3 | feelings

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>> R E W I <<

Irgendwie tat es mir leid, als Felix in seinem Zimmer verschwand. Er hatte Recht. Ich war der ältere und somit auch der vernünftigerer.

Ich trottete die Treppen hoch um bei ihm zu klopfen, doch bevor ich dies überhaupt konnte, riss er seine Tür bereits auf. "Hey, ich-" er unterbrach mich. "Passt schon, du Arschloch. Ich habe dir eine Chance gegeben mich kennen zulernen, und ich gebe jedem nur eine. Du hast sie verkackt und dich dafür entschieden lieber Gerüchten zu glauben", sagte er wütend und tippte mit seinem Finger auf meinem Brustkorb. "Du willst also Krieg, hm?" fragte ich. "Da kommt doch richtig was an bei dir", er grinste, warf sich seine Lederjacke um und raste die Treppen runter. "Shit", fluchte ich als ich auch noch hörte, wie die Tür ins Schloss fiel.
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"Hallo Sebastian", freudig begrüßte mich Peter als ich am frühen Abend nachhause kam. "Hi", gab ich knapp zurück und ging ins Esszimmer. Fiona und Vida saßen bereits am Tisch und kicherten wieso auch immer, Felix war nirgends aufzufinden und meine Mutter deckte den Tisch. "Hallo, Schatz", sie packte meinen Kopf und drückte mir ihre Lippen auf die Backe. Mit einem seufzen ließ ich es über mich ergehen und setzte ein Lächeln auf. "Hey Mädels", begrüßte ich die beiden. "Basti, kannst du uns nachher bei Mathe Hausi helfen?", Vida schaute mich mit ihren großen Augen an. "Hausaufgaben über die Ferien?", ich zog die Augenbrauen hoch. "Ja, Bruchzahlen wiederholen. Bitte, wir haben es nicht verstanden", sie klimperten mit ihren Wimpern. Man konnte den beiden einfach keinen Wunsch abschlagen. "Mathe liegt dir also gut?", fragte mich Peter. "Bisschen", murmelte ich. "Bisschen? Er ist ein Genie! Er muss nie Lernen er kann einfach jedes Fach", schwärmte meine Mutter. "Mama", nuschelte ich. Felix kam runter. "Felix, hörst du? Kannst dir ja mal Nachhilfe von deinem großen Bruder nehmen", Peter grinste seinen Sohn an. "Bruder?", sagten wir aus einem Wort. Die Wut überkam mich. Er würde niemals mein Bruder sein!

Ich stand auf und wollte gerade an ihm vorbei als er mich anrempelte, was dafür sorgte dass ich fast über die Treppe gestolpert wäre. "Dein scheiss ernst?", fragte ich sauer. Ich packte ihn am Kragen und drückte ihn gegen die Wand. "Felix, Sebastian!", meine Mutter und Peter kamen zwischen uns und drückten uns auseinander. "Man, er ist so scheisse", schrie er. "Warum bin ich jetzt der, der scheisse ist?" fragte ich wütend. "Jetzt ist Ruhe!", Peter schlug Felix auf den Hinterkopf. Stille im Raum. Die Mädchen schauten zu uns und schwiegen. "Du hast den verrückten ins Haus geholt man, er ist ein überhebliches und arrogantes Arschloch", Felix er rannte die Treppen hoch in sein Zimmer. "Felix", Peter rief ihm hinter her. "Sebastian, müsstest du ihn provozieren?", fragte meine Mutter enttäuscht. Mit meiner Mutter diskutieren oder mich entschuldigen? "Entschuldigung", seufzte ich und versuchte zu lächeln. Seit meiner Vater weg war, war meine Mutter ständig unglücklich. Jetzt war Peter da, der sie glücklich machte. Ich wollte es ihr nicht kaputt machen, also setzte ich mich in Gang um mich auch bei Felix zu entschuldigen. Aber erst nach dem Essen.
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Ich klopfte an seiner Zimmertür. "Hm?", hörte ich nur von drin. Ich machte auf und schloss die Tür direkt hinter mir. "Hey", sagte ich leise. "Was willst du", er saß am Schreibtisch, mit dem Rücken zu mir. "Mich entschuldigen. Und ich hab was zu essen dabei", ich stellte den Teller neben ihn. Ruckartig drehte er sich noch mehr von mir weg. Vorsichtig schaute ich über seine Schulter. Chemie. "Es tut mir echt leid wegen vorhin", ich schnappte mir ein zweiten Stuhl und setzte mich neben ihn. Leise schluchzte er. Weinte er? Sanft legte ich meinen Arm auf seinen Rücken. Er entspannte sich als er auf meine Berührung reagierte und blickte langsam zu mir. Seine Augen waren rot aufgequollen. Ihn so zu sehen, tat weh. Da ich keine Taschentücher hatte, zog ich den Ärmel meines Pullis bis zu meinen Fingerkuppen hoch und wischte ihm behutsam die Tränen weg. Er schniefte. "Danke", murmelte er. "Willst du über was reden? Ich kann mir nicht vorstellen dass du wegen sowas wie vorhin weinst", ich legte meinen Zeigefinger an sein Kinn, schob es etwas hoch und zwang ihn so mich anzusehen. "Ich vermisse meine Mutter einfach nur", wisperte er. "Sie ist gestorben. Vor einem Jahr. Und es ist einfach scheisse wie schnell mein Vater eine Ersatzfamilie gefunden hat. Und dann sagt er auch noch dass du so toll bist in der Schule. Ich will ihm beweisen dass ich es auch kann. Jetzt sitze ich hier und verstehe nichts", seine Stimme brach zum Schluss ab. "Hey, hey, es ist alles gut", versuchte ich ihn zu beruhigen. "Ich erkläre es dir", ich strich ihm seine Haarsträhnen aus dem Gesicht. "Ich will keine Hilfe." "Aber manchmal sollte man welche annehmen, Felix."

Wieso war ich so nett zu ihm? Basti, du hasst ihn!

Er nickte. Ich wand mich seinem Chemie Ordner zu und las mir alles grob durch. "Ich versteh eigentlich nur die Rechnung nicht", erzählte er mir, nachdem er sich beruhigt hatte.

"Also pass auf. In welcher Hauptgruppe steht denn Magnesium?", fragte ich und zeigte auf das Periodensystem. "Zweite", beantwortete er unsicher. "Genau. Und du brauchst für eine volle Aussenschale wie viele Elektronen?" "Acht?" "Das klang wie eine Frage, Felix. Wie viele Elektronen brauchst du?" ich versuchte ihn zu motivieren, aber irgendwie könnte ich verstehen dass ihn das ausrechnen von Elektronen und Protonen keinen Spaß machte. Er sah mich verzweifelt an. "Acht war richtig", winkte ich ab. "Also schreibst du 6e- hin. Und das wars schon. Ganz einfach, oder?", sagte ich.

Und Felix ist überhaupt nicht so dumm, ein Arschloch oder ein Idiot wie ich dachte. Er ist total verpeilt, niedlich- ich schüttelte den Kopf und schloss die Zimmertür hinter mir.

Wir hatten gerade zwei Stunden lang für seine Chemie Arbeit morgen gelernt. Hoffentlich schreibt er eine gute Note. Ich lehnte mich an der Tür an. Gott, wie seine Haare ihm ins Gesicht flogen und er mich dann mit diesem verwirrten aber dennoch süßen Blick ansah- gut, ich sollte eindeutig schlafen gehen.
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Oho, entwickelt Rewi da erste Gefühle für Lix?

Rewilz || Geschwister sollen sich nicht küssen!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt