,Danke", sagte ich. ,,Wieso heißt du eigentlich?", fragte sie mich. ,,Pascale. Also mit E hinten. Und ihr?", antwortete ich. ,,Ich bin Müller, der da mit dem Wuschelkopf ist Leo, der neben ihm ist sein Bruder Elias, der mit der Brille ist Joshua, der mit der Mütze ist Oskar, der da hinten im Tor ist Finn und der am Elfmeterpunkt ist Matze." ,,Aber jetzt endlich Prost!", rief Elias. Wir hoben alle die Flaschen und ein paar Minuten später veranstalteten wir eine schöne Rülpssymphonie. ,,Willst du mal ne Runde gegen mich spielen?", fragte Leo, ,,Vielleicht hast du ja auch das Zeug zum Kerl." ,,Klar", antwortete ich und sprang von dem Sofa. Ich hatte keine Ahnung, wieso ich das wirklich tat. Ich war halt noch neu und wollte Freunde finden. Leo stellte sich mir gegenüber am Mittelpunkt und Finn ging ins Tor. Müller pfiff an und ich schnappte mir sofort den Ball. Leo versuchte auf meinem Weg zum Tor immer wieder mich zu blocken und nahm mir kurz vorm Tor den Ball ab. Er war die Viererkette in einer Person! Ich hätzte hin und her, konnte den Ball aber nicht zurück erlangen. Leo schoss aufs Tor, aber der Ball prallte von der Latte ab und flog mit Karacho zurück. Ich rannte rückwärts, immer den Ball im Auge und legte schließlich einen Seitfall-Flugvolley-Dampfermabuster hin. Der ging sogar direkt in den Winkel! Ich stand wieder auf, machte einen Luftsprung und rief: ,,Yes! Erstes Tor!" ,,Nicht übel", meinte Leo, wobei ich ein Bisschen Eifersucht aus seinem Tonfall raushören konnte. Das war wirklich ein hammermäßiger Start in den Tag.
Die anderen Jungs und Müller kamen ebenfalls aufs Feld gestürmt und schon wurde das große Spiel eröffnet: Leo, Elias und Joshua vs Müller, Matze und mich. Oskar spielte freiwillig Schiri. Am Ende schoss Matze mit dem härtesten Bums auf der Welt unser Siegtor.
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DWK - Mein verkorkstes Leben
FanfictionPascale will nur noch von zu Hause weg. Weg von ihrer psychiopathischen Mutter und ihren angeblichen Freundinnen, die sie verraten haben. Die einzige Fluchtmöglichkeit ist ihre Tante Dodo, die in einem sehr kleinen Örtchen am Popo der Welt wohnt.