Vermissen

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Ich öffne langsam die Türen vom Krankenhaus. Langsam laufe ich zu der Frau die im Eingang auf mich wartet. Ich sehe, wie die Frau ihre Lippen bewegt. Doch ich höre nichts. Ich sehe wie die Ärztin an meinem Arm zieht. Doch ich spüre nichts. Was ist das für ein Gefühl? Es ist unbeschreiblich. Unbeschreiblich Schrecklich. So als wäre alles kalt. Als würde ich nie wieder lieben können. Die Wärme und Liebe ist mit meinem Dad zusammen eingeschlafen. Dieses Gefühl ist das schlimmste was es gibt. Und egal wie sehr ich versuche es zu erklären. Ich kann es nicht. Dieses mal gibt es wirklich keine Worte. Das hier ist der Punkt an dem es nichts mehr zu erzählen gibt.

Die Frau führte mich durch ein paar leere Flure. Ab und zu sah ich Menschen, die bedrückt an einer Wand standen. Ein Krankenhaus ist ein Ort voller Traurigkeit. Ich verstehe nicht, wie man Freiwillig hier sein kann. Jeder hier würde jetzt wahrscheinlich sagen:

"Weil es schön ist anderen Menschen zu helfen und sie glücklich und gesund zu pflegen!"

Aber, wenn man nicht helfen kann. Wenn man nichts mehr für einen Menschen tun kann und er zum Beispiel stirbt. Wie fühlt sich das dann an? Wenn es sich genauso anfühlt, wie dieses Gefühl was ich gerade fühle, würde ich freiwillig meinen Job im Krankenhaus kündigen. Man geht doch irgendwann daran kaputt. Ich meine, ich bin kaputt und ich habe erst zwei Menschen verloren. Die Menschen die das jeden Tag miterleben, die müssen dann doch erst recht Kaputt sein. Es kann sein das ich eine falsche Vorstellung von allem habe.

Die Frau drückt mich in einen Fahrstuhl. Es ist eng. Ich kann den Atem von der Ärztin hören. Sie ist viel zu nah. Ich gehe ein Stück zurück. Bis ich an die kalte Wand vom Fahrstuhl stoße. Die kälte breitet sich aus und mir wird noch kälter. Die Frau schaut mich an, sie hat wahrscheinlich bemerkt das ich friere. Sie versucht mir das Handtuch was sie in der Hand hält, um meinen Schultern zu legen. Ich drücke sie weg und laufe einen Bogen um sie herum. Jetzt steht sie an der kalten Wand.

"Lassen sie mich frieren!", brachte ich hervor, "Sie können nichts dagegen tun. Ich...", weiter sprach ich nicht. Es ist so mühsam zu sprechen. Ich kann es mir auch einfach leise für mich denken. Die Frau muss nicht wissen, dass sie mich nicht wärmen kann, weil ich kalt von innen bin. Nicht von außen. Sie muss nicht wissen, dass ich Probleme habe, mich auf Menschen einzulassen, dass ich Angst vor lauten Geräuschen habe und dass ich gefangen bin. Gefangen in meinen Gedanken.

"Ok, wir sind jetzt da.", die Frau hob die Hände um mich aus dem Fahrstuhl zu schieben, aber als sie meinen Ängstlichen Blick sah, nahm sie ihre Hände runter. Ich sehe auf die Hände von der Frau. Hände die mich an die Hand nehmen wollen. Die mich mitnehmen wollen. Die mich schützen wollen. Ich will keine schützenden Hände über mir. Meine kalte Mauer reicht mir. Ich will keine Hilfe von anderen. Ich will alleine sein. Ich war immer alleine. Ich will nicht angefasst werden. Sonst zerbreche ich. Ich will so viel und kriege gar nichts.

121. Das ist die Nummer von dem Zimmer, vor dem ich stehe. Die Ärztin hat mich alleine gelassen. So wie ich es wollte. Sie hat noch gesagt, dass ich mit meinem Vater reden soll. Er hört mich, dass hat sie gesagt. Als ob er mich hört. Er ist Tot! So viel weiß ich. Ich öffne vorsichtig die Tür. Ich habe für einen kurzen Moment überlegt ob ich klopfen soll. Wie idiotisch! Ich trete in den Raum. Da liegt er. So als würde er schlafen. Vielleicht ein bisschen blasser. Ich hatte das Gefühl, ich könnte seinen Geruch riechen. Dieses billige Aftershave und den Alkohol. Als würde er neben mir sitzen und sich gerade betrinken. Ich vermisse den Geruch. Ja, ich vermisse ihn. Wieso vermisse ich diesen beißenden Geruch? Wieso vermisse ich den Geruch, der mir so viele schmerzen bereitet hat? Den Geruch der mein Leben zur Hölle gemacht hat.

"Wieso?", flüster ich leise und dieses kleine leise "Wieso" wurde lauter.

"WIESO?", ich schrie meinen Dad an.

"Wieso tust du mir das an. Du warst nie da und jetzt denkst du, du könntest einfach so gehen? Du könntest mich einfach so allein lassen? Du bist mein Vater, du hättest da sein müssen. Immer. Du hättest stärker als ich sein müssen, damit du mich in den Arm nehmen kannst wenn ich traurig bin. Statt einer Umarmung hast du um dich geschlagen. Du hast mit allem um dich geschlagen. Mit Worten. Mit Gegenständen. Mit Gefühlen.". ich ließ mich auf den Boden sinken und schloss meine Augen. Wann war mein Dad eigentlich das letzte mal freundlich?

Und niemand sagt was danach passiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt